Auf meinem Schreibtisch zu Hause steht eine kleine Figur von einem betenden kleinen Jungen. Er kniet, die Hände sind gefaltet, die Augen gen Himmel gerichtet.
Für mich symbolisiert diese Figur die mentale Einstellung, die uns für Gottes erhabene Weisheit und liebevolle, sanfte Fürsorge öffnet. Wir können diese Haltung jederzeit und überall einnehmen, ohne deshalb auf Knien sein zu müssen. Das demütige, auf Gott lauschende Bewusstsein befähigt uns, still „ohne Unterlass“ zu beten (1. Thessalonicher 5:17), wie es der Apostel Paulus während seiner Mission tat und allen anempfahl. Wir können das täglich in uns selbst fördern.
Jeden Tag, wenn ich zur Arbeit gehe oder sonst durch die Stadt laufe, warte ich bei der Ampel auf grün, bevor ich über die Straße gehe. Es ist leicht, beim Warten ungeduldig zu werden, doch neulich maß ich an der Ampel einmal die Zeit und stellte fest, dass es sechzig Sekunden waren – nur eine Minute. An der nächsten Ampel verwendete ich diese Minute, um das Gebet des Herrn zu beten, das Christus Jesus uns gegeben hat. Ich betete es einmal in Ruhe, und als ich zur zweiten Runde mit „Unser Vater …“ ansetzte, wurde es grün. Auf dem Weg über die Straße betrachtete ich voller Freude all die Menschen um mich als Söhne und Töchter unseres Vaters.
An der nächsten Ampel betete ich das Gebet des Herrn zusammen mit der begleitenden geistigen Auslegung aus Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy (siehe S. 16–17). Es wurde grün nach der Zeile:
„Unser tägliches Brot gib uns heute.
Gib uns Gnade für heute ...“
Ich wurde dadurch inspiriert, den ganzen Tag gottgegebene Gnade und Liebe auszudrücken.
Das ist nur eine Möglichkeit, tägliche Augenblicke zum Beten zu nutzen. Grundsätzlicher „ohne Unterlass“ zu beten bedeutet, in uns selbst das Verlangen zu fördern, auf Gedanken zu achten und nur die einzulassen, die direkt von Gott kommen. Mir hilft dabei die in der Christlichen Wissenschaft erklärte Offenbarung, dass Gott Gemüt ist und dass es nur ein Gemüt geben kann – nur einen Urheber wahren Denkens –, da die Bibel lehrt, dass es nur einen Gott gibt. Und Gottes Gedanken, die Gedanken der göttlichen Liebe, sind immer gut, liebevoll und rein – nie schädlich, täuschend oder zerstörerisch. Ja, Gottes Gedanken sind unsere einzig wahren Gedanken – die einzig wirklichen Gedanken –, denn als Gottes geistiges Ebenbild setzen wir uns einzig und allein aus den reinen, liebevollen Gedanken des göttlichen Gemüts zusammen.
Je mehr wir also von der wahren Natur Gottes und von uns selbst als Sein geistiges Ebenbild verstehen, desto eher sind wir fähig, Gedanken zu erkennen, die ihren Ursprung in Gott haben und göttliche Güte und Liebe widerspiegeln. Und wir erkennen Gedanken, die nicht von Gott kommen, Gott unähnlich sind und keine wirkliche Quelle haben, so wie Dunkelheit keine Quelle hat. Solche Gedanken sind nichts als fadenscheinige Versuchungen – Fälschungen eines sogenannten sterblichen Gemüts. Das bedeutet, dass wir die Wahl haben: Wir können Gedanken wählen, die die göttliche Wahrheit und Liebe korrekt wiedergeben, und Gedanken zurückweisen, die Gott und unsere wahre Natur als Gottes reines Ebenbild fälschlich darstellen.
Und was für eine Freude ist es zu wissen, dass wir diese Wahl haben! Aufgrund dieser Wahl, Gottes Gedanken zu lieben und zu akzeptieren und die irrigen Ansichten des sterblichen Gemüts zurückzuweisen, ergibt sich das menschliche Bewusstsein der Wahrheit, die heilt – der Wahrheit, die uns von Sünde und Krankheit befreit –, der Wahrheit, die Jesus lehrte und lebte.
Hierzu ein Beispiel: Eines Tages tat mir das Handgelenk weh. Ich spürte es immer wenn ich die Hand benutzte, also praktisch ständig. Nach ein paar Tagen wurden die Schmerzen ziemlich heftig. Suggestionen des sterblichen Gemüts drangen in mein Bewusstsein ein: „Wenn das schlimmer wird, kann ich nicht arbeiten.“ „Wie soll ich denn kochen?“ und „Wie schaffe ich alle meine Aufgaben?“
Dann merkte ich, was ich da tat. Ich begriff, dass diese Gedanken über Schmerzen und Einschränkungen nicht meine Gedanken waren, denn sie kamen nicht von Gott. Gottes Gedanken handeln immer von Gesundheit, Freiheit und unbegrenzter, ungehinderter Fähigkeit. Ich erkannte, dass die negativen Suggestionen keinen Ursprung haben, kein Gemüt und daher keine Wirklichkeit. Also wies ich sie zurück; ich warf sie hinaus. Im selben Moment dankte ich Gott, dass Er mich als Seine vollkommene, geistige Idee kennt, die nur aus Seinen Gedanken besteht. Das war das Ende der Schmerzen; sie verschwanden einfach.
Ich habe im Laufe der Jahre viele Heilungen erlebt, wenn ich diese definitive Wahl traf, nur Gedanken einzulassen, die ihren Ursprung in Gott haben, und die abzuweisen, die Ihn falsch darstellen. Manche dieser Heilungen haben einiges an Geduld und Durchhaltevermögen erfordert, zusammen mit langen Zeiträumen des Gebets und Studiums in der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit, bis der Unterschied zwischen geistig wahren Gedanken und unwirklichen Suggestionen klar wurde. Doch wenn diese Klarheit kam und ich die entscheidende Wahl traf, das Wahre zu akzeptieren und das Falsche zurückzuweisen, trat Heilung ein.
Wie wundervoll befreiend und praktisch ist es für uns, nur auf Gottes Gedanken zu lauschen! Wir können das Verlangen fördern, diese Art von Gebet zu unserem Lebenswandel zu machen.
Bei Gebet geht es darum, die Wahrheit über Gott und Seine Schöpfung zu erfahren – und das Gelernte in die Tat umzusetzen. Mary Baker Eddy zitiert in Wissenschaft und Gesundheit Paulus und schreibt: „Wir müssen ‚ohne Unterlass‘ beten. Solch ein Gebet wird in dem Maße erhört, wie wir unsere Wünsche in die Tat umsetzen“ (S. 15). Zu beten, um Gottes Gedanken zu erkennen und nur sie zu akzeptieren, ist eine Lebensweise, die jeder sich aneignen kann – jeden Augenblick im Alltag und zu Zeiten, wenn viel Geduld und Ausdauer vonnöten sind.
Ja, beständiges Gebet ist eine heilige und praktische Lebensweise.
Barbara Vining
Chefredakteurin
    