Als wir vor Jahrzehnten noch ganz neu in der Wissenschaft waren, machten wir mit unseren kleinen Kindern Urlaub auf dem Bauernhof. Ich hatte in diesem frommen Hause unseren Glauben angedeutet und in dieser arbeitsreichen Erntezeit Hilfe angeboten. „Können Sie Traktor fahren?“ Das konnte und wagte ich nicht. Aber eines Tages wurde ich gebeten, „im Namen christlicher Nächstenliebe“ den großen Misthaufen mit auf den Miststreuer hinüberzugabeln. Da stand ich nun in riesigen Gummistiefeln neben dem bärenstarken Bauern und mühte mich aus „Nächstenliebe“ und Ehrgeiz, möglichst genauso viel auf diesen mächtigen Wagen hinüberzuwuchten wie dieser Hüne.
Als der Wagen endlich voll war, fuhr er auf das nahe Feld abstreuen und ich hatte nur wenig Verschnaufzeit. Da kam auch schon der Nachbar vorbei: „Na, wie ist es denn so mit den Händen?“ Diese Frage traf ins Schwarze: Heute habe ich Garten und Hornhaut, damals beides nicht! Die Linke, die das Gabelstielende festgehalten hatte, war gesund, aber die Rechte, die an dem rauen Gabelstiel ständig auf- und abgerutscht war, zeigte an den Handinnenflächen vier voll ausgebildete schmerzende Wasserblasen. Die Meisten hätten es vermutlich für vernünftig gehalten, der Hand mehrere Tage Ruhe zu gönnen. Aber was wäre dann gewesen mit meiner „christlichen Nächstenliebe“? Der Misthaufen hatte noch kaum abgenommen. Ein Gedanke an Aufgeben kam überhaupt nicht auf. Das gesamte Neue Testament wirbt für „Nächstenliebe“. Dann darf diese Liebe keinen Schaden verursachen!
Das gesamte Neue Testament wirbt für „Nächstenliebe“. Dann darf diese Liebe keinen Schaden verursachen!
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