Eine Freundin von mir wurde jahrelang sexuell missbraucht. Als ich davon erfuhr, tat ich, was ich nur konnte, um ihr zu helfen. Kurz darauf war sie in Sicherheit und auf dem Weg der Besserung, und ich merkte, dass ich auch anderen Opfern helfen wollte. Also trat ich mehreren Organisationen bei, die diese Art von Missbrauch bekämpften.
Ich war von moralischer Empörung motiviert. Doch ständig empört zu sein war anstrengend, weil es die schreckliche Wirklichkeit des Bösen bestärkte, das zu beenden ich bestrebt war. Als ich mich aus ganzem Herzen im Gebet Gott zuwandte, fühlte ich, wie sich mein angsterfüllter, wütender Fokus auf Ungerechtigkeit in einen gezielten Fokus auf die erhabene Macht Gottes, die Quelle alles Guten, verwandelte. Das bewirkte eine riesige Veränderung. Ich fing an, aus selbstlosem moralischem Mut heraus zu handeln statt aus selbstgerechter moralischer Empörung.
Moralische Empörung ist eine Reaktion auf den Glauben, dass das Böse wirklich ist und Macht hat. Moralischer Mut gründet sich auf ein Verständnis, dass Gott, Wahrheit und Liebe, erhaben und allmächtig ist. Moralischer Mut und moralische Empörung können beide auf Ungerechtigkeit hinweisen und Veränderungen in Gang setzen. Doch Empörung kann sich schnell in Selbstgerechtigkeit verwandeln und hypnotisch wirken – sie eskaliert sichtbare oder subtile Ängste in eine scheinbare Macht neben Gott, anstatt uns zu befähigen, diese Ängste zu meistern. Dann wird es schwer, die mentale Grundlage zu finden, um wirksame Änderungen zu bewirken. Wütende Meinungsverschiedenheiten darüber, was richtig oder falsch ist, schaffen nur selten den nötigen Abstand.
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