„Das Sonnenlicht schimmert von der Kuppel des Domes, scheint in die Gefängniszelle, gleitet in das Krankenzimmer, lässt die Blume erstrahlen, verschönt die Landschaft, segnet die Erde“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 516). Als ich diesen Satz vor nicht langer Zeit las, fiel mir auf, dass das Sonnenlicht als Erstes von der Kuppel des Domes schimmert, dann in die Gefängniszelle und ins Krankenzimmer scheint, bevor es die Umgebung erhellt, verschönt und segnet. Für mich repräsentiert das den Fortschritt und das Gute, das Kirche der Welt beschert. Was genau lässt Kirche so wirkungsvoll sein?
Wir lesen im Handbuch der Mutterkirche von Mary Baker Eddy (S. 74): „In der Christlichen Wissenschaft muss jede Zweigkirche eindeutig demokratisch in ihrer Regierung sein, und keine Person und keine andere Kirche darf sich in ihre Angelegenheiten einmischen.“ Auf den ersten Blick sieht es so aus, als ob sich diese Satzungsbestimmung nur auf Dinge bezieht, die im alltäglichen Geschäft der Zweigkirchen Christi, Wissenschaftler, auftreten können. Aber ich habe entdeckt, dass sie viel tiefer geht.
Die Vereinigung der Christlichen Wissenschaft, deren Mitglied ich bin, war nicht immer ein Ort der Freude. Doch meine Erfahrungen in der Kirche wurden viel freudiger, als ich in meinem Umgang mit anderen Mitgliedern mein höchstes Verständnis dieser Satzungsbestimmung angewandt habe. Wir hatten alle um Harmonie in der Kirche gebetet und können heute bestätigen, dass die Ergebnisse dieser Gebete seit einigen Jahren zu spüren sind.
Für mich bezieht sich diese Satzungsbestimmung auf die Notwendigkeit, dass sich die Mitglieder zu Kooperation verpflichten. Und wie genau macht man als Kirche Fortschritt zusammen? Wir haben unseren Pastor – die Bibel gemeinsam mit Wissenschaft und Gesundheit. Demütig und in dem Wissen, dass Gott das einzige Gemüt ist, wenden wir uns individuell um Inspiration an diesen Pastor. Dieses Studium befähigt uns zu erkennen, dass das göttliche Gemüt alle seine Ideen – seine Kinder – in freudiger Einheit vereint.
Das Glossar von Wissenschaft und Gesundheit definiert Kirche auf S. 583 unter anderem als „diejenige Institution, die den Beweis ihrer Nützlichkeit erbringt und die die Menschheit erhebt, das schlafende Verständnis aus materiellen Annahmen zum Erfassen geistiger Ideen und zur Demonstration der göttlichen Wissenschaft erweckt und dadurch Teufel oder Irrtum austreibt und die Kranken heilt“. Dadurch wird klar, dass Kirche die Aktivität des göttlichen Gemüts ist. Unsere Gebete in der Kirche füreinander und für unsere Kirchenaktivitäten erheben die Menschheit und nicht nur die Kirchenmitglieder. Sie bewegen das Denken der Welt als solche.
Die Geschichte von Mose, der die Israeliten aus Ägypten geführt hat, verdeutlicht einige der Segnungen dieser gegenseitigen Unterstützung. Nachdem sie der ägyptischen Sklaverei entkommen waren, erreichten sie innerhalb von ungefähr eineinhalb Jahren das Gelobte Land. Mose sandte Kaleb, Josua und je einen Vertreter der anderen zehn Stämme aus, um das Land zu erkunden. Als sie zurückkamen, berichteten Kaleb und Josua, das Land sei schön und es sei möglich, sich darin niederzulassen, solange sie Gott gehorchten (siehe 4. Mose 13 und 14). Aber die anderen Späher brachten vor, dass die Bewohnerinnen und Bewohner des Landes sehr groß waren und dass die Israeliten nicht fähig sein würden, sie zu besiegen. Es scheint, dass die Einschätzung der zehn anderen Späher sich auf rein körperliche Merkmale stützte. Das machte den Israeliten Angst, und sie weigerten sich, ins Gelobte Land einzuziehen. Als Folge davon irrten sie vierzig Jahre lang in der Wüste umher.
Was mich daran so fasziniert, ist, dass Mose, Aaron, Josua und Kaleb die ganze Zeit bei dem Volk blieben. Sie haben nicht gesagt: „Uns reicht es jetzt mit euch, wir gehen!“ Und Gott hat alle weiter behütet und mit Nahrungsmitteln und Wasser versorgt. Auch ihre Kleider verschlissen in der ganzen Zeit nicht.
Irgendwann erkannte das Volk, dass die ängstlichen Argumente der zehn Späher nicht der liebvollen Fürsorge standhalten konnte, die Gott ihnen hatte zukommen lassen. Als sie diese Liebe erkannten, waren die inzwischen erwachsenen Kinder derer, die sich geweigert hatten, ins Gelobte Land einzuziehen, bereit, Gottes Schutz und Versorgung zu vertrauen und voranzugehen – gemeinsam.
Es lagen weitere Herausforderungen vor ihnen, die Einsatz und Mut erforderten. Um ins Gelobte Land einziehen zu können, mussten sie beispielsweise Jericho besiegen, eine Stadt, die die Herrschaft über die Migrationsrouten in die Region hatte und strategisch neben einer fruchtbaren Oase lag. Dazu mussten sie die Stadtmauer zum Einstürzen bringen. Mrs. Eddy schreibt darüber in Vermischte Schriften 1883–1896 (S. 279), „dass im Falle Josuas und seiner Kriegsleute alle zusammen ein großes Feldgeschrei erheben mussten, damit die Mauern fallen konnten ...“
Die Geduld, die Mose, Aaron, Josua und Kaleb den anderen Israeliten in diesen vierzig Jahren in der Wüste entgegenbrachten, hatte geholfen, das Vertrauen dieser Menschen auf Gottes liebevolle Fürsorge für sie und ihren Respekt für Seine Gesetze aufzubauen. Und das schuf vermutlich die Grundlage für die Entschlossenheit des Volkes, voranzugehen.
Ich dachte auch darüber nach, dass Demokratie die Verpflichtung unserer Vereinigung der Christlichen Wissenschaft ausmacht, zusammenzuarbeiten – unsere Verpflichtung als Kirche, Gerechtigkeit, Gleichberechtigung, Respekt, Vertrauen und Mitgefühl zu praktizieren. Mir half dabei, dass unser von Freude erfülltes Umsetzen dieser Eigenschaften Gottes das Sonnenlicht von Liebe und Wahrheit – von Gott – zu unserem Umfeld und der Welt weitersendet und uns befähigt, „das Verbrechen im Zaum [zu] halten“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 96–97), Krankheiten zu heilen und unsere Umwelt zu segnen.
Unsere Vereinigung der Christlichen Wissenschaft hat dies unlängst demonstriert. Unser Gebäude wurde jahrelang immer wieder mutwillig beschädigt. Wir hatten gebetet, um alle Menschen in unserer Umgebung als Ausdruck Gottes zu erkennen, doch irgendwann wurde uns bewusst, dass unsere Kirche als wertlos behandelt wurde. Das Kirchengelände wurde als Ort betrachtet, wo man Drogen nehmen, sich vor der Polizei verstecken oder Schule schwänzen konnte. Ein junger Mann, der hinsichtlich der Beschädigungen befragt wurde, sagte, dass er dachte, das Gebäude sei unbenutzt.
Und dann wurden eines Samstagnachts im hinteren Teil der Kirche die Scheiben eingeschlagen. Als wir Sonntagmorgen ankamen, waren die Stühle, die Leserpulte und alle Gänge voll Scherben. Wir fegten sie zusammen und hielten unseren Gottesdienst, und an jenem Morgen waren die Gebete der Gemeinde in der Kirche deutlich fühlbar. Am Ende des Gottesdienstes waren wir uns alle einig, dass wir einen Zaun aufstellen mussten.
Nachdem das geschehen war, hörte der Vandalismus auf, und unsere Nachbarn, einschließlich einer Schule in der Nähe, bedankten sich. Ich konnte erkennen, dass wir bei unserer Zusammenarbeit alle dem einem Gemüt folgten, und als wir zeigten, dass wir unsere Kirche und ihre Tätigkeiten wertschätzten, erkannten alle in unserem Umfeld, dass auch ihre Bedürfnisse gestillt wurden. Wir gingen nun gemeinsam mit unserem Umfeld voran.
Auf dieser Basis der Einheit entfalteten sich weitere Fortschritte. Der Sonntagsschulraum und unsere Eingangshalle waren dringend renovierungsbedürftig, allerdings schienen die Kosten unsere Mittel zu übersteigen. Doch unmittelbar nachdem der Zaun aufgestellt war, ergaben sich die erforderlichen Möglichkeiten. Das Geld erreichte uns auf äußerst unerwartete Weise. Rückblickend zeigt sich, dass wir erst erkennen mussten, dass Gott für uns sorgte und alle unsere Bedürfnisse stillte. Wenn wir nun unseren schönen Sonntagsschulraum und die Eingangshalle sehen, fragen wir uns ehrlichen Herzens: „Was kann Gott denn nicht tun?“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 135).
Diese Renovierung war schön, doch die echte Errungenschaft war unsere Demonstration wahrer Demokratie. Mrs. Eddy drückte es in ihrem Buch Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes (S. 246) so aus: „Die Magna Charta der Christlichen Wissenschaft bedeutet viel, multum in parvo – alles-in-einem und eines-in-allem. Sie tritt für die unveräußerlichen, universalen Menschenrechte ein. Durchaus demokratisch, wird ihre Regierung mit allgemeiner Zustimmung der Regierten ausgeübt, wobei und wodurch der von seinem Schöpfer regierte Mensch sich selbst regiert.“
Das ist das Sonnenlicht, das von der Kuppel des Domes schimmert und die Erde segnet.
