Vor einiger Zeit hatte ich die Gelegenheit, einen Monat lang mehrere lateinamerikanische Länder zu besuchen. Ich fing an, mich voller Vorfreude und Erwartungen auf diese herrliche Gelegenheit vorzubereiten, etwas mit anderen zu teilen, was mir persönlich viel bedeutet. Doch es waren so viele verschiedene Einzelheiten zu bedenken, dass ich nervös wurde. Ich betete, um Gottes Fürsorge und Führung zu spüren.
An einem Sonntag bekam ich im Gottesdienst meiner Zweigkirche Christi, Wissenschaftler, die Antwort, die ich brauchte, als ich das folgende Zitat vom Pult hörte: „Pilger auf Erden, deine Heimat ist der Himmel; Fremder, du bist der Gast Gottes“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 254). Die Worte „du bist der Gast Gottes“ brachten mich zu der Erkenntnis, dass Gott der beste Gastgeber war, den ich mir je wünschen konnte! Gott, mein Vater-Mutter, die göttliche Liebe, schickte mich auf diese Reise und würde mich in den jeweiligen Ländern und Städten in Empfang nehmen. Die göttliche Liebe würde mich überall dort geborgen halten, wo ich hinkam. Und genau das geschah auch. Wo immer ich war, fühlte ich mich von brüderlicher Liebe umfangen. Es war eine wirklich schöne Erfahrung.
Ich habe daraus gelernt, wie wichtig es ist zu beten, um menschliche Grenzen einzureißen, die uns von unseren Verwandten, den Mitbürgern, Menschen anderer Rassen, Religionen oder Ideologien oder auch von weit entfernten Menschen zu trennen scheinen.
Gott, der einzige Schöpfer des Menschen und des Universums, hat weder mentale noch physische Grenzen geschaffen. Wir haben alle denselben Ursprung, denselben Vater-Mutter Gott, dasselbe eine Gemüt. Wir sind Brüder und Schwestern in der göttlichen Liebe, auf Ewig in Harmonie und Einheit verbunden.
Jesus – der Meister der Christentums – lehrte dies in der Bergpredigt, wo er sagte, dass wir unseren Brüdern nicht zürnen sollen, und die Notwendigkeit von Versöhnung und Nächstenliebe betonte (siehe Matthäus 5:21–24).
Was scheint uns denn dann zu entzweien? Mrs. Eddy erklärt es folgendermaßen: „Der irrige Glaube, dass Leben, Substanz und Intelligenz materiell sein können, zerreißt das Leben und die Bruderschaft der Menschen gleich von Anfang an“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 541). Daher ist das, was uns zu entzweien scheint, ein irriger Glaube, ein fälschliches Konzept über die Existenz, unsere Beziehung zu Gott, unsere Identität und die Identität unserer Mitmenschen.
Der göttliche Einfluss des Christus, der Botschaft Gottes an den Menschen, erweckt uns von diesem „irrige[n] Glaube[n], dass Leben, Substanz und Intelligenz materiell sein können“. Er führt uns zu einer Erkenntnis von Gott, Geist, Liebe, als unserem Lebensmittelpunkt, als Leben selbst, die unbegrenzte Substanz und göttliche Intelligenz, die wir ohne Einschränkung widerspiegeln. In dieser geistigen Dimension sehen wir, was in Gottes Universum wahr ist: Gott ist der einzige Vater-Mutter, das einzige Gemüt, die unendliche Quelle des Guten. Der Mensch und das Universum sind Seine vollständige geistige Idee, die sich harmonisch und frei im Gemüt selbst bewegt. Unter der Regierung dieses einen Gemüts gibt es keine Konflikte. In dem vollständigen Ausdruck der göttlichen Liebe gibt es keinen Hass, keine Rivalität; vielmehr leben die Menschen in harmonischer Brüderlichkeit zusammen. In der unendlichen, reichhaltigen Substanz des Geistes ist weder Mangel noch Habgier enthalten. Jede Idee schließt unbegrenztes Gutes in sich, denn Gott bringt das Gute im Menschen zum Ausdruck. In diesem göttlichen Bewusstsein gibt es keine Spaltungen. Einheit und Ordnung herrschen überall. In diesem göttlichen Bewusstsein sind wir alle zu Hause, denn wir leben sicher in der göttlichen Liebe. Das Bewusstsein, dass diese geistige Herrschaft des Guten in diesem Moment die Wirklichkeit ist, bringt den Menschen Harmonie und Versöhnung.
Die Geschichte von Abram (der später zu Abraham wurde) und seinem Neffen Lot ist ein gutes Beispiel dafür (siehe 1. Mose 13.). Wie wir im Alten Testament nachlesen können, waren sie gemeinsam auf dem Weg von Ägypten nach Kanaan. Beide waren begütert: Die Bibel sagt, Abram war „sehr reich an Vieh, Silber und Gold“, und Lot hatte „Schafe und Rinder und Zelte“. Abram bat Gott um Führung und folgte treu Seinen Anweisungen.
Sie kamen an einen Punkt, wo das Land nicht genug für beide hergab, und es war Zank zwischen Abrams und Lots Hirten. Daher schlug Abram Lot eine Lösung vor; schließlich waren sie miteinander verwandt. Damals stand viel Land zur Verfügung, wo sie sich niederlassen konnten. Er schlug Lot deshalb vor, er solle sich aussuchen, wo er leben wolle. Lot folgte der menschlichen Logik und wählte die ganze Gegend am Jordan, denn sie war wasserreich und sehr fruchtbar. Und Abram ließ sich im Land Kanaan nieder.
In dem vollständigen Ausdruck der göttlichen Liebe gibt es keinen Hass, keine Rivalität; vielmehr leben die Menschen in harmonischer Brüderlichkeit zusammen.
Lot könnte einen mentalen Gedankenzustand darstellen, der in der Materie verfangen war – in diesem „irrige[n] Glaube[n], dass Leben, Substanz und Intelligenz materiell sein können“. Die Denkweise, dass der Mensch hinsichtlich seines Überlebens von der Materie abhängig ist und dass Materie Substanz hat, führt zu Beschränkungen, zu dem Glauben, dass es nicht genug für alle gibt. Daraus folgt ein Konkurrenzkampf um magere Ressourcen, Rivalität und Konflikt. Lot wohnte in Sodom, dessen Bevölkerung wie die Gomorras sich der Sinnlichkeit ergab. Als diese Städte in einen Krieg verwickelt wurden, geriet Lot in Gefangenschaft und verlor all sein Hab und Gut. Abram erfuhr, was geschehen war, und befreite Lot und brachte auch alle seine Habe wieder mit zurück (siehe 1. Mose 14:8–16). Doch später konnte Lot gerade noch rechtzeitig fliehen, bevor die Städte zerstört wurden, und musste in einer Höhle wohnen (siehe 1. Mose 19).
Abram stellt einen geistigeren mentalen Zustand dar, der seinen Nächsten liebt und sich an Gott als sein Leben wendet – diese Quelle des unendlichen Guten, das jede menschliche Not stillt. Nachdem Abram Lot die Wahl des Landes überlässt, fordert Gott, das göttliche Gemüt und die Quelle aller Intelligenz, ihn auf, seinen Blick auf eine geistige Sichtweise von Leben und Substanz zu richten. Er sagt: „Hebe deine Augen auf und sieh von dem Ort, wo du wohnst, nach Norden, nach Süden, nach Osten und nach Westen. Denn alles Land, das du siehst, will ich auf ewig dir und deinen Nachkommen geben; und ich will deine Nachkommen wie den Staub auf Erden machen“ (1. Mose 13:14–16).
Das Land, das Gott Abram versprach, war viel mehr als eine physische Region, die fruchtbar, produktiv und vielversprechend war. Abram erwachte zu der geistigen Realität von Leben. Er erkannte, dass er bereits unendliches Gutes von Gott, dem einzigen Schöpfer des Menschen, erhalten hatte. Man könnte sagen, dass er wahre Substanz in der göttlichen Liebe, Wahrheit und Seele fand; eine Substanz, die nicht zerteilt wird, sondern sich unendlich vermehrt.
Der Prophet Jesaja sagte die Notwendigkeit voraus, das irrige Konzept einer Existenz in der Materie abzulegen, um zu dieser göttlichen Herrschaft der Harmonie zu erwachen, als er folgendermaßen über die universelle Regierung Gottes sprach: „In der letzten Zeit wird der Berg des Hauses des Herrn fest stehen, höher als alle Berge, und über alle Hügel erhaben sein, und alle Nationen werden herbeiströmen. ... Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Speere zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk gegen das andere das Schwert aufheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen“ (Jesaja 2:2, 4).
Wir können heute und für immer in dieser Herrschaft der Harmonie leben, in der Atmosphäre der göttlichen Liebe, in der keine falschen Grenzen uns entzweien. Was können wir dazu beitragen, die scheinbaren mentalen und physischen weltlichen Teilungen auszulöschen? Wir können sie in unserem Denken und unserem Alltag niederreißen. Wir können darum beten, die Regierung von Gottes Liebe in allen Teilen der Welt zu erkennen und zu dem Christus, der Wahrheit, zu erwachen, der unser Leben in Geist, in Liebe, offenbart. Wir können an diesem geistigen Bewusstsein der universellen Harmonie und Liebe festhalten. Wir können unermüdlich und ohne Vorbehalt lieben.
Original in Spanisch
