Mary Baker Eddy schrieb im Vorwort zu Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, dem Buch, das die göttliche Wissenschaft des Gemüts-Heilens ausführt, die Jesus praktizierte: „Zukünftige Generationen müssen verkünden, was der Pionier vollbracht hat“ (S. vii). Diese unregelmäßig erscheinende Reihe beleuchtet, wie das Leben und die Ideen dieser außergewöhnlichen Frau den Weg aufgezeigt haben und weiterhin aufzeigen, um Christus durch unseren individuellen und kollektiven Fortschritt gen Geist zu folgen.
Ich fühlte mich unter der Last meiner Pflichten als Mutter geradezu begraben.
Es war richtig gewesen, meinen Beruf in der Autoindustrie aufzugeben, damit ich meine beiden nicht einmal zwei Jahre alten Kinder versorgen konnte. Mir war schon länger bewusst gewesen, dass eine Karriere in der Autoindustrie nicht das Richtige für mich war. Aber allein mit den beiden Kleinen zu Hause fehlten mir der Respekt, der geregelte Tagesablauf und die Unabhängigkeit, die ich vorher genossen hatte. Mir dämmerte die unangenehme Erkenntnis von den Opfern und der Geduld auf, die von Eltern gefordert werden, und wie wenig ich dieser Rolle gewachsen zu sein schien.
Aus dem innigen Wunsch heraus, über mehr nachzudenken als nur die letzte Folge der Sesamstraße und meine Entmutigung zu überwinden, fing ich an, eine Biografie über Mary Baker Eddy zu lesen, in der Mrs. Eddys Errungenschaften im 19. und 20. Jahrhundert und ihre Stellung als eine der wenigen Frauen betont wurde, die eine weltweite Religion gegründet hatten.
Ich war in einer Familie großgeworden, die die Christlichen Wissenschaft praktizierte, und in der Sonntagsschule lernte ich von dieser wissenschaftlichen, geistigen Herangehensweise an das Heilen, die Christus Jesus gelehrt und Mrs. Eddy neu entdeckt und festgeschrieben hatte. Doch ich wusste nicht viel über ihren Werdegang und wie es gekommen war, dass sie eine der anerkanntesten und erfolgreichsten Frauen ihrer Zeit geworden war. Beim Lesen fühlte ich mich durch das mutige Beispiel ihres rahmensprengenden Lebens gestärkt, das ganz neu definierte, wozu eine Frau fähig war. Und als ich mehr über Mrs. Eddy erfuhr, fühlte ich mich ihr mehr und mehr verbunden.
Schon bald las ich alle Biografien über ihr Leben, die ich finden konnte, und lernte, wie sie chronische Leiden, Probleme als Mutter und in der Ehe sowie Armut und die beruflichen Grenzen, die ihr damals als Frau auferlegt wurden, überwand. Trotz der vielen Hürden war sie immer sicher, dass Gott eine Lösung bereitstellen würde. Sie beschreibt ihren Weg in ihrem Hauptwerk Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift so: „Nach meiner Entdeckung suchte ich drei Jahre lang nach der Lösung dieses Problems des Heilens durch Gemüt, ich forschte in der Heiligen Schrift und las wenig anderes, hielt mich von der Gesellschaft fern und widmete Zeit und Energie der Entdeckung einer definitiven Regel. Das Forschen war wohltuend, ruhevoll und von Hoffnung getragen, weder selbstsüchtig noch bedrückend“ (S. 109).
Mein eigener Weg fühlte sich durchaus ein wenig selbstsüchtig und bedrückend an. Ich hatte zwar schon immer Kinder haben und aufziehen wollen, sah aber, dass mein Mann und meine Freundinnen und Freunde mehr Freiheit und berufliche Zufriedenheit zu genießen schienen. Andererseits war es tröstlich zu wissen, dass Mrs. Eddy zwar auch gelegentlich mutlos war, aber in ihrem Bestreben, Gesundheit und Sicherheit zu erlangen, nie aufgab. Und sie betrachtete ihre schwierigen Umstände nicht als Hürden, sondern als Gelegenheiten, die sie liebevoll auf ihr Lebenswerk vorbereitet hatten.
Wachstum in der Gnade
Aus dem größeren Blickwinkel ihres Lebens erhielten die Inhalte ihrer veröffentlichten Werke, mit denen ich seit Langem vertraut war, eine ganz neue Bedeutung für mich. Eine Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit wurde mir besonders wichtig: „Was wir am dringendsten brauchen, ist das Gebet innigen Verlangens nach Wachstum in Gnade, das in Geduld, Sanftmut, Liebe und guten Werken zum Ausdruck kommt“ (S. 4). Als ich das las, stellte ich mir vor, wie sie diese Worte aus dem Schatz ihrer eigenen Erfahrung heraus schrieb. Gnade war unerlässlich für sie, da es ihr als kränklicher Frau unmöglich war, ein regelmäßiges Einkommen zu verdienen; außerdem hatte ihr Mann sie verlassen. Während der Jahre ihrer Suche muss sie erkannt haben, dass sie Selbstlosigkeit und Güte brauchte, um alles zu bewerkstelligen, das Gott für sie bestimmt hatte.
Für meine menschlichen Bedürfnisse war gesorgt, doch mehr Geduld, Sanftmut, Liebe und gute Werke waren auch bei mir vonnöten. Diese Stelle über Gnade wurde mir zu einem persönlichen Motto, als ich anfing, mich den Herausforderungen des Alltags zu stellen. Ich muss sicher nicht extra betonen, dass dies meiner lieben und wachsenden Familie ebenfalls sehr zugute kam.
Gott als Mutter
Einer von Mrs. Eddys wichtigsten Beiträgen für die Menschheit war ihre Erkenntnis von Gottes Wesen nicht nur als Vater, sondern auch als Mutter. Sie liebte Gott sehr und hatte in der Kirche ihrer Kindheit gelernt, Gott in erster Linie als allmächtigen Richter zu sehen, doch ihre Mutter erklärte ihr, dass Gott Liebe ist, an die sie sich wenden kann, um Trost und Heilung zu erlangen.
Beim Lesen in der Bibel als Kind ist sie sicher auch auf diese Worte im ersten Johannesbrief gestoßen, die Gott als Liebe beschreiben: „Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm“ (4:16). Sie schrieb später in einem Buch: „Für mich ist Gott Alles. Er wird am besten als das Höchste Wesen verstanden, als unendliches und bewusstes Leben, als der liebende Vater und die liebende Mutter von allem, was Er erschafft ...“ (Die Einheit des Guten, S. 48). Als ich darüber nachdachte, kam mir meine neue Rolle als Mutter natürlicher und stimmiger vor. Die Qualitäten der Mütterlichkeit sind Qualitäten Gottes, und als Gottes geistige Tochter spiegele ich Gnade, Anteilnahme, Geduld und Freundlichkeit von Natur aus wider.
Die Pflichten als Mutter waren nichts Auferlegtes, das mich erdrückte – sie entsprachen dem, was diese wertvolle Familie, die Gott mir geschenkt hatte, benötigte. Als ich weiter von Mrs. Eddys Vorbild lernte, bekamen selbst die einfachsten Aufgaben einen Sinn und vermittelten mir ein Gefühl von Erfüllung, denn jeder Augenblick wurde zu einer Gelegenheit, mein Denken höher zu richten.
Fortschritte sind nicht zeitgebunden
Ich lernte von Mrs. Eddy außerdem, dass es keine zeitliche Begrenzung gibt, um den eigenen Lebenszweck zu erfüllen. Sie hat erst mit Mitte Vierzig überhaupt damit angefangen, das zu tun, wofür sie heute bekannt ist: ihre Arbeit als Entdeckerin, Gründerin und Führerin der Christlichen Wissenschaft. Viele Frauen und Männer lassen auch heute ihre Berufstätigkeit in ihren Sechzigern auslaufen, doch in dem Alter standen Mrs. Eddy ihre arbeitsreichsten Jahre noch bevor, und sie war bis weit in die Achtziger sehr aktiv.
Als ich mein Dasein als Frau klarer und umfangreicher erkannte, wurde ich mir anderer Frauen bewusst, die ein inhaltsvolles Leben als Mütter und unabhängige Denkerinnen und Führerinnen geführt hatten: die amerikanischen Frauenrechtlerinnen und Mary Baker Eddys Zeitgenossinnen Elizabeth Cady Stanton (die sieben Kinder hatte) und Lucretia Mott (einer sechsfachen Mutter) sowie Führungspersonen unserer Zeit, wie die ehemalige US-Außenministerin Madeleine Albright, einer engagierten berufstätigen Mutter, die in jeder Situation die Anrufe ihrer drei Töchtern entgegennahm, und die ehemalige Richterin am Obersten Gerichtshof der USA Ruth Bader Ginsburg, deren Mann zeitweilig größere Pflichten bei der Versorgung der Kinder übernahm, damit sie ihrer bemerkenswerten Karriere nachgehen konnte. Für mich schien es, als ob Mrs. Eddys klare Haltung zugunsten von Gnade und Stärke allen Zeitaltern zugutekam und ein besseres Leben für Frauen ermöglichte.
Durch das klarere geistige Verständnis, das die Christliche Wissenschaft mir ermöglicht hatte, erkenne ich heute, dass diese Zeit des Wachstums mir eine Grundlage – eine Art Praktikum – für meinen späteren Beruf ermöglicht hat; sie hat mich die Geduld und Selbstlosigkeit gelehrt, die einige Jahre später erforderlich waren, um als Praktikerin der Christlichen Wissenschaft tätig zu werden. Mrs. Eddy schrieb einst: „Wenn die Welt mich in meinem wahren Licht und Leben verstünde, würde das mehr für unsere Sache tun als alles andere“ (siehe Yvonne Caché von Fettweis und Robert Townsend Warneck, Mary Baker Eddy: Christliche Heilerin, Erweiterte Ausgabe, S. 174–175). Als ich von ihrem Vorbild als gläubige Frau, Mutter, geistige Heilerin, Autorin und der Führerin der Bewegung der Christlichen Wissenschaft lernte, nahmen Mrs. Eddys veröffentlichte Werke eine neue Bedeutung für mich an, und ich verstehe die Jahre der Erfahrung, die in jeden ihrer Sätze eingeflossen sind, heute besser.
Inzwischen bin ich seit 25 Jahren Mutter (und habe noch ein weiteres Kind), doch ich bin weiter jeden Tag für Mrs. Eddys Führung dankbar, wie wir Jesu Beispiel folgen können, und erkenne, dass niemand auf eine bestimmte Menge an Eigenschaften oder geschlechtsspezifischen Aufgaben beschränkt ist. Wir sind alle von Gott erschaffen, sind bereits vollständig und erfüllen unseren Zweck. Mrs. Eddy glaubte und bewies, dass jeder von uns die Fähigkeit hat, die Vaterschaft und Mutterschaft Gottes zum Ausdruck zu bringen – die Gnade, Kraft, Geduld, Güte und das geistige Verständnis, das zu bewerkstelligen, wozu Gott uns inspiriert, und unser Lebenswerk zu erfüllen.