In der Weihnachtszeit denke ich besonders gern an den Bibelvers: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem es keinen Wechsel und auch nicht den Schatten einer Veränderung gibt“ (Jakobus 1:17).
Diese Worte fassen wunderschön zusammen, was ich in der Christlichen Wissenschaft über den christlichen Geist des Gebens und Nehmens gelernt habe. Ist ein Geschenk von selbstloser Liebe inspiriert, die dem Verständnis entspringt, dass Gott die wahre Quelle alles Guten ist, dann bereitet es dem Geber und dem Empfänger Freude.
Doch nicht jedes Geschenk ist gut oder entstammt guten Motiven. Manchmal dienen Geschenke dazu, andere zu kontrollieren, und dann bereiten sie dem Empfänger keine Freude, sondern vermitteln ihm ein Gefühl von Unterdrückung.
Vor meiner Heirat fiel mir auf, dass meine zukünftige Schwiegermutter die Neigung hatte, andere zu dominieren, und sie schien beim Schenken oft einen Hintergedanken zu haben. Meine zukünftigen Schwiegereltern sagten mir beispielsweise, dass sie uns zur Hochzeit die kleine Wohnung ausstatten wollten, die mein Mann und ich beziehen würden. Sie verabredeten sich mit uns zum Möbelkauf.
Oberflächlich gesehen schien das ein großzügiges Angebot zu sein, doch statt Dankbarkeit fühlte ich, dass uns etwas aufgedrängt wurde. Ich hatte mich darauf gefreut, unser erstes gemeinsames Heim auszustatten, und fürchtete nun, dass unsere Ausdrucksfreiheit beschränkt wurde. Mir wurde angst und bange, wenn ich daran dachte, sie sehr sich mein Geschmack von dem meiner Schwiegermutter unterschied! Sie suchte immer aufwendige und ins Auge fallende Dinge aus, während ich Sachen bevorzugte, die schlicht und individuell waren.
Aus dem Wunsch heraus, Frieden statt des Aufruhrs zu fühlen, der mich erfüllte, wandte ich mich von ganzem Herzen an Gott. Mir kamen zwei Bäume in den Sinn: eine Eiche und eine Weide. Da eine Eiche nur Eichenblätter hat und die Weide nur Weidenblätter, wäre es unmöglich, dass auch nur ein Weidenblatt an einer Eiche oder ein Eichenblatt an einer Weide wächst. Die Individualität jeder Baumart ist in Naturgesetzen verwurzelt.
Dazu fiel mir ein Satz aus Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy ein: „Das göttliche Gemüt erhält alle Identitäten vom Grashalm bis zum Stern als deutlich erkennbar und ewig“ (S. 70).
Das beruhigte mich. So wie ich sicher war, dass Bäume individuell und eigenständig sind, so konnte ich darauf vertrauen, dass Gott jedem Seiner Kinder eine individuelle und eigenständige Identität verleiht. Das bedeutete, dass meine Schwiegermutter und ich der Individualität der jeweils anderen nichts aufdrängen konnten. Mir wurde voll Freude klar, dass unser individueller Ausdruck von Gottes Eigenschaften vom göttlichen Gemüt regiert wird und immer vor Störungen sicher ist.
Am darauffolgenden Tag machten wir uns auf den Weg, um das Hochzeitsgeschenk zu kaufen. Ich war ganz ruhig in dem Wissen, dass Gott alles unter Kontrolle hatte und unser aller Individualität aufrechterhielt. Als wir uns in Möbelgeschäften umsahen, verliebte ich mich in eine Sofagarnitur – und zu meiner Freude gefiel sie meiner Schwiegermutter auch. Ja, sie gefiel uns allen! Dieses Geschenk war am Ende eine sehr schöne Erfahrung.
Doch schon bald fühlte ich mich indigniert über weitere Angebote von meiner Schwiegermutter. Alle ihre Geschenke fühlten sich wie eine Einmischung in mein Leben und der Versuch an, uns zu kontrollieren.
Dann las ich eines Tages diese Anweisung in Mrs. Eddys Botschaft an die Mutterkirche für 1902: „Der Christliche Wissenschaftler hegt keinen Groll; er weiß, dass ihm das mehr schaden würde als alle Bosheit seiner Feinde“ (S. 19).
Ich musste zugeben, dass ich in der Tat Groll hegte, und das machte alles nur schlimmer. Mir wurde klar, dass ich diese negative Einstellung ablegen musste, um Freiheit zu erlangen. Doch wie?
Wieder wandte ich mich an Gott, um eine Antwort zu erhalten. Ich dachte an die Vollkommenheit von Gottes Schöpfung, die im ersten Kapitel der Bibel beschrieben wird, wo wir lesen: „Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut“ (1. Mose 1:31). Da nichts „sehr gut“ daran ist, ein Opfer oder genervt zu sein, musste ich daraus schließen, dass diese Haltung nicht wirklich zu mir als Gottes Kind gehörte, und ich betete darum, davon frei zu sein. Ich erkannte ferner, dass Gott keinen herrischen Menschen erschaffen hat, also musste ich meine Sichtweise von meiner Schwiegermutter berichtigen, um sie ebenfalls als Gottes Kind wahrzunehmen.
Ich fing an, mein Denken und Handeln zu beobachten, um sicher zu sein, dass ich nicht selbst versuchte, andere zu manipulieren oder zu kontrollieren. Ich beschloss zum Beispiel, mit jedem meiner drei kleinen Söhne einzeln einkaufen zu gehen, wenn sie neue Kleidung brauchten, und sie ihre Wahl treffen zu lassen, statt dies für sie zu tun. Es war eine wirklich schöne Erfahrung, denn jedes Kind suchte sich Kleidung aus, die zu ihm passte. Wir fühlten uns alle froh und frei! Und ich fühlte mich gesegnet, als ich von Gott geführt und regiert wurde.
Mein Ärger auf meine Schwiegermutter löste sich eines Tages auf, als sie kam, um Weihnachten mit uns zu feiern. Ich fühlte mich überwältigt, als sie schier unendliche Mengen an Geschenken vom Auto hereinbrachte – Lebensmittel füllten Kühlschrank, Regale und Backformen –, und sehr schnell waren alle meine guten Vorsätze, mein Denken im Zaum zu halten, dahin. Wieder fühlte ich mich von ihr bedrängt.
Aus tiefem Verlangen heraus, frei von jeder Unterdrückung zu sein, bat ich Gott um Inspiration. Wie ein Blitz erreichte mich die Frage: „Aus welchem Motiv macht euch deine Schwiegermutter alle diese Geschenke?“
Statt ihr ein egoistisches, kontrollierendes Motiv zuzuweisen, argumentierte ich, dass sie als der geistige Ausdruck Gottes nur von Liebe motiviert sein konnte. Gott versorgte sie mit allem Guten, einschließlich richtiger Zielsetzungen und Aktivitäten. Somit konnten ihre Geschenke nur Segen bringen. Und ich konnte deutlich erkennen, dass sie uns alle liebte und gern beschenkte.
Das war der Punkt, an dem ich erkannte, dass die mitgebrachten Gaben mir sehr viel Arbeit ersparen und es mir ermöglichen würden, die Feiertage mit der Familie zu genießen. Es war ein Augenblick der Demut. All mein Groll verflog und wurde durch Liebe und Dankbarkeit ersetzt. Wir verbrachten unbeschwerte Weihnachten, die mit Liebe und Freude erfüllt waren!
Doch ich musste noch eine weitere Lektion lernen. Statt mir Geschenke zu kaufen, fing meine Schwiegermutter irgendwann an, mir Geld zu geben, damit ich mir meine Geschenke selbst kaufen konnte – aber sie hatte eine Bedingung. „Du musst dir etwas kaufen, das dich an mich erinnert“, sagte sie immer.
„Wieso kann ich mir nicht etwas kaufen, ohne eine Bedingung erfüllen zu müssen?“, dachte ich. Als ich erneut betete, um die Wahrheit zu finden, die mich frei machen würde, beschäftigte ich mich näher mit Jakobus 1:17: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem es keinen Wechsel und auch nicht den Schatten einer Veränderung gibt.“
Jetzt erkannte ich meinen Fehler. Ich hatte die Geschenke vermenschlicht – ihnen eine menschliche Urheberin zugewiesen. Doch nun verstand ich, dass Geschenke in Wirklichkeit nicht materiell sind, sondern geistig – z.B. Liebe, Freude, Frieden, Harmonie – und dass Gott die wahre Quelle dieser Gaben ist. Da Gott gut ist, können Seine Gaben nicht mal gut und mal schlecht sein und auch „nicht den Schatten einer Veränderung“ mit sich bringen.
Tief dankbar verstand ich, dass meine Schwiegermutter nur die unvoreingenommene Güte der Liebe widerspiegeln kann, die alle unsere Bedürfnisse stillt. Ich fühlte mich so frei von der falschen Überzeugung, es mit einer Person zu tun zu haben, statt mit dem göttlichen Prinzip, das mir alles gab, was ich brauchte.
In der darauffolgenden Weihnachtszeit ging ich mit meiner Schwiegermutter einkaufen, und es ist sicher nicht verwunderlich, dass wir einen schönen, fröhlichen und einvernehmlichen Tag verlebten. Als wir an einer Teppichauktion vorbeikamen, sah ich, dass ein sehr schöner Teppich versteigert werden sollte.
„Ist der nicht wunderschön?“, fragte ich.
„Lass uns ein bisschen zuschauen“, sagte sie.
Als Nächstes hörte ich: „Verkauft an die Dame ganz hinten!“ Meine Schwiegermutter hatte mir etwas gekauft, das ich liebte. Später sagte sie mir, dass ihr ein anderer Teppich besser gefallen hatte, aber sie freute sich, dass mir dieser gefiel. Dies war eindeutig Gottes Geschenk, und ich empfand uneingeschränkte Freude daran.
Jetzt bin ich selbst Schwiegermutter, und ich habe beim Schenken Freiheit in dem Wissen gefunden, dass mein Mann und ich nicht die Quelle von Versorgung und Gutem sind. „Vollkommne Gaben gibt Er uns“, sagt ein Lied von L. L. Randall über Gott (Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 342).
Wie tröstlich ist es zu wissen, dass die Person, die etwas schenkt, nicht persönlich verantwortlich für das Gute einer anderen Person ist, noch kann sie aufgrund eines Geschenks Mangel erleiden. Da alle vollkommenen Gaben aus Gottes reichhaltiger Güte entstehen, segnen sie den Geber und den Empfänger. Und nichts kann uns davon abhalten, das zu bekommen, was uns als Gottes Kindern rechtmäßig zusteht.
