Es hatte nichts mit meiner Körperwahrnehmung zu tun, sondern ging um Kontrolle – ich wollte die eine Sache in meinem Leben kontrollieren, die ich meiner Meinung nach im Griff hatte. Und das betraf, wie viel ich aß.
Es fing damit an, dass mir alles aus der Hand zu gleiten schien. Gegen Ende der neunten Klasse fiel mein vorher so enger Freundeskreis auseinander. Obwohl ich rein theoretisch wusste, dass Änderungen in Freundschaften ganz natürlich sind, wurde ich damit nicht fertig. Ich fühlte mich gewissermaßen sogar dafür verantwortlich. Und da es schien, als könnte ich nichts tun, um meine Freunde zusammenzuhalten, fühlte ich mich völlig hilflos.
Es ging mir besser, wenn ich bestimmte, was ich aß, und schließlich hörte ich ganz auf zu essen. Das gab mir ein falsches Gefühl von Ordnung und Kontrolle im Leben. Wenn ich eine Mahlzeit ausließ, fühlte ich mich machtvoll. Es war fast, als ob ich mir durchs Fasten einreden konnte, dass mein Leben nicht auseinanderbrach und dass ich alles im Griff hatte.
Bitte anmelden, um diese Seite anzuzeigen
Sie erlangen vollständigen Zugriff auf alle Herolde, wenn Sie mithilfe Ihres Abonnements auf die Druckausgabe des Herold ein Konto aktivieren oder wenn Sie ein Abonnement auf JSH-Online abschließen.