Die Wellen des Ärmelkanals schlugen an die Fähre, mit der meine Familie und ich nach Frankreich übersetzten. Das Schiff schaukelte wie wild, und fast alle an Bord hatten Angst. Selbst die Besatzungsmitglieder sahen besorgt aus und erklärten, dass sie noch nie so heftiges Wetter auf dem Ärmelkanal erlebt hatten. Dann gesellte sich auch noch Seekrankheit zu der Angst.
Normalerweise bete ich immer, doch als die Panik schlimmer wurde, fiel es mir schwer, ruhig zu bleiben. Erst konzentrierte ich mich nur auf mich selbst und versuchte mich zu zwingen, nicht spucken zu müssen. Dann hob ich den Kopf und schaute in die Gesichter meine Familie. Die meisten von uns waren vornübergebeugt und sahen grün aus, aber meine Schwägerin war völlig ruhig und gelassen, als ob sie die Fahrt genoss. Ich bewunderte ihre Ruhe, doch sie machte mir auch bewusst, dass diese Fahrt auch ganz anders verlaufen könnte.
Ich dachte an eine Bibelgeschichte im Markusevangelium (siehe 4:36–41). Dort wird erzählt, dass Jesus und seine Jünger in einem Boot waren, als ein starker Wind die Wellen aufwühlte und das Boot mit Wasser füllte. Die Jünger hatten Angst. Der Untergang schien unvermeidlich. Als sie sich Jesus zuwandten, sahen sie, dass er ruhig und scheinbar gelassen schlief.
Ohne ein Wort an die Jünger stand Jesus auf und befahl dem See: „Schweig und verstumme!“ Die Situation änderte sich augenblicklich; die Wellen und der Wind legten sich. Er fragte seine Jünger: „Warum seid ihr so furchtsam?“
Für mich klingt „Schweig und verstumme“ wie ein Befehl an die Jünger und den Sturm gleichermaßen; eine Aufforderung, ruhig und gelassen zu sein. Eine der vielen Lektionen, die Jesus den Jüngern während seiner Mission gegeben hat, war, dass Gottes Liebe so groß ist, dass Gott sich von niemandem abwendet, sondern immer für jeden sorgt. Die Liebe unseres himmlischen Vaters ist allmächtig und immer gegenwärtig. „Nichts wird euch schaden“, erklärte Jesus einmal (Lukas 10:19).
Selbst in einer scheinbar hoffnungslosen Situation ist Gott – die einzige legitime Macht – am Ruder und führt und beschützt uns, Seine geistigen Söhne und Töchter, in jedem Augenblick.
Mary Baker Eddy, eine christliche Theologin, erklärte in ihrer Sammlung Vermischte Schriften 1883–1896, was es bedeutet, sich Gottes Fürsorge sicher zu sein. In einem tröstlichen Artikel mit der Überschrift „Engel“ beschreibt sie, dass Engel keine geflügelten Wesen, sondern geistige Ideen von Gott sind, die unser Denken inspirieren und erheben (siehe S. 306–307).
Diese göttlichen Ideen versichern uns der Fürsorge Gottes und inspirieren zu Heilung und Lösungen. Wie Mrs. Eddy erklärt: „... die göttliche Liebe [ist] eine immer gegenwärtige Hilfe ..., und wenn ihr wartet und niemals zweifelt, werdet ihr jeden Augenblick alles haben, was euch nottut.“ Der Artikel endet mit der Erklärung, was ein Verständnis von der Allgegenwart Gottes, der göttlichen Liebe, uns bereitstellt: „Diese holde Gewissheit ist das ‚Schweig und verstumme‘ gegen alle menschlichen Ängste, gegen Leiden jeder Art.“
Die Gelassenheit meiner Schwägerin und die Inspiration, die ich erhielt, zeigten mir, dass meine Denkweise über die Situation – das Gefühl von Hilflosigkeit und Gefahr – meine Not hervorrief. Doch ich hatte mehrmals erlebt, wie die Idee von Gott, der göttlichen Liebe, als „Hilfe in den großen Nöten“ – wie einem Sturm oder einer Herausforderung – Furcht entfernen und eine ruhige und gelassene Reaktion auf eine Situation bewirken kann.
Der Wellengang legte sich zwar nicht, doch nach und nach empfand ich mehr Frieden. Das geschah nicht mit Eigenwillen, sondern entstammte einem wachsenden Bewusstsein von Gottes Gegenwart, einer Überzeugung von Gottes Fürsorge, die mir Mut machte. Ich fing sogar an, ein paar Lieblingslieder aus dem Liederbuch der Christlichen Wissenschaft zu summen.
Die Überfahrt endete sicher und ohne Zwischenfall, und niemand in meiner Familie musste sich übergeben. Später sagte mein Bruder, dass er nicht hatte spucken müssen, weil er den Liedern zuhörte, die ich summte.
Wir können sicher sein, dass wir in Gottes machtvoller Fürsorge geborgen sind, selbst wenn wir uns von Wellen der Angst übermannt fühlen. Die Bereitschaft, Gottes geistige Ideen, die uns Seines Schutzes versichern, in unser Denken einzulassen, fördert mehr Frieden und Beweise für diesen Schutz zutage. Vielleicht finden wir sogar die friedvolle Gelassenheit, die inmitten eines Sturms auch anderen zu mehr Ruhe verhilft.
