Viele Menschen praktizieren etwas jeden Tag – eine gewisse Anzahl von Schritten pro Tag zu absolvieren, Tagebuch zu führen, am Morgen zu beten, Yoga zu machen oder zu meditieren. Manche spielen ein Instrument oder treiben Sport. Im Allgemeinen praktizieren wir etwas, weil es uns gefällt oder weil wir besser darin werden möchten.
Christliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nehmen das tägliche Praktizieren sehr ernst. Wir schätzen sie als Lebensweise und Möglichkeit für geistiges Wachstum. Doch was genau bedeutet es, die Christliche Wissenschaft zu praktizieren?
Wenn Sie Christliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach ihrer täglichen Praxis fragen, könnten die Antworten sehr vielfältig ausfallen – sich mit der Bibellektion aus dem Vierteljahresheft der Christlichen Wissenschaft beschäftigen, in der Zweigkirche der Christlichen Wissenschaft mitarbeiten, beten, um Gott besser zu verstehen, usw. Dies sind natürliche und sogar unverzichtbare Bestandteile, um die Christliche Wissenschaft aktiv zu praktizieren. Doch eine wahrhaft wissenschaftliche christliche Praxis erfordert mehr. Im Mittelpunkt muss der Wunsch stehen, das Christentum wirklich zu leben. Vielleicht sind wir nicht immer voll geistiger Inbrunst, wenn wir uns mit unseren Büchern hinsetzen oder am Gottesdienst teilnehmen. Doch wenn wir tiefer darin eindringen, wie wir heute das befolgen können, was Jesus, der Meister aller Christen, vor langer Zeit lehrte und lebte, wird es nicht nur unserem Leben zugutekommen, sondern sich viel weitreichender auswirken.
Jesu Beispiel zeigt uns, dass das umzusetzen, was wir von Gott wissen, ganz natürlich auch andere segnen wird. Die Bibel berichtet beispielsweise von einer Frau, die von einer langjährigen Krankheit geheilt wurde, einfach indem sie nahe genug an Jesus heranging, um sein Gewand zu berühren (siehe Matthäus 9:20–22). Die Reinheit, Unschuld und geistige Kraft, die Jesus zum Ausdruck brachte, zog andere an, heilte sie und ermutigte sie, ihre eigene Unschuld, Reinheit und Gesundheit zu erlangen. Mary Baker Eddy schrieb in ihrer Botschaft an die Mutterkirche für 1901 über den Messias bzw. Christus (S. 9): „Dieser Geist Gottes ist im Fleisch offenbar geworden, indem er die Menschen heilt und erlöst – er ist der Christus, der Tröster, ‚der die Sünde der Welt hinwegnimmt‘ ...“
Dieser Christus ist die Macht, die unserem täglichen Praktizieren zugrunde liegt, und wenn wir das leben, was wir wissen, erhalten wir Gelegenheiten, andere zu segnen. Wir könnten unsere Praxis der Christlichen Wissenschaft nicht auf uns beschränken, selbst wenn wir das wollten! Das ist ein Zeichen für wissenschaftliche christliche Praxis: Sie ist nicht in erster Linie zur Selbstverbesserung oder für eine bestimmte Gruppe von Menschen da. Wenn wir uns an dasselbe Gemüt wenden, das in Christus Jesus war, stellen wir fest, dass ein göttliches Gesetz in Kraft ist, unseren Nächsten zu lieben wie uns selbst (siehe Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 205).
Das Christentum so intensiv zu leben, wie die Christliche Wissenschaft es lehrt, bedeutet, die göttliche Liebe, Gott, zum Antrieb unseres Denkens und Handelns werden zu lassen – unser Leben zum sichtbaren Beweis davon zu machen, was es bedeutet, Gott als immer-gegenwärtiges Gutes zu verstehen. Das ist keine intellektuelle Übung. Es geht auch nicht um das Bestreben, ein guter Mensch zu sein, sondern man definiert Gutsein als natürlichen Bestandteil unserer wahren, geistigen Natur und der aller anderen Menschen.
Das erfordert, sich der reinen Tätigkeit des Christus in unserem Bewusstsein zu ergeben – allen Eigenwillen, jede Angst und alles menschliche Planen aufzugeben. Es bedeutet, nicht emotional oder aus Gewohnheit auf die Anforderungen des Lebens zu reagieren, sondern aus der Stille geistiger Wahrnehmung, die über den Augenschein hinausgeht, und unsere Schwestern und Brüder in ihrem wahren, göttlichen Licht zu sehen. Dann stellen wir fest, dass wir vergeben, bevor wir darum gebeten werden; wir lieben, selbst wenn die andere Person es nicht zu verdienen scheint; wir erkennen und legen dort Gesundheit an den Tag, wo die Welt nur Krankheit sieht. Wir sind auf dem Felsen, Christus, verankert und erkennen die unzerbrechliche Fortdauer des Guten.
Diese Praxis ist nicht abstrakt oder weltfremd. Mit ihr gehen wir jeden Augenblick des Alltags aus der Heiligkeit geistiger Wahrnehmung an. Und das verleiht uns nicht nur ein stabiles Gefühl von Frieden, sondern hilft anderen, die Berührung des Christus ebenfalls zu fühlen und zu erleben. Und auch das Gegenteil trifft zu: Wenn wir nur widerwillig praktizieren oder meinen, dass unsere Praxis ausgelaugt ist oder keinen Biss hat, können wir dann wirklich erwarten, anderen zu helfen, die Herrlichkeit des geistigen Lebens, Gottes, für sich in Anspruch zu nehmen? Wir müssen dafür leben und brennen, Gottes Liebe im Herzen zu haben, wenn wir hoffen, anderen diese Inspiration und Heilung vermitteln zu können.
Die gute Nachricht ist, dass dieses Feuer nie wirklich erlischt, selbst wenn wir es schon eine Weile nicht gefühlt haben. Und obwohl wir es nicht mit menschlichem Einsatz neu entfachen, können wir mit einfachen Schritten anfangen. Tägliche Dinge, wie Geschirr abwaschen, einem Kind zuhören oder mit einem Konflikt am Arbeitsplatz umgehen, können zu heiligen Gelegenheiten unserer Praxis werden, indem wir Gottes Gegenwart unter Beweis stellen. Die göttliche Liebe wird zum Mittelpunkt der Identität und Aktivität. Dann verdeutlichen wir, dass das Christentum kein Glaubensbekenntnis ist, sondern eine Lebensweise – man wird zu einer selbstlosen Transparenz, durch die das Licht der Wahrheit ganz natürlich hindurchdringt und alle segnet, die es berührt.
Einmal rief mich eine Freundin an, als ich mitten in der Vorbereitung des wöchentlichen Gottesdienstes meiner Zweigkirche war. Ideen, die mich den ganzen Vormittag über inspiriert hatten, kamen in unserem Telefonat ganz natürlich zur Sprache. Eine Woche später schrieb sie mir, dass sie von etwas geheilt worden war, was sie am Telefon nicht erwähnt hatte und von dem ich gar nicht gewusst hatte, dass sie damit kämpfte.
Wenn wir uns täglich dem verpflichten und das praktizieren, was wir von Gott verstehen, erhalten wir Gelegenheiten, unseres „Herzens Überfüll’“ mit anderen zu teilen (Minnie M. H. Ayers, Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Lied Nr. 139, Übers. © CSBD). Die Segnungen, die wir erhalten, verbreiten sich von uns aus nach außen und helfen nicht nur uns, sondern stellen die göttliche Liebe unter Beweis, die ausströmt, um allen zu helfen und sie zu heilen.
Larissa Snorek
Stellvertretende Chefredakteurin
