Als Teenagerin war ich mir da nicht so sicher. Doch ich forschte damals in der Bibel nach und fand einige überzeugende Stellen. Mose erklärte der Gemeinde Israel über Gott und Seine Schöpfung: „Er ist ein Fels. Seine Werke sind vollkommen“ (5. Mose 32:4). Wenn Gott mich gemacht hat und Sein Werk vollkommen ist, dann muss ich es auch sein! Gott, die allgegenwärtige göttliche Liebe, hat alles in und aus sich selbst erschaffen. Da Gott das unendliche Gute ist, muss Seine Schöpfung so sein wie Er – geistig und gut –, voller Schönheit und Vollkommenheit.
Gott ist überall und erhält Seine Schöpfung auf immer aufrecht, also muss Vollkommenheit im wahrsten Sinne hier und jetzt wirklich sein. Christus Jesus lehrte: „Darum sollt ihr vollkommen sein, so wie euer Vater im Himmel vollkommen ist“ (Matthäus 5:48). Ist das etwas, was über unsere Kräfte geht? Nein! Man kann diese Lehre Jesu auch folgendermaßen ausdrücken: „Darum seid ihr vollkommen, da euer Vater im Himmel vollkommen ist.“
Diese Ideen gefielen mir sehr, doch manchmal fragte ich mich, wie Vollkommenheit angesichts so vieler Beweise des Gegenteils eigentlich existieren kann. An einem wolkenlosen Abend schaute ich beim Nachdenken aus dem Fenster und sah die Mondsichel. Obwohl kein Vollmond herrschte, kam ich nicht auf die Idee, dass der Mond unvollkommen oder deformiert war. Ich wusste, dass er rund und schön war. Und wenn er an den folgenden Nächten runder aussah, war ich deshalb nicht der Meinung, dass er größer und besser wurde. Je mehr ich das Sonnenlicht auf der Oberfläche widergespiegelt sah, desto klarer zeigte sich seine Vollständigkeit.
Manchmal fragte ich mich, wie Vollkommenheit angesichts so vieler Beweise des Gegenteils existieren kann.
Auf einmal wusste ich, wie sich das auf meine Frage bezog. Wir lesen in der Bibel: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig“ (1. Petrus 1:16). Die meisten Wörterbücher assoziieren heilig mit Vollständigkeit und Vollkommenheit. Dieses Verständnis half mir einige Jahre später, als auf einem Fingerknöchel ein kleines Gewächs entstand. Zuerst versuchte ich, es wegzumachen, doch dadurch wurde es nur noch schlimmer. Dann fiel mir ein, dass es noch eine andere Sichtweise gab, nämlich als das Ebenbild, die Widerspiegelung, Gottes. Statt das zu akzeptieren, was sich meinen Augen präsentierte, konnte ich auf Gottes perfekte Güte und meine Vollkommenheit als Sein Ebenbild bestehen.
Erst war es schwierig, nicht mehr ständig auf meine Hand zu schauen, sondern mein Denken ganz auf die Wahrheit zu richten. Doch in den folgenden Wochen wurde es einfacher. Als ich nicht aufgab, wurde die Wahrheit wirklicher als das Problem. Ich hatte keine Angst mehr, sondern war ganz gelassen. Eines Tages sah ich, dass das Gewächs kleiner war. Bald war es völlig verschwunden.
Wir können auch auf die Wahrheit der Vollkommenheit des Menschen bestehen, wenn wir mit Hass oder Abneigung konfrontiert sind. Wenn wir unsere natürliche geistige Vollkommenheit verstehen, verhalten wir uns als Widerspiegelung des Lichts der Wahrheit, das auf andere scheint. Wir helfen dabei, mehr von unserer wahren Güte als Gotteskind zu offenbaren, und wenden uns immer mehr vom Bösen ab.
Hier ist ein kleines Beispiel dafür. Ich bat einen Verkäufer um Hilfe, doch er war ungeduldig und unfreundlich. Statt darauf einzugehen, redete ich weiter – und sprach das Kind Gottes direkt an, das er ja war. Während ich mit ihm sprach, schätzte ich seine Intelligenz und Freundlichkeit. Daraufhin änderte sich sein Verhalten völlig. Er war hilfsbereit und wir gingen freundlich auseinander.
Die Welt – und unser eigenes Leben – kann uns weit von Vollkommenheit entfernt erscheinen, doch die Heiligkeit des Menschen ist bereits etabliert und wir können uns dieser Tatsache erfreuen. Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Die von den physischen Sinnen erkannten Dinge haben nicht die Wirklichkeit der Substanz. Sie sind nur das, was der sterbliche Glaube sie nennt. Materie, Sünde und Sterblichkeit verlieren jedes vermeintliche Bewusstsein oder jeden Anspruch auf Leben oder Existenz, wenn die Sterblichen die falsche Auffassung von Leben, Substanz und Intelligenz ablegen. Aber der geistige, ewige Mensch wird von diesen Phasen der Sterblichkeit nicht berührt“ (S. 311).
Wir können die Wirklichkeit der vollkommenen, geistigen Natur des Menschen als die Widerspiegelung Gottes beständig vor Augen haben. Dann wird uns die Vollkommenheit immer deutlicher erscheinen.
