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Original im Internet

Das Ego überwinden

Aus dem Herold der Christlichen Wissenschaft. Online veröffentlicht am 12. Dezember 2019


Zum ersten Mal fühlte ich mich sehr weit außerhalb meiner Komfortzone. Ich lebte im Ausland und hatte gerade das Semester abgeschlossen. Aus meinem Job und meiner Bleibe für den Sommer war nichts geworden. Ich hatte ein Flugticket nach Hause, aber kaum Geld übrig, und ich brauchte Arbeit, um die Studiengebühr für das nächste Semester bezahlen zu können. Als Allererstes musste ich allerdings eine Unterkunft für die Nacht finden.

Alle meine Bemühungen um eine Lösung waren fehlgeschlagen. Meine Eltern konnten mich nicht finanziell unterstützen. Solange ich denken konnte, hatte ich jeden Sommer mehrere Jobs gehabt, um über die Runden zu kommen. Ich wusste nicht, wer ich ohne Arbeit und ohne Einkommensquelle überhaupt war.

Als ich mit einem Gefühl der Leere durch die Stadt ging, dachte ich daran, wie ich mich seit meiner Ankunft auf Gott verlassen hatte. Das war jetzt wieder nötig. Ich zwang mich dazu, meine Sorgen außer Acht zu lassen, und öffnete mich für die Schönheit um mich herum und für das Ausmaß und die Unendlichkeit von Gottes Sein.

Schritt für Schritt fühlte ich mehr Frieden. Ich hörte auf zu denken, dass meine eigenen Fähigkeiten zur Problemlösung führen mussten, und ließ mich stattdessen auf ein größeres Verständnis vom „Ich“ ein: Gottes göttliche Gegenwart um mich. Im tiefsten Inneren wusste ich, dass selbst eine Nacht in der U-Bahn in Ordnung sein würde.

Die ganze Erfahrung fühlte sich an, als ob Gott mich dazu anhielt, über mein Ego hinauszuwachsen. Wir verstehen Ego normalerweise als auf uns bezogen bzw. unsere bewusste Identität im Gegensatz zu anderen eigenbewussten Identitäten oder Selbstheiten. Wenn wir über das Ego hinauswachsen, ist es, als wären wir in einem Land, wo wir zuerst die Sprache nicht sprechen. Wir verlassen das, was uns angenehm vertraut ist, und stützen uns auf weniger vertraute Dinge. Wenn wir aus eingefahrenen Mustern ausbrechen, entdecken wir neue Aspekte unserer selbst und fangen an, uns als viel mehr als eine Persönlichkeit oder festgelegte Identität zu definieren. Wir lernen im Grunde, uns so zu sehen, wie Gott uns sieht.

Mary Baker Eddys Schriften über die Christliche Wissenschaft erklären, woher das kommt. Wenn wir das eine göttliche Ego verstehen, das göttliche Gemüt bzw. die göttliche Intelligenz, die Gott ist, erkennen wir, dass jeder von uns als das Ebenbild dieses Egos existiert. Unser wahres Sein geht von Gott aus und spiegelt Gott wider. „Das göttliche Ego oder die göttliche Individualität spiegelt sich in aller geistigen Individualität wider ...“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 336). Diese geistige Individualität schließt unendliche Möglichkeiten des Seins ein, denn Gottes Wesen ist unbegrenzt. Da wir Gottes Wesen widerspiegeln, können wir immer über ein begrenztes Selbstverständnis hinauswachsen.

Meine Geschichte ging so aus: es war Mittwoch, also nahm ich wie üblich an der abendlichen Zeugnisversammlung der Kirche Christi, Wissenschaftler, teil. Dort wurde der Frieden, den ich bereits gefunden hatte, durch die Lesung aus der Bibel bestärkt. Nach der Versammlung lud mich eine Frau aus der Kirche ein, die Nacht bei ihr zu verbringen. Aus einer Nacht wurde eine Unterkunft für die nächsten drei Monate.

Ich war noch nie solch einer Großzügigkeit begegnet. Und ich verbrachte den Sommer nicht ohne Arbeit. Was nach so vielen vergeblichen Versuchen ausgesehen hatte, einen Job zu finden, verwandelte sich in tägliche Stunden geistigen Studiums. Es war der Anfang eines lebenslangen Verlangens, christlich-wissenschaftliches Heilen zu praktizieren. Ich wollte die großzügige Liebe, die ich vonseiten dieser Familie empfand, an andere weitergeben.

Manchmal kann uns nichts Besseres passieren, als dass unsere Bemühungen ins Leere führen, nämlich wenn uns das zu neuen, zuvor nicht erkannten Möglichkeiten führt. Wenn wir aus unseren Misserfolgen lernen, legen wir das Ego ab. Das ist eine Form der Selbstverleugnung, etwas, das Jesus seine Nachfolger lehrte. Er sagte: „Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir“ (Matthäus 16:24). Damit sind wir eingeladen, ein irriges Selbst aufzugeben – nicht das echte – und über das Ego hinauszuwachsen.

Ein persönliches Ego führt zu Selbstverdammung oder einem Gefühl von Schande und Schuldzuweisung. Diese Tendenz kann sich umkehren, indem wir die geistige Tatsache bekräftigen, dass wir als Kinder – der Ausdruck – Gottes selbstbewusst, fröhlich, gesund, dankbar und geistig sind. Das sind keine persönlichen Suggestionen und auch kein positives Denken, wenn es sich auf ein Verständnis von der Identität als die Widerspiegelung des einen Egos gründet, das ganz natürlich Gesundheit, Glück und Frieden mit sich bringt.

Das geistige Selbst, das Jesus verkörperte, ging über ein Ego hinaus. Wenn ich die Bibel lese, habe ich nicht den Eindruck, dass Jesus sich selbst jemals als problembehaftet, Versager oder erfolgloser Sterblicher identifizierte. Am meisten wies er auf sein geistiges Selbst, den Christus, hin. Im Hinblick auf seine unsterbliche Identität sagte er: „Bevor Abraham war, bin ich“ (Joh. 8:58). Mit der Macht dieses zeitlosen Christus-Geistes erleben wir die gottähnliche Natur unserer eigenen Identität, und wir können begrenzte, einengende Sichtweisen vom Leben und Sein aufgeben.

Wir bringen die Tendenz des menschlichen Gemüts, an negativen Informationen festzuhalten und Fehlschläge immer wieder durchzukauen, zum Schweigen, indem wir jeden Tag ein paar Minuten damit verbringen, uns am göttlichen Ego, dem göttlichen Gemüt, auszurichten und uns als gottähnlich zu identifizieren. Wir sind keine Ansammlung von Erfahrungen oder Fehlschlägen, sondern die gegenwärtige Widerspiegelung dieser göttlichen Güte. „Des Menschen wirkliches Ich – sein wahres Selbst – ist Güte“ (Mary Baker Eddy, Nein und Ja, S. 26). Unser wahres Selbst zeigt sich, wenn wir die Gegenwart Gottes, der göttlichen Weisheit und Liebe, fühlen. Dann können wir erkennen, was Gott erschaffen hat und durch jeden von uns zum Ausdruck bringt.

Larissa Snorek
Stellvertretende Chefredakteurin

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