Mit Furcht, Traurigkeit oder Reue bombardiert zu werden, dann endlos darüber zu grübeln und nicht damit aufhören zu können, lässt sich mit Autofahren bei Starkregen vergleichen, wenn die Scheibenwischer auf der höchsten Stufe laufen. Man fühlt sich überwältigt und ein bisschen ängstlich, und die Scheibenwischer können den Regen kaum bewältigen. Wenn Sie sich so fühlen, sind Sie nicht allein. Viele Menschen kennen diese Situation, ich ebenfalls.
Vielleicht fragen Sie sich, warum Sie solche Gedanken haben. Möglicherweise machen sich Schuldgefühle breit. Dann kommt zusätzlich noch die Versuchung auf zu glauben, dass diese Gedanken irgendwie eine Strafe nach sich ziehen. Doch Gott ist nicht der Urheber einer solchen Denkweise. Das menschliche Gemüt redet uns ein, wir seien empfänglich für herunterziehende Gedanken; es verurteilt uns dafür und macht uns weis, dass unsere Gedanken das Leid hervorgerufen haben, das wir fühlen. Wir verwenden eine Menge Energie darauf zu versuchen, nur richtige Gedanken zu denken, besorgt, dass sich alles noch schlimmer anfühlen wird, wenn uns das nicht gelingt. Es ist aufreibend und höchst unangenehm.
Die gute Nachricht ist, dass niemand so leben muss! Warum nicht? Weil wir Christi Gesinnung – das Gemüt des Christus – haben, wie uns die Bibel versichert (siehe 1. Korinther 2:16). Dieses Gemüt – das göttliche Gemüt, Gott – verlieh Jesus seine geistige Gesinnung. Jesus war sich der Vollständigkeit von Gottes Liebe so bewusst, dass er unbeeindruckt vom äußerlichen Erscheinungsbild war und sich nicht von den nach Aufmerksamkeit heischenden körperlichen Sinnen beeinflussen ließ. Sein Bewusstsein war von Geist, Gott, inspiriert und nahm Vollkommenheit, Unschuld und Gesundheit wahr, wo sich Schwäche, Sünde und Krankheit zeigten, und dieses Bewusstsein – das Gemüt des Christus – vollbrachte Heilungen.
Wenn ich über das nachdenke, was Jesus uns vorgelebt hat, verstehe ich zunehmend, dass unsere Aufgabe nicht darin besteht, böse Gedanken zu bekämpfen, sondern uns diesem Gemüt des Christus, das uns bereits zu eigen ist, demütig zu fügen. Mary Baker Eddy weist uns auf den Unterschied zwischen diesen beiden Einstellungen hin: „Nach rechts und links in den Nebel hineinschlagen klärt niemals die Sicht, sich aber darüber erheben ist ein unübertreffliches Allheilmittel“ (Vermischte Schriften 1883–1896, S. 355). In dem Maße, wie wir den Glauben an ein persönliches, sich abmühendes menschliches Gemüt aufgeben und dem Gemüt des Christus die Führung überlassen, werden unsere Gedanken in das helle Licht der göttlichen Wahrheit geleitet.
Ich erkenne mehr und mehr, dass das bedeutet, mein Herz für die herrlichen Möglichkeiten der göttlichen Liebe, Gottes, zu öffnen. Ich erinnere mich noch gut an eine Zeit, in der es mir schwerfiel, Dinge loszulassen. Ich fühlte mich von menschlichen Argumenten – einem begrenzten, auf meinem Selbst basierenden Denken – und einer Beziehung beschwert, die ich nicht loslassen wollte, und je mehr ich versuchte, mich davon zu befreien, desto schwerer kam es mir vor. Als ich eines Tages an einem wunderschönen See stand, kam mir der Gedanke an ein Blatt Papier in meiner Hand – wollte ich es loslassen und würde dabei immer nur denken: „Ich muss es loslassen, ich muss es loslassen“, dann wäre diese Handlung vielleicht schwer. Doch wenn ich einfach die Hand öffnete, würde die geringste Bewegung meiner Finger das Blatt freigeben, und der Wind würde das Übrige tun. Diese neue Erkenntnis half mir zu verstehen, wo ich ansetzen musste.
Die falsche Vorstellung loszulassen, dass wir ein eigenes Gemüt oder Ego besitzen, verläuft ähnlich. Statt uns darauf zu versteifen, was wir loslassen müssen – also auf das Problem zu schauen –, können wir unser Herz für Gott, das allliebende göttliche Gemüt, und die herrlichen Möglichkeiten öffnen, die uns erwarten. Mrs. Eddy drückt es so aus: „Öffnen wir unsere Neigungen dem Prinzip, das alles ... in Einklang miteinander bewegt!“ (Vermischte Schriften, S. 174). Welch eine Freude ist es, das zu tun! Damit geht die Tatsache einher, dass das Gefühl, ein persönliches Ego zu haben, weniger interessant oder wünschenswert wird und dann ganz verschwindet. Und damit wird unser Kopf – und unser Herz – von jedem Nebel befreit.
Das kann allerdings schwierig werden, wenn wir nicht wirklich zum Loslassen bereit sind. Was ist, wenn wir ganz in den Glauben verstrickt sind, unsere Gefühle, unsere Vorstellungen und unsere menschliche Vergangenheit stellen unser wahres Ich dar? Dann klammern wir uns an diese Art der Selbstidentifikation und heben sie gar auf ein Podest. Sie aufzugeben könnte bedeuten, unsere Identität zu verlieren. Doch Mrs. Eddys Versicherung gibt uns Zuversicht: „Nichts, was Gott gibt, geht verloren ...“ (ebd., S. 111). Irrtum, also die falsche Vorstellung, dass Intelligenz und Leben in der menschlichen Persönlichkeit oder einem Körper existieren, abzulegen, hat den Vorteil, dass uns alles erhalten bleibt, was unseren Fortschritt unterstützt, uns Gesundheit verleiht und Freude schafft. Alles, was unseren Fortschritt aufhält, einschließlich dessen, was sich wie ein persönliches Selbst anfühlt, lassen wir hinter uns. Wenn wir mehr über Gott erfahren, entdecken wir mehr von dem, wer wir wirklich sind.
Doch es gibt Zeiten, in denen das Dröhnen des menschlichen Monologs unaufhaltsam zu sein scheint. Das Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft sagt unmissverständlich: „Irrtum wiederholt sich“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 28). Die Vorgehensweise des menschlichen Gemüts – eine fiktive, auf Furcht basierende Mentalität – zu begreifen offenbart dessen illusorisches Wesen.
Vor Jahren konnte ich fühlen, wie sich immer wieder dieselben Gedanken einschlichen, die meinen Fortschritt behinderten und die ich längst hinter mir gelassen zu haben glaubte. Und doch kehrten sie plötzlich immer wieder. In dem Augenblick verstand ich, dass das monotone, ja, hypnotische Wesen dieser Gedanken ein klarer Hinweis darauf war, dass sie nicht vom göttlichen Gemüt, unserem einzigen Gemüt, stammten, sondern vom sterblichen Gemüt, das nie unser eigenes Denken ist. Als ich die unpersönliche Natur dieser Gedanken erkannte, konnte ich über sie hinauswachsen.
Eine Art von Wiederholung ist allerdings wünschenswert. Sie wird in Wissenschaft und Gesundheit als „ein göttlicher Einfluss, der im menschlichen Bewusstsein immer gegenwärtig ist und sich wiederholt“ beschrieben (S. xi). Hier geht es um „Immanuel oder ‚Gott mit uns‘“, nämlich Christus. Diese Wiederholung ist nicht monoton, sondern kommt mit der Frische neuer, inspirierender Ideen und heilender Gebete. Sie ist wie der Sonnenaufgang, der uns deutlich macht, dass eine lange Nacht den Tagesanbruch nicht verhindern kann. Sie ist geistige Intuition. Und sie ist das sanfte Flüstern von Engeln, Gottes Gedanken, die uns den Weg aus Verzweiflung zeigen. Nehmen Sie sich einen Augenblick Zeit und lauschen Sie auf die Botschaften der Liebe, die uns vorwärts und aufwärts führen. Dunkelheit macht unweigerlich dem Licht des Christus Platz. Und dann „streckt der Irrtum die Waffen und küsst die Füße der Liebe“ (Vermischte Schriften, S. 204).
Lassen Sie uns also gemeinsam weniger menschlichen Einsatz zeigen und mehr in der Wahrheit ruhen, dass Christi Gesinnung – das Gemüt des Christus – Gott ist und uns jetzt und immer gehört. Sie lässt das Licht ein, das die Dunkelheit vertreibt, uns aus dem Kreislauf des Grübelns entlässt und unser Herz und unser Denken mit Frieden füllt.
