Seit Jesu Zeiten ist der Ausdruck „das Salz der Erde“ (Matth. 5:13) gebraucht worden, um die „kleine verstreute Gruppe von Menschen“ zu bezeichnen, „die die übrigen erhält und ihnen Farbe verleiht“, wie ein Wörterbuch es ausdrückt.
Mrs. Eddy schreibt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“: „Ein Christlicher Wissenschafter nimmt in der heutigen Zeit die Stelle ein, über die Jesus mit folgenden Worten zu seinen Jüngern sprach: ‚Ihr seid das Salz der Erde.‘ ‚Ihr seid das Licht der Welt.‘ “ (S. 367.)
Eine der Funktionen des Salzes ist, der Nahrung Würze zu geben, mit anderen Worten, die Eigenschaften herauszubringen, die bereits vorhanden sind, jedoch nicht wahrgenommen werden, bis das Salz sie hervorhebt. Haben wir als Christliche Wissenschafter solch eine Wirkung auf die Menschen, denen wir begegnen? Können Freunde und Bekannte von uns sagen: „Er bringt in mir das Beste heraus; ich bin in meiner besten Verfassung, wenn ich mit ihm zusammen bin“?
In Übereinstimmung mit dem Gesetz der unendlichen, immergegenwärtigen Liebe ist es unser Vorrecht, andere vorteilhaft zu beeinflussen, wo immer wir sein, was immer wir tun mögen. Ja, es ist sogar unsere Pflicht, nicht nur täglich zu demonstrieren, daß der Mensch Gottes vollkommener, individueller Ausdruck ist, sondern auch seine liebevolle, harmonische Beziehung zu jedem anderen Ausdruck Gottes zu beweisen.
Das wird nicht durch die Ausübung des Willens erreicht noch durch den Versuch, allein kraft der Persönlichkeit zu dominieren oder zu beeinflussen. Der Sonnenstrahl wirkt auf die Erde ein, indem er das Licht und die Wärme der Sonne verkörpert, nicht, indem er eine ihm eigene Kraft ausübt. Nichts könnte dem Göttlichen unähnlicher sein als ein Sterblicher, der glaubt, er wäre besser als sein Mitmensch, und versucht, ihn menschlich zu beeinflussen.
Einen anderen Menschen in dieser Weise zu beeinflussen, bedeutet zu versuchen, die Art und Weise zu ändern, in der dieser Mensch handeln würde, und sein Verhalten in Übereinstimmung mit einer Auffassung zu bringen, die man selbst hegt. Jeder einzelne hat seine eigene Art und Weise, die Eigenschaften Gottes zum Ausdruck zu bringen, und niemand hat das Recht, sich dreinzumischen.
Der Christliche Wissenschafter würde jedoch irren, wenn er die Probleme des Lebens in weltabgeschlossener Einsamkeit auszuarbeiten suchte, während er die Welt um sich her unbeachtet ließe. Jesus sagte einst: „Und ich, wenn ich erhöht werde von der Erde, so will ich sie alle zu mir ziehen“ (Joh. 12:32). Die Menschen werden unsere Gesellschaft wegen der christusgemäßen Eigenschaften suchen, die wir ausdrücken: das Erbarmen, wenn die Sünde bereut ist, die augenblickliche Abweisung und Zerstörung von Krankheit, die von dem vergeistigten Denken herbeigeführt wird, die überfließende Liebe, die den Menschen als das Gleichnis seines himmlischen Vaters kennt und ihn auch so vorfindet.
Niemand kann ein Christ oder ein Christlicher Wissenschafter nur für sich selbst oder allein für seine eigene Erlösung sein. Neben der Funktion, individuell zu sein, hat der einzelne Mensch noch eine andere Funktion, nämlich die, mit Gott selbst harmonisch eins zu sein, eins mit allem Guten, eins mit anderen Ideen Gottes. Er ist eine vollkommene, individuelle Idee Gottes, und darüber hinaus drückt er auch allumfassende Harmonie aus, die vollkommene Beziehung von Idee zu Idee und von einer jeden Idee zu ihrer Quelle, dem göttlichen Gemüt. In den menschlichen Angelegenheiten findet diese göttliche Beziehung, diese unwandelbare Harmonie, ihren Ausdruck in der Kirche Christi, Wissenschafter.
Wir gehen nicht in die Kirche, um allein zu sein, um uns an den Gottesdiensten in gedanklicher Abgeschlossenheit zu erfreuen, sondern um uns mit anderen in der Anbetung Gottes zu vereinen, um uns der harmonischen Beziehungen zu unseren Mitmenschen zu erfreuen und sie zu betätigen. Wenn wir daher feststellen, daß wir eine kritische Einstellung zu den Gottesdiensten oder den anderen Kirchenbesuchern haben, erfüllen wir nicht unsere Pflicht als Kirchenmitglied.
Doch mag jemand fragen: „Wie ist es aber, wenn wir wissen, daß einige Leute in der Kirche falsch handeln, daß sie unsere hohe Auffassung von Ethik und Moral verletzen? Sollen wir versuchen, uns mit ihnen eins zu fühlen? Sollen wir diese Menschen in unser liebevolles Bewußtsein vom Sein aufnehmen?“
Die Antwort ist in „Wissenschaft und Gesundheit“ zu finden, wo unsere Führerin uns auf Seite 259 sagt: „Die göttliche Natur fand ihren höchsten Ausdruck in Christus Jesus, der den Sterblichen die wahrere Widerspiegelung Gottes leuchten ließ und ihr Leben höher hob, als ihre armseligen Gedanken-Vorbilder es gestatteten — Gedanken, die den Menschen als gefallen, krank, sündig und sterbend darstellten.“ Wir müssen es dem Meister unter den Christen gleichtun. Ja, das ist einer der Hauptgründe, warum wir in der Kirche sind: denen, die mit uns dort versammelt sind, „die wahrere Widerspiegelung Gottes leuchten“ zu lassen.
Jeder einzelne, der den Gottesdienst besucht oder an seiner Durchführung beteiligt ist, ist in Wirklichkeit Gottes vollkommener Mensch, obwohl wir es nur unvollkommen erkennen. Die Unvollkommenheit liegt in der Betrachtungsweise, nicht in dem Menschen. Das Licht, in dem wir uns selbst und andere sehen, ist oft fehlerhaft. Der wirkliche, von Gott erschaffene Mensch ist niemals fehlerhaft.
Wie unklug ist es, Zeit und Gedanken damit zu verschwenden, die Unvollkommenheit dessen, was wir sehen, zu kritisieren, wo wir doch liebevoll sein und die Vollkommenheit verherrlichen könnten, die die ganze Zeit über da ist! Indem wir das tun, werden wir unsere Aufgabe als das „Salz der Erde“ erfüllen. In der Kirche reichen wir einander in Gedanken die Hände, um jeweils des anderen Begriff von Seele aufrechtzuerhalten, um dem Denken des anderen erhöhte Klarheit und Würze zu geben. Auf diese Weise segnet jeder alle übrigen; und so kann die ganze Gemeinde, die zur Kirche gekommen ist, um Gott in der göttlichen Wissenschaft gemeinsam anzubeten, von dem Gottesdienst gestärkt, gestützt und in einem gewissen Grade vergeistigt nach Hause gehen.
Wir dürfen uns nicht von unserer Erde isolieren, wenn wir wahrlich „das Salz der Erde“ sein wollen. Wir müssen ihre Irrtümer genügend beachten, um deren Nichtsheit zu erkennen. Wenn wir Gott widerspiegeln, wird das helfen, das Leben anderer höher zu heben, als es das sterbliche Denken bisher zuließ.
Selbst außerhalb der Gottesdienste können wir im täglichen Ablauf der Dinge durch christusgleiche Sanftmut, durch Gleichmut und Geduld in anderen Menschen inneren Gehalt und Charakter herausbringen. Wenn diese Eigenschaften echt sind und auf der inneren Überzeugung beruhen, daß wir und alle Menschen als Sein Ausdruck wirklich mit dem Vater eins sind, werden sie wahrlich das Beste in anderen hervorrufen. Denn dies sind Eigenschaften, die den Menschen ihre Befangenheit nehmen, die den Schüchternen von seiner Schüchternheit befreien und der ungeübten Zunge Mut geben, die Wahrheit zu äußern. Mit sanfter Überzeugung bringen sie den, der unter einem Mangel an rechtem Selbstvertrauen leidet, zu einem anmutigen Verhalten, das von Natur aus sein eigen ist.
Statt kritischer Ungeduld und Geringschätzung sollte die strahlende Wertschätzung des ewigen Gemüts und seiner göttlichen, immerwirkenden Eigenschaften unser Denken den ganzen Tag, jeden Tag, bis zur äußersten Beanspruchung unserer Fähigkeit ausfüllen. Dann werden wir diese Eigenschaften in uns selbst und in anderen ausgedrückt sehen. Unsere Führerin ermahnt uns eindringlich (ebd., S. 367): „Laßt uns wachen, arbeiten und beten, daß dieses Salz seine Würze nicht verliere und daß dieses Licht nicht verborgen bleibe, sondern in mittäglicher Herrlichkeit erstrahle und erglänze.“
Richtet nicht vor der Zeit, bis der Herr komme, welcher auch wird ans Licht bringen, was im Finstern verborgen ist, und den Rat der Herzen offenbaren; alsdann wird einem jeglichen von Gott Lob widerfahren. — 1. Korinther 4:5.
