Die Szene war idyllisch. Eine kühle Brise, eine majestätische Aussicht – der einzige Störfaktor war das unaufhörliche Geklingel im Hintergrund, das lauter und lauter wurde, je mehr ich es ausblenden wollte ... bis ich es nicht mehr ausblenden konnte und aufwachte. Diesen Wecker mochte ich nie!
Die Christliche Wissenschaft zu erforschen kann sich wie ein Aufwachen anfühlen. Aber obwohl das Erwachen aus einem Schlaftraum eine willkommene oder auch unwillkommene Erfahrung sein kann, so fühlt sich das Erwachen zu der Gegenwart Gottes, der Liebe, die für uns sorgt und uns mit allem versorgt, was wir benötigen, immer erfreulich an.
Allerdings ist das Erwachen selbst nicht immer angenehm. Ein Freund bemerkte hierzu einmal, er fühle sich manchmal gescholten, wenn er die Bibel und das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, lese.
Wenn wir es so empfinden, als ob die Bibel oder die Schriften von Mary Baker Eddy mit scharfen Worten zu uns sprechen, ist es hilfreich sich daran zu erinnern, dass sie in Wirklichkeit nicht uns verurteilen. Stattdessen können wir sie als Wecker betrachten, die uns zu unserer reinen und guten Individualität erwecken und die alles an uns zerstören, was nicht gottähnlich und gut ist. Die Bibel sagt: „Der Geist selbst gibt unserem Geist das Zeugnis, dass wir Kinder Gottes sind“ (Römer 8:16). Und Mrs. Eddy sagt es mit diesen Worten: „Der wirkliche Mensch kann von der Heiligkeit nicht abweichen noch kann Gott, der den Menschen hervorgebracht hat, die Fähigkeit oder Freiheit zu sündigen erzeugen“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 475).
Aber was machen wir mit den Stellen, die uns auf notwendige Korrekturen aufmerksam machen – zum Beispiel auf Sünden, die wir überwinden müssen? Die beiden Sätze, die direkt an das Obengenannte anschließen, lauten: „Ein sterblicher Sünder ist nicht der Mensch Gottes. Die Sterblichen sind Fälschungen der Unsterblichen.“ Wodurch wissen wir, welche Beschreibung wirklich auf uns zutrifft: Gottes Schöpfung oder ein sterblicher Sünder?
Die gute Nachricht ist, dass wir nicht gebeten werden auszuwählen, was wir sind. Es gibt in Wirklichkeit gar keine Wahl. Wir können nur das sein, was wir tatsächlich sind: Gottes geliebtes Kind, sündlos und vollkommen. Die erste obengenannte Beschreibung, Gottes Kind, sagt uns, was wahr ist. Warum also nicht hier enden? Weil wenige wirklich glauben, dass wir geistig und vollkommen sind oder immer Gottes liebende Gegenwart spüren. Aber Mrs. Eddys Absicht bei der Beschreibung eines Sterblichen, der der Sünde und Krankheit unterworfen ist, ist nicht, uns dieses Bild anzuhängen und uns dann dafür zu verurteilen. Es gibt nur einen Grund dafür, auf eine Lüge hinzuweisen: damit sie als Lüge erkannt und ihr nicht geglaubt wird und sie im Licht dessen, was wahr ist, zerstört wird.
Robert Peel, ein Biograph Mrs. Eddys, hielt fest, dass sie manchmal in aller Deutlichkeit sprach, um einen Irrtum im Denken oder Handeln ihrer Schüler zu korrigieren. Er schrieb: „... sie erwartete, dass sie verstünden, es ging nicht darum, ihnen einen Fehler anzulasten, sondern ihn als etwas zu entlarven, was ihrem wahren Wesen fremd ist“ (Mary Baker Eddy: The Years of Authority [Die Jahre der Autorität], S. 319).
Statt uns über die Verurteilung eines Fehlers in unserem Denken oder Handeln zu ärgern, können wir sie begrüßen. Tatsächlich befreit sie uns! Wenn uns eine Freundin oder ein Freund aus einem schlechten Traum aufweckt, wären wir dann nicht dankbar?!
Vielleicht ist das Problem, dass es sich zu häufig nicht wie ein Traum anfühlt. Vielleicht fühlen sich Sünde und Krankheit so an, als wären sie ein Teil von uns – fühlen sich wirklicher an als die Wahrheit dessen, was wir sind. Das ist der Zeitpunkt, an dem wir uns erinnern müssen, dass Christus, die göttliche Idee Gottes, die gekommen ist, um den Irrtum zu zerstören, immer in der Art und Weise zu uns spricht, die wir vernehmen können. Christus erinnert uns daran, dass wir, wenn wir zu fallen scheinen, nicht auf dem Boden liegen bleiben müssen. Wir können das, was uns ins Stolpern gebracht hat, aufdecken, es als fremd gegenüber unserem wahren Wesen als Gottes Nachkommen erkennen und hinter uns lassen, während wir uns frei vorwärtsbewegen.
Natürlich gibt uns das Identifizieren einer Lüge als Lüge nicht das Recht, ihr auf der Grundlage zu frönen, dass die Sünde, die wir begehen, nicht wirklich ist und es deshalb egal ist. Das hieße, den Irrtum und die damit verbundenen Strafen freiwillig anzunehmen und sowohl die Sünde als auch ihre Folgen in Kauf zu nehmen. Vielmehr befreit uns das Aufdecken der Lüge, uns so zu sehen, wie wir sind, nämlich für immer getrennt von ihr, weil wir ewig eins mit Gott sind, der Leben und Geist ist.
Einmal habe ich eine Freundin sehr im Stich gelassen. Sie hat mir schnell verziehen, aber mir fiel es schwer, mir zu vergeben. Als starke Grippesymptome auftraten, betete ich darum, meine wahre Freiheit zu erkennen, aber ich wurde anscheinend immer kränker. Plötzlich bemerkte ich, dass ich, obwohl ich um Heilung betete, mich selbst nicht als einer Heilung wert erachtete. Ich verurteilte mich dafür, eine gleichgültige, vergessliche Sterbliche zu sein. Aber diese Auffassung von mir war gerade so falsch, wie es die Grippe war. Ich musste erkennen, dass beides Lügen und deshalb nicht mit mir verbunden waren. Anstatt krank und sündig zu sein, hatte ich die Herrschaft, beides, Gesundheit und richtiges Handeln, auszudrücken. Als ich am nächsten Morgen aufwachte, war ich völlig frei von den Grippesymptomen und auch von den Schuldgefühlen und der Angst, dass ich wieder auf diese Weise versagen könnte.
Die Wahrheit ist, dass wir für immer die geliebten Kinder der Liebe sind. Das versichern uns die Bibel und Wissenschaft und Gesundheit. Sie machen uns auch auf die Lügen, dass wir krank und sündig seien, aufmerksam. Diese Bücher sprechen deutlich gegen diese Lügen, um uns wachzurütteln. Früher oder später wird es ihnen gelingen. Letztlich haben wir keine Wahl, als zu unserem wahren, gottähnlichen Selbst zu erwachen. Warum machen wir uns nicht jetzt diese Wahrheit zu eigen?
Lisa Rennie Sytsma
Stellvertretende Chefredakteurin