Die Geschichte ist nur zu bekannt. Drei weise Männer. Gold, Weihrauch und Myrrhe – Gaben, die eines Königs würdig sind. Das Reiseziel ist Bethlehem, wo ein Kind der Prophezeiung zur Welt gekommen ist.
Die tief in der Bibel verwurzelte Geschichte von Jesu Geburt (siehe Matthäus 2:1–12) steht im Mittelpunkt der Weihnachtstraditionen. Vielleicht ist sie uns so vertraut, dass wir die heutzutage dringend benötigte Macht ihrer Botschaft aus den Augen verlieren. Das Schenken wurde von der Geschichte abgekoppelt und nun stehen Einkaufswagen voll materieller Güter im Mittelpunkt der Weihnachtszeit. Doch ohne einen geistigen Kontext kann die Adventszeit in Stress und Erschöpfung ausarten – genau das Gegenteil der freudigen Verkündigung einer neuen Ära, um die es bei der ersten Reise ging.
Was wäre also, wenn wir den Fußspuren der drei Weisen folgen und die Reise mit anderen Augen betrachten? Was könnte uns dazu bringen, aus unserer Alltagsroutine auszubrechen, um unsere Komfortzone weit hinter uns zu lassen und etwas uns sehr Wertvolles zu schenken?
Es käme sicher darauf an, worum es ginge. Diese drei Weisen nahmen die bevorstehende Ankunft Christi aus weiter Ferne und ihrer eigenen kulturellen Perspektive wahr. Es ging um mehr als ein Neugeborenes in einem jüdischen Dorf. Wir lesen im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft: „Christus ist die wahre Idee, die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewusstsein spricht“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 332). Der Christus ist universal gültig. Gottes Mitteilung an die Menschheit schließt alle Menschen aller Zeitalter ein. Jeder von uns sehnt sich danach, mehr wahrhaft „Gutes“ im Leben zu haben.
Auch damals war die Menschheit zu materialistisch eingestellt – zu viel Egoismus, Leiden, Krankheit und Enttäuschung aufgrund von Versprechungen der Materie, die nie eingehalten werden. Und obwohl wir über die Jahrhunderte viele technische Fortschritte gemacht haben, wird sich nicht viel ändern, solange wir nicht auch unsere Sichtweise von dem ändern, was unseren Kopf und unser Herz befriedigt. Doch wenn wir etwas Geistiges erkennen, etwas Substanzielles in dem Erhabenen und Freudigen, das aus Geist zu uns kommt, wenn wir es brauchen, dann haben wir den Christus gefunden. Und wenn uns diese Erkenntnis Hoffnung, Heilung und Erneuerung bringt, zeigt sich tiefe Dankbarkeit in uns.
Diese neue Sichtweise von uns und anderen, die wir durch den Christus erhalten, ist über alle Maßen wertvoll. Statt uns durch DNS, menschliche Geschichte, Gesundheitstheorien und -praktiken zu identifizieren, fangen wir an, Gott als unseren einzigen Schöpfer und Urheber zu sehen – unendliches, allmächtiges und unbegrenztes Gutes –, als die wahre Macht, die unser Leben erhält. Gott ist nicht die Quelle von Krankheit oder Fehlfunktionen, ob körperlicher oder moralischer Art. Christus beweist logisch und praktisch, dass ein Abweichen vom Guten in Gottes Reich unmöglich ist, dem Reich des Geistes, wo wir wahrhaft „leben, weben und sind“ (Apostelgeschichte 17:28). Jesu gesamte Mission bestätigte das, was der ewige Christus uns allen vermittelt.
In einem wichtigen Fall heilt Jesus einen geistesgestörten Mann, der abgesondert von den anderen auf dem Friedhof lebt. Bei der Begegnung lernt der Mann, sich aus dem Blickwinkel des Christus zu erkennen, und die Leute aus dem Dorf sehen ihn anschließend „bekleidet und vernünftig“. Der Mann möchte sich Jesus und seinen Jüngern anschließen, doch der Meister fordert ihn auf, zu seiner Familie und seinen Freunden zurückzukehren und ihnen zu erzählen, was ihm Großes geschehen ist (siehe Markus 5:1–20).
Für mich betont diese Aufforderung den Wert des Schenkens, wenn wir den Christus selbst erlebt haben. Es reicht nicht, wenn diese Umwandlung nur uns zugutekommt; sie muss mit anderen geteilt werden – besonders mit denen, die meinen, dem Christus nie begegnet zu sein.
Teilen? Für viele von uns kann das schwer, wenn nicht gar unmöglich sein. Wir mögen ehrlich dankbar sein für die Heilungen, die wir durch die Wissenschaft des Christus erlebt haben, geben uns aber damit zufrieden, Gott still für uns zu loben. Vielleicht reicht es gerade so weit, dass wir in einer Mittwoch-Versammlung in einer Kirche Christi, Wissenschaftler, ein Zeugnis abgeben.
Doch haben wir einmal daran gedacht, wie diese bemerkenswerten Augenblicke geistiger Entdeckung das Leben anderer berühren und verändern könnte? Sind wir durch die geräuschvolle Weltlichkeit um uns her zu der Überzeugung gelangt, dass andere an den Dingen des Geistes nicht interessiert sind? Dass unser Geschenk nicht willkommen wäre? Und doch begegnen wir immer wieder Menschen, die überwältigt sind, unglücklich, ohne Hoffnung auf Änderung. Das können Familienmitglieder, Freunde, Nachbarn oder Kollegen sein. Oder auch jemand, der im Zug neben uns sitzt.
Vor Jahren fragte mich eine junge Frau auf einer Reise, ob der Platz neben mir frei war. Dann erzählte mir sie mir, dass sie auf dem Weg zu einer bekannten Forschungsklinik war, weil bisherige medizinische Behandlungen erfolglos geblieben waren. Es war fast Mitternacht, und ich hatte gehofft, ein wenig schlafen zu können, bevor ich aussteigen musste. Doch als ich die anderen freien Plätze sah, verstand ich, dass die junge Frau nicht aus Zufall neben mir saß. Wer außer mir in dem Waggon kannte die heilende Macht des Christus?
Ich holte einen Christian Science Sentinel, eine Schwesternzeitschrift des Herolds, aus der Tasche. Aus Dankbarkeit für all die Beiträge von Heilungen der Autoren empfand ich ihn als meine Version von Gold, Weihrauch und Myrrhe und gab ihn ihr. In den nächsten eineinhalb Stunden unserer gemeinsamen Strecke betete ich um den richtigen Weg, den Christus gegenüber einer Frau zu ehren, die aufgrund ihrer Herkunft kaum etwas vom Christentum gehört hatte. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung und der Bekräftigung, dass sie das Christus-Heilen selbst erleben konnte. Sie fühlte sich ermächtigt, weiterzuforschen.
Wahres Geben verlangt nicht, dass ein Geschenk auf eine bestimmte Weise genutzt oder wertgeschätzt werden muss. Doch wenn wir dem Christus mit neuer Wertschätzung für das Dank sagen, was wir selbst erhalten haben, finden wir Möglichkeiten, die Schätze aus unserem Herzen mit anderen zu teilen. Dann werden wir die Weisen aus dem Morgenland der heutigen Zeit sein.
Robin Hoagland
Mitglied des Vorstands der Christlichen Wissenschaft
    