Ein Freund stellte mir unlängst eine Frage über geistiges Heilen, und da erinnerte ich mich an eine Erfahrung auf einem 160-km-Lauf durch die Berge. Mein Freund erklärte, dass er seine spirituelle Praxis am Arbeitsplatz und im zwischenmenschlichen Bereich hilfreich findet, jedoch eine medizinische Behandlung bei Gesundheitsfragen einfacher empfindet, und so fragte er, wieso ich als Christlicher Wissenschaftler Heilung durch geistige Behandlung anstrebe. Das ist eine gute Frage, und als Antwort erzählte ich ihm von meiner Erfahrung auf dem Ultramarathon.
Ich hatte schon etliche Marathons (42,195 km) absolviert und liebte sie aufgrund des geistigen Wachstums, das ich unterwegs – sowohl bei der Vorbereitung als auch beim Rennen selbst – erlebte. Eine viermal so lange Strecke zurückzulegen klang fast unmöglich, aber die Idee reizte mich.
Die Herausforderungen des Lebens drängen uns oft dazu, geistig zu wachsen, und es ist auch schön, hin und wieder Aktivitäten zu wählen, die unserer Meinung nach unser Verständnis von Gott und unsere geistige Identität stärken werden, ob es um ein Kunstprojekt, ein Musikstück, Tomatenpflanzen oder einen Ultramarathon geht. Also meldete ich mich zu dem Rennen an und fing an zu trainieren.
Mein Hauptziel war, in diesem Prozess geistig zu wachsen – konkret: mehr über Heilung zu lernen. Ich wusste, dass ich gar nicht anders konnte, als eine Heilung zu erleben, wenn ich diese Distanz zurücklegen wollte, denn ich kämpfte schon seit einiger Zeit mit einer Art Läuferkrankheit. Bei vielen langen Trainingsläufen oder Rennen bekam ich Beschwerden und musste aufgeben. Ich hatte angefangen, ernsthaft dahingehend zu beten und nach geistigen Antworten zu suchen, hatte aber meine Freiheit von dem Problem noch nicht erlangt.
Auf unserer Versammlung vor dem Rennen verteilte der Leiter Tüten an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer und erklärte, dass darin ein Medikament für dieses Problem war. Ich war nicht auf den Gedanken gekommen, die Krankheit zu diagnostizieren oder mir ein Medikament dafür zu besorgen, doch nun hatte ich eine potenziell einfache Lösung für etwas, das mich ansonsten davon abhalten könnte, das Rennen abzuschließen.
Ich setzte mich hin und dachte noch einmal über meine wahren Ziele nach. Natürlich hoffte ich, das Rennen abzuschließen, doch mein wirkliches Ziel lag darin, geistig zu wachsen und bessere Erkenntnisse zu erlangen. Ich verstand, dass die Medikamente mich vielleicht bis zur Ziellinie bringen könnten, doch ich wollte nicht die Gelegenheit verpassen, meine Beziehung zu Gott klarer zu verstehen. Ich wollte erleben, wie mein Selbstverständnis als geistig, der Ausdruck des göttlichen Geistes, Freiheit von körperlichen Begrenzungen wie Krankheit nach sich ziehen konnte.
Wir lesen im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy, dass „alles Geist und alles geistig“ ist (S. 331). Ich war sicher, dass ich in diesem Rennen mehr darüber erfahren würde, was das bedeutet. Also legte ich das Medikament beiseite und ging zur Startlinie.
Ungefähr auf halber Strecke traf mich die Krankheit, mit der ich in der Vergangenheit konfrontiert worden war, mit Macht, und es hatte den Anschein, als sei das Rennen damit für mich beendet. Ich hielt kurz bei einer Etappenstation und rief eine Praktikerin der Christlichen Wissenschaft an, um sie zu bitten, mit mir zu beten. Sie versprach, meine von Gott erschaffene geistige Vollständigkeit im Gebet zu bekräftigen und darauf zu lauschen, was die göttliche Liebe über meine Gott widerspiegelnde Freiheit kommunizieren würde.
Bevor ich wieder in das Rennen einbog, dachte ich an ein paar Stellen aus der Bibel. Christus Jesus lehrte seine Nachfolger: „[Ihr] werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen“ (Johannes 8:32). Ich vertraute darauf, dass die Wahrheit meiner geistigen Vollständigkeit erfahrbar und beweisbar war, also konnte ich Freiheit von der mir aufgezwungenen Krankheit erlangen. Wir lesen in Psalm 18:33: „Gott umgürtet mich mit Kraft und macht meine Wege untadelig.“ Voll Vertrauen auf diese Verheißung fing ich an, langsam und betend weiterzulaufen in dem Bestreben, die Wirksamkeit dieser immer gegenwärtigen göttlichen Hilfe zu erkennen, meine Wege untadelig zu machen.
Einige Minuten später ließ mich die eiserne Hand der Schmerzen und des Unwohlseins zum ersten Mal seit vielen Jahren der Rennen und Läuferkrankheit los. Ich war vollständig geheilt und konnte die 160 km fröhlich abschließen.
Ein Lied begleitete mich durch die letzten Kilometer und gab mir einen letzten Impuls. Es fängt so an:
Es ist der Geist, der führt
auf Wegen unbekannt.
Das Werk ist unser, doch die Kraft,
sie liegt in Gottes Hand.
(Benjamin Beddome, Liederbuch der Christlichen Wissenschaft, Nr. 354, Übers. © CSBD)
Mir ist klar, dass ich das Rennen vielleicht auch abgeschlossen hätte, wenn ich das Medikament genommen hätte. Doch aufgrund dieses Augenblicks des geistigen Stützens auf Gott kann ich mir nun bei gesundheitlichen Problemen ganz sicher sein, dass geistiges Heilen möglich ist. Darüber hinaus hat mir diese Erfahrung noch mehr gezeigt, wie Heilung stattfindet, und ich konnte diese Lehren auf verschiedene Probleme in meinem Leben anwenden, die seitdem aufgetreten sind, besonders Situationen, in denen Probleme fest verankert oder unlösbar erschienen.
Die Wahl, geistige Heilung anzustreben, hat nichts damit zu tun, beweisen zu wollen, dass andere Methoden minderwertig sind, sondern es geht um die Liebe zum Wachstum und zur Vertiefung unseres Verständnisses, die eintreten, wenn wir bestrebt sind, das Wesen Gottes und unsere göttlich erschaffene Identität umfassender zu verstehen. Auf lange Sicht, so habe ich festgestellt, lohnt sich dieser Einsatz wirklich.
