Sie hieß Lily. Wir arbeiteten bei meinem ersten Job jedes Wochenende zusammen. Lily war immer so hilfsbereit und gab sich große Mühe sicherzustellen, dass unsere Kundschaft gut versorgt war. Es war wundervoll, mit ihr zu reden, und sie war mir eine gute Freundin.
Im Sommer meines vorletzten Schuljahres erhielt ich die einmalige Gelegenheit, eine Schule für Christliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in Colorado zu besuchen. Das war eine Chance, die ich nicht verpassen wollte, und ich beschloss, sie zu nutzen. Doch als ich dort war, erfuhr ich, dass Lily plötzlich gestorben war. Ich war lange nicht mehr zu Hause gewesen und hatte Lily noch länger nicht gesehen, deshalb traf mich diese Nachricht sehr.
Ich fühlte mich verloren und wusste nicht, wie ich damit fertigwerden sollte, dass sie nicht mehr da war. Nicht nur ihr Leben schien zu Ende zu sein, sondern auch ein Kapitel in meinem Leben. Ich musste mich mit der Tatsache abfinden, dass Lily nicht da sein würde, um mich zu begrüßen, falls ich jemals beschließen sollte, zu meinem alten Leben in meiner Stadt zurückzukehren. Die Tatsache, dass ich nicht zur Trauerfeier gehen konnte, machte alles noch schlimmer.
Ich war in einem Sturm aus Trauer und Schmerzen gefangen – und das ist nicht übertrieben. Ich meinte, Lily im Stich gelassen zu haben – dass ich die falsche Wahl getroffen hatte, als ich nach Colorado gezogen war. Jetzt musste ich mich am Computer aus fast 2000 km Entfernung von ihr verabschieden.
Als ich immer wieder Wellen aus Wut und Trauer erlebte, wandte ich mich an eine Person, die immer die richtigen Worte für mich findet, und durch unsere Unterhaltung wurde ich dazu inspiriert, einen Artikel mit dem Titel „Als die Möwe davonflog“ zu lesen, der ursprünglich im Christian Science Monitor veröffentlicht wurde und 2014 auf Herold-Online auf Deutsch erschienen ist. Der Artikel weist auf verschiedene Ideen aus der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy hin, die mir einen Frieden schenkten, den ich sonst nirgendwo gefunden hatte.
Die erste Idee bezog sich auf eine Bibelgeschichte von einer Frau, deren Sohn gestorben war. Als sie mit dem Diener des Propheten Elisa sprach, wurde sie aufgrund ihres Glaubens und Gottvertrauens dazu geführt zu sagen, dass alles in Ordnung war. Sie beantwortete die Frage, „ob es ... ihrem Sohn gut geht“, mit: „Gut“ (2. Könige 4:26). Und ihr Glaube und ihr Durchhaltevermögen führten dazu, dass der Prophet zu ihr nach Hause ging und das Kind wiederbelebte. Die Situation mit meiner Freundin war zwar ganz anders, aber diese Geschichte half mir zu verstehen, dass es Lily gut geht, ob ich sie sehen und mit ihr sprechen kann, oder nicht.
Der zweite hilfreiche Gedanke gründete sich auf eine Idee aus Wissenschaft und Gesundheit, wo Mrs. Eddy schreibt: „Wenn das Sein verstanden ist, wird man erkennen, dass Leben weder materiell noch endlich ist, sondern unendlich – wie Gott, das universale Gute ...“ (S. 76). Wir neigen zu der Ansicht, dass die Menschen ein eigenes Leben haben, das zu Ende gehen kann. Doch aus geistiger Perspektive ist Gott göttliches Leben und die Quelle alles Lebens, also muss Leben wahrhaft geistig und ewig sein, ohne Anfang und ohne Ende. Ich verstand, dass Lily als Ausdruck von Leben keinen Anfang und kein Ende hat.
Nachdem ich diesen Artikel gelesen hatte, erkannte ich, dass die Existenz meiner Freundin fortdauert, selbst wenn sie für mich nicht mehr erreichbar ist. Das Gefühl der Trauer in meinem Herzen war nicht mehr so stark, wie das Gefühl, in Gottes vollkommenem Frieden geborgen zu sein. Ich fing an zu erkennen, dass mir meine ewige Zuneigung zu Lily niemals genommen werden kann. Sie fehlt mir zwar immer noch, doch ich werde ihre Freundschaft immer im Herzen tragen. Ich bin froh, sagen zu können, dass ich heute voller Dankbarkeit an Lily denke, und nicht voll Schmerz.
Sie hat mir viel beigebracht. Vielleicht mehr sogar noch ihr Tod und meine Gebete diesbezüglich. Aber allermeisten habe ich gelernt: Selbst, wenn Menschen für uns nicht mehr sichtbar sind, bleiben ihre Schönheit und Liebe bei uns und erinnern uns daran, dass Gott, Liebe, und Sein Ausdruck unendlich schön und ewig sind.