Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer
Original im Internet

FÜR JUNGE LEUTE

Ich möchte lieber vergeben

Aus dem Herold der Christlichen Wissenschaft. Online veröffentlicht am 4. November 2024


Lange Zeit hielt ich nichts von Vergebung. Ja, wenn mir ein Mensch Unrecht getan hatte, fand ich es gerechtfertigt, ihm das übel zu nehmen, bis ich genug davon hatte. Das hatte nichts mit Vergebung zu tun, sondern bedeutete, dass ich so lange wütend war, bis ich keine Lust mehr dazu hatte. Vor ungefähr zwei Jahren änderte sich das.

Ich freute mich mein gesamtes letztes Schuljahr auf den Abschlussball. Eine Freundin fragte mich, ob wir zusammen zum Ball gehen könnten, da wir beide keine Begleitung hatten, und ich war einverstanden.

Doch als der Tag des Balls näherkam, schien sich meine Freundin weniger zu freuen. Als wir darüber sprachen, sagte sie, dass sie nicht mehr auf den Ball gehen wollte, da es andere Dinge gab, auf die sie sich konzentrieren musste. Ich war enttäuscht, aber ich konnte das verstehen.

Ich beschloss, mit anderen aus meinem Freundeskreis zum Ball zu gehen, und freute mich darauf. Aber als ich meine Eintrittskarte kaufte, erwähnte die Frau, die den Verkauf organisierte, dass meine Freundin mit einer anderen Person zum Ball ging. Ich war am Boden zerstört, aber vor allem konnte ich nicht glauben, dass meine Freundin mich angelogen hatte. Ich war stinksauer.

Auf dem Ball hatte ich viel Spaß, doch in den darauffolgenden Monaten wurde ich immer wieder von Empörung über meine Freundin überrollt. Ich redete mit ihr darüber und sie entschuldigte sich dafür, gab aber nicht zu, dass sie mich angelogen hatte. Und ich konnte nicht über all die Details hinwegsehen, die mir zeigten, dass sie mich doch angelogen hatte. Immer wenn ich dachte, dass ich darüber hinweg wäre, brodelte die Wut wieder auf. Das, was mir wie ein Verrat vorkam, belastete mich sehr.

Eines Abends brach ich in Tränen aus. Ich begriff, dass meine Wut sich nicht einfach auflösen würde, sondern dass ich sie handhaben musste. Ich war mit der Christlichen Wissenschaft aufgewachsen und wusste daher, dass ich mich zumindest besser fühlen würde, wenn ich mich Gott zuwandte. Doch ich hatte lange gedacht, dass man sich nur wegen ganz bestimmter Probleme an Gott wendet – dass es sich bei manchen Dingen nicht lohnt zu beten, weil Gott wichtigere Dinge zu tun hat.

An dem Abend las ich in einigen Schriften von Mary Baker Eddy, der Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft, und fand tröstliche Stellen. Diese beiden einfachen, aber starken Aussagen halfen mir besonders: „Wahrheit ist Gottes Heilmittel gegen Irrtum jeder Art, und Wahrheit zerstört nur das, was unwahr ist“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 142–143) und „In der göttlichen Wissenschaft wird Gott als die einzige Macht, Gegenwart und Herrlichkeit erkannt“ (Nein und Ja, S. 20).

Das half mir zu verstehen, dass Wahrheit, Gott, die Lösung für jedes Problem ist, nicht nur große Probleme oder Krankheit. Ich dachte viel über diese Aussagen nach und bemühte mich, die Sache zu verzeihen.

Als ich darum rang, meiner Freundin zu vergeben, fiel mir ein, dass wir als Schöpfung Gottes alle vom Status der Vollkommenheit ausgehen. Die Bibel sagt im ersten Buch Mose, dass wir vollkommen – als Gottes Bild und Gleichnis – erschaffen sind. Wir sind unendlich liebevoll und rein, genau wie Gott uns gemacht hat. Diese Eigenschaften sind unzerstörbar. Ich wusste, dass das auf meine Freundin und mich gleichermaßen zutraf, und als ich akzeptierte, dass meine Freundin wirklich so war, empfand ich mehr Frieden hinsichtlich der Situation.

Heute sehe ich Vergebung mit anderen Augen. Ich betrachte sie als das Verständnis, dass falsches Verhalten kein Bestandteil von Gott und Seiner Schöpfung ist, also sagt es nicht die Wahrheit über einen Menschen aus. Das entschuldigt das Verhalten von Menschen nicht, kann uns aber erkennen helfen, andere so zu sehen, wie sie geistig sind, und frei von Ärger oder Enttäuschungen zu sein.

Völlig befreit vom Ärger über meine Freundin wurde ich, als wir an einem Abend in der Kirche das Lied mit dem Titel „Der Mutter Abendgebet“ sangen. Ich hatte das Lied aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft mein Leben lang gehört, aber in diesem Augenblick fielen mir diese Zeilen besonders auf: 

O mach mich froh, ob herb die Träne floss,
  die um Enttäuschung, Undank ich vergoss!
Herz, harre aus: für Hass lieb umso mehr!
   Gott ist ja gut, Verlust ist segenschwer.
(Mary Baker Eddy, Vermischte Schriften 1883–1896, S. 389)

Das Konzept, für Hass umso mehr zu lieben, leuchtete mir völlig ein. Manchmal ist es so einfach, sich von Gefühlen wie Wut und Enttäuschung vereinnahmen zu lassen. Es kann sich gut anfühlen, sauer auf jemanden zu sein, der einem Unrecht getan hat. In dem Fall mit meiner Freundin schleppte ich mich mit dem Ärger ab, und obwohl mir das zuerst einfacher erschien, war es schrecklich, die ganze Zeit sauer zu sein. Dass ich nicht vergeben konnte, belastete mich.

Doch zu wissen, dass Gott in Wirklichkeit alle Seine Kinder dazu erschaffen hat zu lieben – und das bedeutet, dass sie unfähig sind, einander Schaden oder Verletzungen zuzufügen –, ist eine Befreiung. Als ich schließlich verstand, dass diese Person ein vollkommenes Kind Gottes ist und mir daher keinen Schaden zufügen kann, konnte ich ihr vergeben, und damit erlangte ich meine Freiheit. Mir wurde klar, dass ich auf diese Weise vorangehen wollte: ausharren und umso mehr lieben.

Ich bin Gott so dankbar für dieses neue Verständnis von Vergebung.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Weitere Artikel im Web

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.