Als ich aus dem Küchenfenster in den Garten blickte, sah ich meinen knapp zweijährigen Sohn unter einem blühenden Baum sitzen, den Schoß voll niedlicher Welpen und dazu zwei große rote Heliumballons, die über seinem Kopf schwebten. Er sah sehr zufrieden und glücklich aus. Mir kam es vor wie ein Bild vollkommener Freude.
Doch als ich das nächste Mal aus dem Fenster sah, war einer der Ballons geplatzt und die ganze Szene ergab ein völlig anderes Bild. Nun sah ich einen traurigen kleinen Jungen da sitzen, über dessen aufgewühltes Gesicht dicke Tränen kullerten. Er starrte fassungslos auf den roten Ballon vor sich und versuchte, die Stücke wieder zusammenzusetzen. Die beiden süßen Hündchen neben ihm, die sich um das grüne Band rangelten, das am Ballon befestigt gewesen war, bemerkte er gar nicht.
Mein Herz war voller Mitgefühl. Uns waren schon öfter Ballons weggeflogen und wir hatten ihnen hinterhergewinkt, aber dies war eine neue Erfahrung für ihn. Er saß da in dem Wissen, dass seinem Ballon nicht mehr zu helfen war. Als ich die Szene betrachtete, betete ich mit der Gewissheit, dass Glück und Gottes Liebe zu uns nicht verfliegen können, denn sie sind geistige Eigenschaften, die Gott uns dauerhaft verleiht – sie sind nicht davon abhängig, ob ein Ballon heil bliebt oder platzt! Ich wusste von ganzem Herzen, dass Gottes Liebe zart, gütig, großmütig und voller Verheißung ist.
Ich klopfte leise ans Fenster, um die Aufmerksamkeit meines Sohnes zu erregen. Als er zu mir hochsah, zeigte ich auf den anderen Ballon, der unverändert über seinem Kopf schwebte. Er schaute das grüne Band entlang nach oben, und als er den Ballon dort entdeckte, lächelte er und vergaß den kaputten Ballon auf dem Boden völlig. Seine Kleine-Jungen-Welt war wieder heil und im Garten machte sich erneut ein Gefühl der Zufriedenheit breit. Und dann kam mir ein schöner Gedanke: „Er hat das Gute gewählt!“
Die göttliche Liebe kommuniziert jetzt und immerdar klar mit jedem von uns und lenkt uns in die richtige Richtung.
„Stimmt, er hat das Gute gewählt“, dachte ich. „Und völlig ohne zu zögern.“ Mir wurde bewusst, dass die göttliche Liebe jetzt und immerdar klar mit jedem von uns kommuniziert und uns in die richtige Richtung lenkt. Sie erhebt unser Denken von Trauer und Krankheit zu Gesundheit, Glück und Frieden. Die Liebe offenbart, dass Gottes geistige Eigenschaften der Freude und des Entzückens dauerhaft in uns zum Ausdruck gebracht werden und dass wir Gottes Widerspiegelung sind, außerhalb der Reichweite jeder Enttäuschung und immer in der Güte Gottes geborgen.
Als ich weiter darüber nachdachte, was sich gerade zugetragen hatte und was für ein wunderbares Vorbild mir mein süßer Sohn gerade war für die Liebe und die Freude, die in unserem Garten zum Ausdruck gebracht wurden, begriff ich, dass ich in meinem eigenen Leben das Gute bewusster wählen musste. Es war Zeit, mich von Gedanken abzuwenden, die sich mir in jüngster Vergangenheit aufgedrängt hatten und behaupteten, dass mein Leben luftleer, freudlos, kaputt und ohne Hoffnung war – dass es Dinge im Leben gibt, die einfach nicht mehr zu retten sind.
Ein paar Tage davor hatte ich mich mit meinem Mann gestritten. Wir stritten selten, aber diesmal war es ein übler Streit gewesen und wir hatten so sehr die Kontrolle über die Sache verloren, dass es den Anschein hatte, als ließen sich Teile unserer Beziehung nicht mehr wieder zusammensetzen. Gleichzeitig hatte ich starke Bauchschmerzen, die schon seit Wochen anhielten. Und doch wusste ich, dass sich die Heilung durch die Christliche Wissenschaft einstellen würde, selbst wenn ich mich aufgewühlt und abgrundtief traurig fühlte und Schmerzen hatte.
Es war mir möglich, meinen alltäglichen Pflichten nachzukommen, doch ich musste mich zwischendurch immer wieder hinlegen. Zwar hatte ich hier und da über die Sache gebetet, aber nicht so beharrlich wie ich es hätte tun sollen. Ich glaube, mein Selbstmitleid hatte mich vom Beten abgehalten. Ich kämpfte mit dem Gedanken, dass Beten sich nicht lohnte, weil alles hoffnungslos erschien. Als ich daher zuschaute, wie mein Sohn im Garten das Gute wählte, erkannte ich dankbar, dass die deprimierte und bittere Denkweise, mit der ich zu kämpfen hatte, nichts als das sterbliche Gemüt war – es war keinesfalls die Wahrheit, die das göttliche Gemüt, Gott, mir mitteilte.
In dem Augenblick kam es mir vor, als würde die Mutterliebe Gottes, die ich meinem Sohn gegenüber zum Ausdruck gebracht hatte, als ich ans Fenster geklopft und ihn dazu ermuntert hatte, doch nach oben zu schauen, sich nun mir zuwenden und an das Fenster meines Denkens klopfen, um liebevoll meine Aufmerksamkeit zu erregen und mich auf das hinzuweisen, was echt und gut war. Mir kam der ganz einfache Gedanke, dass ich mich von all dem abwenden musste, was in meinem Leben traurig und hoffnungslos erschien, und hochschauen sollte zur Wahrheit, zu Gott und zur göttlichen Wirklichkeit. Mein kleiner Sohn hatte sich von dem geplatzten Luftballon abgewendet, und jetzt war ich dran, mich mental von meinem Körper und dem falschen Augenschein eines freudlosen Lebens abzuwenden, dem die Luft ausgegangen war.
Ich musste an eine Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy denken: „Schau vom Körper weg in Wahrheit und Liebe hinein, in das Prinzip aller Glückseligkeit, Harmonie und Unsterblichkeit. Halte das Denken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, und du wirst diese in dem Verhältnis erleben, wie sie dein Denken beschäftigen“ (S. 261).
Ich sagte laut: „Gott ist mein Leben!“ Ich wusste, dass Gott, Liebe, keine Hilfe von mir brauchte, um etwas in Ordnung zu bringen, was kaputt war. Vielmehr forderte Er mich auf, meinen Blick nach oben zu wenden. Die göttliche Liebe offenbart jedem von uns auf ewig die vollkommene, wundervolle Idee Gottes, die wir wahrhaft sind – immer vollständig und ohne Fehl. In Wirklichkeit war ich in meiner Eigenschaft als Gottes eigenes Kind bereits aufrecht und frei, und mein Gebet machte mir diese Wahrheit völlig bewusst. Ich wählte das Gute!
Ich musste mich von all dem abwenden, was traurig und hoffnungslos in meinem Leben erschien, und hochschauen zur Wahrheit, zu Gott, der göttlichen Wirklichkeit.
In Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Wahrheit ist ein veränderndes Mittel für den ganzen Organismus und kann ‚den ganzen Menschen ... gesund‘ machen“ (S. 371). In diesem Augenblick verschwanden die Schmerzen und ich spürte, wie sich in meiner Bauchgegend und, was wichtiger war, in meinem Denken eine Veränderung vollzog, die mich völlig befreite. Ich musste noch einige Tage lang weiterbeten, bis die Heilung vollständig war, aber zu dem besonderen Zeitpunkt fühlte ich mich völlig frei von allen belastenden Gedanken. Sie verflogen einfach. Ich wusste, dass ich geheilt war, obwohl ich noch einen kleinen Rest an Schmerzen hatte. Am Ende des dritten Tages bemerkte ich, dass ich mich den ganzen Tag über weder hatte ausruhen noch hinlegen müssen. Damit lag das körperliche Problem hinter mir.
In den darauffolgenden Wochen gelang es meinem Mann und mir, unsere Zwistigkeiten beizulegen. Das bewies mir, dass keine Situation außerhalb der Reichweite der göttlichen Liebe ist und dass Gott in jeder Lage die Fähigkeit hat, uns aus Schmerzen und Verzweiflung herauszuheben, wenn wir unser Augenmerk hoch zu Ihm richten. Was für wunderbare Auswirkungen die Wahl des Guten doch für mich hatte!
Diese Erfahrung liegt jetzt etwa zehn Jahre zurück, doch ich denke häufig daran, denn sie war ein so einfaches und überzeugendes Beispiel dafür, was passieren kann, wenn wir aktiv das Gute wählen – wenn wir bewusst darauf vertrauen, dass Gesundheit und Glück göttliche Eigenschaften sind, die wir in jedem Augenblick besitzen, denn Gott bringt sie ständig in uns zum Ausdruck. Wenn mein Sohn und ich bemerken, dass wir uns vom Zeugnis der materiellen Sinne ab- und Geist zuwenden müssen, reden wir heute immer noch gelegentlich über den Moment mit den Luftballons. Wissenschaft und Gesundheit erklärt: „Wie Dunst sich in der Sonne auflöst, so würde das Böse vor der Wirklichkeit des Guten verschwinden. Das eine muss das andere verbergen. Wie wichtig ist es also, das Gute als die Wirklichkeit zu wählen!“ (S. 480–481).
Das Gute als die Wirklichkeit zu wählen bedeutet, dass wir das falsche Bild der Materie mit ihren Schwierigkeiten und Schmerzen zurückweisen und stattdessen die geistige Wirklichkeit als allgegenwärtig anerkennen. Wenn wir unser Denken zum Guten, zu Gott, erheben, finden wir Antworten und Heilung. Im selben Moment, wo das sterbliche Gemüt uns etwas einreden will, was dem Guten absolut entgegengesetzt ist, müssen wir diese Suggestion als irrig verneinen und uns völlig auf Gott verlassen, indem wir die Wirklichkeit Seiner Güte und Liebe bekräftigen. Wenn wir alles aus unserem Denken verbannen, was inkorrekt ist und nicht von Gott kommt, und die Gegenwart und Macht des göttlichen Lebens, der göttlichen Wahrheit und der göttlichen Liebe anerkennen, werden wir Heilung finden.
Ich bin so dankbar besser zu verstehen, wie wichtig es ist, das Gute nicht nur zu wählen, sondern als die gegenwärtige Wirklichkeit für einen jeden von uns anzuerkennen.
Übersetzt aus dem Christian Science Journal, Ausgabe November 2015
