Es mag überraschen, dass Mary Baker Eddy nach ihrer Entdeckung der Christlichen Wissenschaft nicht sofort eine Kirche gegründet hat. Sie hatte eigentlich gehofft, dass dies nicht nötig sein würde, und war erst Jahre später von der Notwendigkeit dieses Schrittes überzeugt.
Mrs. Eddy war zunächst der Meinung, dass andere Religionsgemeinschaften die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft und die Erklärungen, wie man der Aufforderung Christi Jesu nachkommt, die Kranken zu heilen – und die beachtlichen Heilungen, die aufgrund dieser Lehren bewirkt wurden –, freudig annehmen würden. Doch sie erkannte nach und nach, dass die Anhänger ihrer neuen Religion ohne die Disziplin, die eine Kirche mitbringt, vom Weg abkamen. Ein Biograf erklärte: „Zu viele Neulinge – die sich von ihren Lehren angezogen fühlten, aber nicht bereit waren, die Forderungen zu akzeptieren, die für jedes ernsthafte wissenschaftliche Bestreben ebenso unerlässlich sind wie für jedes wahre christliche Engagement – [wurden] zu Verfechtern persönlicher Versionen von der Christlichen Wissenschaft ..., die weder christlich noch wissenschaftlich waren“ (Robert Peel, „Die Hintergründe der Entstehung der Mutterkirche“, Herold, April 1983).
Daher gründete sie 1879 ihre erste Kirche, die später die Bezeichnung Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, erhielt. Ihr erhabenes Ziel zeigt sich im griechischen Wort für Kirche (ekklesia). Es setzt sich aus ek, – aus, durch, aufgrund von – und einer Abweichung von kaleō – einladen, berufen – zusammen. Das bedeutet, dass die Kirche nicht nur Sucher nach der Wahrheit vereint, sondern uns auch aus einem sterblichen Sinn der Existenz und Identität heraus in das Verständnis von der wahren, geistigen Natur des Menschen beordert. Der Geist Gottes, der Heilige Geist, den wir bei jedem Gottesdienst der Christlichen Wissenschaft empfangen, bewegt das Denken und befähigt jeden in der Gemeinde, „einen neuen Himmel und eine neue Erde“ zu erahnen (Offenbarung 21:1).
Die Kirche stellt insbesondere eine Zuflucht für die Menschheit vor den Doktrinen der Naturwissenschaft, scholastischen Theologie und Schulmedizin dar, die den Menschen als materiellen, unweigerlich zu Sünde, Krankheit und Tod neigenden Sterblichen betrachten. Mrs. Eddy respektierte die Protestantische Kirche, in der sie erzogen worden war, sehr, doch sie machte ihre eigene Kirche von allen materiellen Aktivitäten und Zeremonien wie Chören, gemeinsamem Essen, geselligen Zusammenkünften und physischen Sakramenten unabhängig in dem Wissen, dass Kirche den geistigen Sinn in dem Maße abtötet, wie sie sich an die materiellen Sinne wendet. Aus diesem Grund verankerte sie die Form der Gottesdienste ihrer Kirche im Handbuch der Mutterkirche, dessen Anweisungen der Ewigkeit standhalten sollten.
„Das sterbliche Gemüt [verlangt] nach dem ..., was das unsterbliche Gemüt allein gewähren kann“, schrieb Mrs. Eddy in Vermischte Schriften 1883–1896 (S. 365). Und im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, erklärte sie: „Nur durch den geistigen Sinn begreift und liebt der Mensch die Gottheit“ (S. 481).
Christus Jesus leistete seine Arbeit nicht nur für sich selbst. Er wirkte für die Menschheit.
Wenn man bedenkt, was Mrs. Eddy für das Gedeihen ihrer Kirche als unverzichtbar erachtete, ist klar, dass sie die wichtige Rolle des Heilens verstand – das eine, was ihre Kirche mehr als alles andere von anderen abhob und den Widerstand der Welt gegen die Worte Christliche Wissenschaft brechen würde. Sie schreibt in Wissenschaft und Gesundheit: „Jesus gründete seine Kirche und behauptete seine Mission auf einer geistigen Grundlage des Christus-Heilens“ (S. 136). Heilung erfordert die Art von Hingabe und geistigem Wachstum, zu denen Kirche – zusammen mit unseren Gebeten zu deren Unterstützung – erheblich beiträgt. All das steht im Kontrast zu der in der Gesellschaft so weit verbreiteten Vorstellung, dass es ausreicht, „spirituell, aber nicht religiös“ zu sein – dass man ganz allgemein an Gott glauben kann, ohne dass man einer spezifischen theologischen Definition oder Kirchenorganisation nahesteht.
Die Überzeugung eines Christlichen Wissenschaftlers von Gott als Geist, unsterblich und großherzig – als göttliche Wahrheit, göttliches Leben und göttliche Liebe –, führt ganz logisch dazu, dass die Aktivitäten wie Gottesdienste, Vorträge und aktive Leseräume unterstützt werden, die dieses Verständnis von Gott allgemeiner zugänglich machen. Und es versteht sich von selbst, dass dieses Verständnis von Gott auch zu dem Gebet führt, das die Gültigkeit dieses Verständnisses demonstriert, indem es die Kranken innerhalb und außerhalb der Kirche heilt.
Kirche ist keine passive Erfahrung. „Was habe ich davon, wenn ich am Gottesdienst teilnehme?“, ist die falsche Frage. Wir haben eindeutig sehr viel Wichtiges davon, nämlich ein Maß an geistigem Wachstum, das ohne Kirche nicht möglich wäre. Doch selbst wenn dies nicht der Fall wäre, ist weiterhin Folgendes zu bedenken: Die Kirche braucht uns, denn die Menschheit braucht die heilende Wahrheit der Christlichen Wissenschaft. Christus Jesus leistete seine Arbeit nicht nur für sich selbst. Er wirkte für die Menschheit. Seine Arbeit war Hingabe überragender Selbstlosigkeit. Und für uns andere hatte er folgenden Hinweis: „Umsonst habt ihr es empfangen, umsonst gebt es auch“ (Matthäus 10:8).
In jedem Gottesdienst einer Kirche Christi, Wissenschaftler, findet sich die reine, unbefleckte mentale Umgebung, in der wir „des Heil’gen Geistes Flügelschlag“ spüren, auch wenn wir den Heiligen Geist selbst nicht sehen (John Greenleaf Whittier, Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 229, Übers. ©CSBD). Dort hat Gottes Wort unanfechtbare Autorität, dort inspiriert, erhebt, heilt, erneuert und erweckt es „das schlafende Verständnis“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 583). In der Kirche wird das Wort sanft und als der Donner des Sinai vermittelt. Jedes Wort, das während eines Gottesdienstes der Christlichen Wissenschaft vom Pult verlesen wird, ist mit der göttlichen Macht ausgestattet, zu heilen und umzuwandeln.
Im vierten Kapitel des Lukasevangeliums findet sich eine hilfreiche Geschichte. Christus Jesus geht in seiner Heimatstadt Nazareth in die Synagoge, wo man ihm das Buch Jesaja reicht. Er liest dem andächtigen Publikum vor: „Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, den Armen das Evangelium zu verkündigen; er hat mich gesandt, die zerbrochenen Herzens sind zu heilen, Gefangenen Befreiung zu verkünden und den Blinden, dass sie wieder sehen, Zerschlagene in Freiheit zu entlassen“ (Vers 18) – nicht nur Menschen, die körperlich, sondern auch solche, die durch lieblose oder unfaire Worte, Taten oder Umstände emotional zerschlagen sind. Als er fertig ist, gibt er das Buch zurück und setzt sich. Es folgt eine Pause, und dann kommt er zur Sache: „Heute ist diese Schrift vor euren Ohren erfüllt“, erklärt er seine Rolle als der prophezeite Messias (Vers 21).
Wie Christus Jesus müssen wir in jedem Sonntagsgottesdienst und jeder Mittwoch-Zeugnisversammlung einer Kirche Christi, Wissenschaftler, sagen und wissen, dass hier und jetzt, an diesem Ort und zu diesem Zeitpunkt diese Wahrheit vor unseren Ohren erfüllt ist. Dass dieser Gottesdienst das gebrochene Herz geheilt hat. Dass er den Gefangenen Freiheit verkündet hat. Dass die Blinden wieder sehen. Dass die Gebrechlichen aufgerichtet sind. Diese Wahrheit, gemeinsam mit unseren Gebeten, die sie bekräftigen, ist mächtig, wirksam und trägt augenblicklich Früchte. Kein demütig empfänglicher Mensch kann hier eintreten, der nicht von der Wahrheit berührt und geheilt wird.
Und so kommt es, dass die von Mrs. Eddy gegründete Kirche ein Leuchtfeuer für jedes Zeitalter geworden ist und die unentbehrliche Führung zur menschlichen Erlösung bietet.