Ich hatte keine Sekunde daran gedacht, meine Dozentenstelle an einem Sport-College aufzugeben. Seit Jahren half ich, das Überleben der Fakultät zu sichern, und arbeitete daran, ein Forschungsprofil aufzubauen – die Möglichkeit, akademische Forschung online darzustellen. Das wurde einfacher, als ein Kollege ein kleines Forschungsinstitut gründete. Doch dann wurde die Fusion zweier Universitäten bekanntgegeben, und einige Dozentinnen und Dozenten erhielten das Angebot, vorzeitig in den Ruhestand zu gehen.
Ich war erschüttert, als mein Forschungskollege sagte, die Fusion enthalte keine Aussicht auf einen weiteren Aufstieg für ihn und er müsse das Angebot aus finanziellen Gründen annehmen. Ich wollte nicht all die Forschung, die wir aufgebaut hatten, verlieren und allein weiterkämpfen. Die Hoffnung auf neue Gelegenheiten löste sich mit einem Schlag auf.
Als ich über mehrere Wochen hinweg betete, begriff ich, dass ich für den Fortschritt des Kollegen und der Einrichtung nicht persönlich verantwortlich war. Ich suchte von ganzem Herzen Führung in Mary Baker Eddys geistiger Auslegung des 23. Psalms (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 578), die so beginnt:
„[Die göttliche Liebe] ist mein Hirte; mir wird nichts mangeln.
[Liebe] weidet mich auf einer grünen Aue und [Liebe] führt mich zum frischen Wasser.“
Mir wurde das Wort weidet wichtig. Meine Arbeitsbelastung war enorm gewesen. Ich war seit Jahren überlastet, und das ließ selbst dann nicht nach, als meine Mutter nur Monate zuvor starb. Daher war es richtig, dass die göttliche Liebe mich metaphorisch auf einer grünen Aue weidete und mir somit Ruhe schenkte.
Die Auslegung des Psalms fährt fort: „[Liebe] erquickt meine Seele [meinen geistigen Sinn].“ Das Angebot des vorzeitigen Ruhestands war mir vorgekommen wie ein Abdriften in eine Dunkelheit, in der ich nie wieder würde arbeiten können, doch die Offenbarung dieses Psalms erschien mir wie ein helles Licht am Ende eines Tunnels. Ich nahm das Angebot an in dem Wissen, dass ich mehr als alles andere einen klareren geistigen Sinn brauchte, und ich vertraute vollständig darauf, dass Gott diesen erquicken würde.
Das Angebot trat Weihnachten in Kraft, doch wir hatten die Auflage, das akademische Jahr zu beenden, was bedeutete, dass wir wie Gastdozentinnen und -dozenten bezahlt wurden, also zu einem geringeren Tarif. Während dieser Zeit beschäftigte ich mich mit einem Essay zum Thema Platz von einem unbekannten Verfasser. Er fängt so an: „Der Platz, den du suchst, sucht dich auch; der Platz, den du brauchst, braucht auch dich. Das göttliche Prinzip, Liebe, führt den Bedarf und die Versorgung zum gegenseitigen Nutzen zusammen.“
Der Essay beschäftigte sich mit der Art von Ungerechtigkeit, Begrenzung und Ungeduld, mit der ich auch konfrontiert war. Er half mir zu verstehen, dass Gott und nicht der Mensch bestimmt, wohin wir gehen und wo wir uns aufhalten.
Mir war nicht der Gedanke gekommen, dass ein Platz mich suchen könnte, doch dann fiel mir eine ähnliche Fakultät ein, die mit einer Universität in einem anderen Teil des Landes verbunden ist. Auf einer Konferenz erzählte ich einem Bekannten, der an diesem College beschäftigt war und meine Arbeit gut kannte, von meiner Lage. Die Institution lud daraufhin meinen Kollegen und mich ein, uns auf zwei Teilzeitstellen zu bewerben, die sie eingerichtet hatte, da sie an unserem Forschungsbereich interessiert war. Im neuen akademischen Jahr begannen wir unsere akademische Forschung in Teilzeit, ohne die zusätzliche Belastung der Lehr- und Verwaltungstätigkeit, die wir zuvor gehabt hatten.
Nach ein paar Wochen sagte mir mein Kollege, der immer gern die Projektleitung innehatte, dass er nicht mehr mit mir arbeiten könnte, da er an Arbeit in Australien interessiert war. Ich erfuhr damals von einer anderen potenziellen Stelle für mich in den Vereinigten Staaten, ging aber nicht weiter darauf ein. Aufgrund der fortlaufenden geistigen Führung, die ich erhalten hatte, war ich sicher, dass die göttliche Liebe genau dort alles unter Kontrolle hatte, wo wir waren – im Vereinigten Königreich.
Und plötzlich änderte mein Kollege seine Meinung und beschloss nicht nur, wieder mit mir zusammenzuarbeiten, sondern bat mich, ein Projekt auf die Beine zu stellen, das wir gemeinsam leiten konnten und das unsere beiden Forschungsbereiche vereinte. Mein Verständnis der Christlichen Wissenschaft gab mir Inspiration, ganz neue Ergebnisse zu prognostizieren. Das Projekt war erfolgreich und bestätigte die Prognosen. Wir erhielten Gelder von der Regierung für unsere Forschungsarbeiten und machten unsere Ergebnisse mithilfe von Artikeln und Vorträgen auf Konferenzen weltweit verfügbar, bis ich mehr als zehn Jahre über das gesetzliche Rentenalter hinaus war.
Jahre, nachdem mein Kollege gestorben war, gab ich ein Buch heraus, das unsere gemeinsame Forschung fortführte, sodass andere auf unseren Ideen aufbauen konnten. Ein Professor an einer anderen Universität kontaktierte mich und wandte unsere Forschung auf andere Bereiche an. Mein letzter Artikel mit diesem Professor erschien unlängst in einem Fachjournal in Asien – dreißig Jahre nachdem ich das Angebot des vorzeitigen Ruhestands angenommen hatte.
Zu Anfang dieser Erfahrung dachte ich, dass ich in eine metaphorische Wüste gesandt wurde, doch ich wurde auf jedem Schritt reichhaltig versorgt. „Geist, Gott, sammelt ungeformte Gedanken in ihre geeigneten Kanäle und entfaltet diese Gedanken, so wie Er die Blütenblätter eines heiligen Vorhabens entfaltet, damit das Vorhaben erscheine“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 506). Genau das habe ich erlebt.
Jean Whitehead
