Alles, was zur Schöpfung gehört, ist individuell, einzigartig und hat eine konkrete Identität und Zweckbestimmung. Das gibt uns viel zum Nachdenken und Demonstrieren. Diese Individualität kommt von dem, was die Christliche Wissenschaft das göttliche Gemüt nennt – die Quelle aller Schöpfung, die aus Gottes geistigen Ideen besteht. Da Gemüt individuell ist – ein Gott –, ist es faszinierend zu erkennen, dass Gemüt und nur Gemüt alles weiß, was es hinsichtlich jeder Individualität zu wissen gibt. Alles Geistige ist individuell, und Individualität ist Gottes Art und Weise, Seine unendliche Einzigartigkeit zum Ausdruck zu bringen. Jede Idee hat einen konkreten, von Gott bestimmten, inspirierten und ermächtigten Zweck und Existenzgrund – ein konkretes Design, eine eigene Form, Gestalt und Farbe. Individualität zu schaffen, aufrechtzuerhalten und zu wahren ist das Vorrecht und der Zuständigkeitsbereich des göttlichen Gemüts. Jeder von uns als Gottes Ebenbild ist vollständig und drückt im besten Sinne des Wortes Individualität aus.
Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, schreibt: „Das eine Ego, das eine Gemüt oder der eine Geist, Gott genannt, ist unendliche Individualität, die alle Form und Anmut verleiht und die die Wirklichkeit und Göttlichkeit im individuellen geistigen Menschen und in individuellen geistigen Dingen widerspiegelt“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 281).
Eine Zeit in meinem Leben veranlasste mich, das Thema Individualität näher zu erforschen. Gegen Ende meines Doktorandenstudiums stand ich auf einmal vor mehreren scheinbar unüberwindlichen Problemen. Es war für mich eine wirklich dunkle Zeit. Ich musste ganz neu verstehen, wer ich war, welchen Lebenszweck ich hatte und wohin ich gehörte. Es war ein Tiefpunkt für mich. Rückblickend sehe ich, dass ich selten lachte, obwohl es mir möglich war, meiner Arbeit nachzugehen, und nur wenige Menschen außerhalb der Familie wussten, womit ich zu kämpfen hatte. Ich weiß noch, dass ich das Gefühl hatte, nicht mich im Spiegel zu sehen. Das bin gar nicht ich, dachte ich. Doch wer bin ich? Es brauchte einige Zeit, bis ich einen Weg heraus fand.
Als ich einmal eine Folge der Serie Raumschiff Enterprise: Das nächste Jahrhundert schaute, erhielt ich unerwartet mehr Klarheit. In der Episode mit dem Titel „Mutterliebe“ – der englische Originaltitel lässt sich mit „die Bindung“ übersetzen – bespricht die Schiffsberaterin Deana Troi mit Kapitän Picard, wie man jemandem, der von Depressionen und Trauer übermannt ist, am besten helfen kann. Während dieser Unterhaltung macht die Beraterin folgende interessante Bemerkung: „[Ich] habe ... im Lauf der Jahre herausgefunden, dass es allein die Freude ist, die die Individualität eines jeden Lebewesens enthüllt.“
Das ist eine bemerkenswerte Beobachtung. Unsere Einzigartigkeit ist eine nicht wiederholte Individualität, für die Gott verantwortlich ist. Und diese Einzigartigkeit zeigt sich in Freude. Als Metaphysikerin erkenne ich Freude als die Substanz des Seins an. Alles im Himmelreich wird mit Freude gemacht und besteht aus Freude. Wir lesen im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft: „Die sündlose Freude – die vollkommene Harmonie und Unsterblichkeit des Lebens, das unbegrenzte göttliche Schönheit und Güte besitzt, ohne eine einzige körperliche Freude oder einen einzigen körperlichen Schmerz – bildet den einzig wahren, unzerstörbaren Menschen, dessen Sein geistig ist“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 76).
Was für ein revolutionärer Gedanke: Das Sein ist rein geistig – und von Freude erfüllt! Als ich diesen Satz las, erkannte ich, dass Freude ein geistiges Geschenk ist, ein unverzichtbarer Baustein des Lebens, das Zeichen, dass Gott und Mensch zusammen und gegenwärtig sind. Freude drückt sich auf unendliche Weise aus – auf unendlich individuelle Weise.
Nach und nach verstand ich immer tiefer, dass jeder einzelne Mensch einen Existenzgrund hat – einen ganz bestimmten Daseinszweck. Wir entdecken ihn, wenn wir die begrenzten materiellen Konzepte über uns selbst loslassen und uns Selbstlosigkeit zu eigen machen. Unserer Individualität – und jeglicher Selbstlosigkeit – liegt das ewige, geistige, absolute Prinzip zugrunde, das die Bibel Liebe nennt. Der Mensch ist auf ewig mit dieser Liebe verbunden.
Diese Verbindung muss nicht erst hergestellt werden; die Bindung zwischen Gott und dem Menschen existiert bereits und wird bis in alle Ewigkeit existieren. Der Psalmist schreibt: „Du tust mir den Weg zum Leben kund; vor dir ist Freude in Fülle, Wonne zu deiner Rechten ewiglich“ (Psalm 16:11). Dieses „Du“ ist Gott, Liebe. Da wir über eine unzerreißbare Verbindung mit Liebe verknüpft und wahrhaftig der Ausdruck der Liebe sind, befinden wir uns da, wo Liebe ist – in der Gegenwart der Liebe. Somit wird die Individualität des Menschen dort am besten ausgedrückt, wo Freude ist.
Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Die geistige Individualität des Menschen ist niemals unrecht. Sie ist das Gleichnis des Schöpfers des Menschen“ (S. 491). Und die Randüberschrift an dem Absatz, in dem dieses Zitat enthalten ist, lautet: „Der Mensch mit Geist verbunden.“ Ich kann nicht beschreiben, wie erleichtert ich war zu verstehen, dass meine „geistige Individualität ... niemals unrecht“ ist. Es half mir zu erkennen, dass ich ein Existenzrecht habe und nicht erst warten muss, um jemand zu werden – ich bin wie alle anderen Menschen das Ebenbild Gottes: ein geistiges Bild und Gleichnis.
Das war der Anfang meines Abenteuers: Ich lernte mich nach und nach aus der Sicht geistiger Güte kennen und fühlte ein neues (besser gesagt, ein altes bzw. ewiges) Ich. Es hing (und hängt weiterhin) nur von Gott ab. Individualität beruhte damals und auch heute nicht auf Bildung oder Prozessen, wobei der Weg zu diesem Verständnis diese natürlich miteinschließen kann. Individualität hat nichts mit materieller Persönlichkeit zu tun. Sie ist ein Ausdruck Gottes, und das verstehen wir nur, wenn wir auf Gott lauschen. Ich erkannte, dass wahres Lauschen bedeutet, sich reinen Ideen zu fügen, die aus Güte bestehen; diese Ideen offenbarten meine wahre, freudige Individualität.
Mein Leben wurde fröhlicher, und ich fühlte mich von einer Zufriedenheit getragen, die ich vor dieser Zeit in meinem Leben hin und wieder gefühlt hatte – und seitdem immer. Die Probleme, die zu der Depression geführt hatten, wurden eines nach dem anderen gelöst, fast mühelos, und ich wusste, welchen Weg ich gehen musste.
Eines Tages merkte ich, wie ich vor mich hin summte, als ich etwas im Haus tat. Die Dunkelheit war vergangen und ist nie wiedergekommen. Ich konnte endlich diese Tatsache in Die Einheit des Guten von Mary Baker Eddy unvoreingenommen akzeptieren: „Alles, was schön und gut ist in deinem individuellen Bewusstsein, ist von Dauer“ (S. 8). Jetzt konnte ich sehen, wie ich mit allem Guten erfüllt wurde, indem ich Gott in den Mittelpunkt meines Denkens und Fühlens stellte. Meine Liebe zu Gott hat sich vertieft und wird in meiner Liebe zu dem ausgedrückt, was wirklich alles und jeder in Gottes Welt wahrlich ist. Ich habe die ehrliche Bereitschaft, der Führung des göttlichen Gemüts zu folgen und das anzuerkennen, was ich bin.
Vor dieser Einsicht hatte ich nicht verstanden, was Individualität ist. Ich betrachtete sie mehr als Ergebnis des Werdegangs, der Entwicklung, Bildung und Entscheidungen eines Menschen. Doch als ich die ewigen, unumstrittenen Fakten unseres freudigen, heiligen Seins in Gott akzeptiert hatte, identifizierte ich mich bewusst als Ausdruck von Gemüt.
Das ging nicht, ohne dass ich eine ernste Verpflichtung einging. Der Sieg über eine begrenzte Sichtweise materieller Persönlichkeit ist ein Schrittstein dahin, die geistige Wirklichkeit des Lebens zu erkennen, und er muss jeden Tag errungen werden. Ich entdeckte Tag für Tag, dass diese Wahrheit über das Sein gelebt werden muss.
Wir alle haben einen ganz eigenen Weg, auf dem wir unser geistiges Potenzial optimal erfüllen, indem wir materielle Charaktereigenschaften, die wir als zu unserer Persönlichkeit zugehörig betrachten, ablehnen und ablegen. Jeder von uns hat ein eigenes Abenteuer, bei dem wir entdecken, wer wir sind, und es gibt keine größere Freude und keinen anderen Zweck im Leben, als Gott – und Gottes Ausdruck, den Menschen – kennenzulernen. Auf dieser Entdeckungsreise werden wir feststellen, dass unsere Individualität und die von jedem Menschen die reine Freude ist. Wenn unsere Denkweise über uns selbst uns nicht Freude macht, dann denken wir nicht unserem wirklichen Naturell gemäß. Ist das nicht eine gute Messlatte für unser Denken?
Wenn Sie auf der Suche nach Ihrem wahren Ich sind, folgen Sie dem Pfad geistiger Freude und machen sich die ewige Tatsache zu eigen, dass Gemüt Sie spezifisch und direkt kennt und liebt – Sie, die freudige Person, die einzigartig ist und keinem anderen Menschen in Gottes großem Universum unbeschreiblicher Wunder gleicht.