Ich wuchs zu einer Zeit auf, als alle Geschichten von wunderschönen Prinzessinnen handelten, die ihren attraktiven Prinzen finden und dann für immer glücklich sind. Genau das erwartete ich – und wollte es unbedingt. Von der neunten Klasse an „verliebte“ ich mich immer wieder und fand dann heraus, dass die jeweilige Person sehr unschöne Eigenschaften hatte. Das blieb bis in mein zweites Studienjahr hinein so, als mir klar wurde, dass ich keine Lust hatte, die falsche Entscheidung zu treffen und auf das „immerwährende Glück“ verzichten zu müssen.
Nun nahm Christi Jesu Verheißung „Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, dann wird euch das alles zufallen“ (Matthäus 6:33) einen echten Stellenwert für mich an. Ich hatte gerade am Elementarunterricht der Christlichen Wissenschaft teilgenommen, einem zweiwöchigen Intensivkurs, in dem das Verständnis von Gott und Seiner Schöpfung, dem Menschen, wächst und man lernt, wie man auf der Grundlage dieses Verständnisses wirksam betet. Ich hatte von klein auf die Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft besucht und viele sofortige und beeindruckende Heilungen (körperlicher, finanzieller und familienbezogener Art) erlebt, also war ich daran gewöhnt, auf Gottes Macht und Allheit zu vertrauen. Doch der Elementarunterricht half mir sehr, zielgerichtet zu werden, und vermittelte mir ein tieferes Verständnis dessen, was ich täglich anwenden konnte.
Dieser Fokus auf Gott und die Beziehung des Menschen zu Ihm führte mich dazu, den menschlichen Willen, „verliebt“ und „für immer glücklich“ zu sein, aufzugeben und stattdessen mit dem Wunsch zu beten, meine eigene Vollständigkeit und meinen Ausdruck der Qualitäten zu erkennen, mit denen ich leben wollte. Zu diesen Eigenschaften gehörten Weisheit, Geduld, Sanftheit, Freundlichkeit, Kraft, Treue und Freude; sie alle sind unser Geburtsrecht als Kinder Gottes. Gottes Güte hat kein „Außen“, daher wusste ich, dass ich das Gute in meinem Leben nicht woanders suchen musste.
Ich beschloss, eine Pause bei der Partnersuche einzulegen und auch nicht über meine Zukunft nachzudenken. Stattdessen wollte ich daran arbeiten zu wissen, dass ich hier und jetzt bereits vollständig und absolut geliebt war. Das brachte mir viel Freude.
In der Zeit freundete ich mich mit einem jungen Mann an, den ich über meine Schwester kennengelernt hatte. Er war seiner Freundin, die an einem anderen College studierte, treu, daher betrachtete ich ihn als „sicher“. Er half mir beim Lernen und bei ein paar anderen Dingen, die ich damals brauchte. Ich sagte zu meiner Mutter: „Er ist unheimlich nett!“ Unsere Freundschaft wuchs, aber für mich war er nie anders als ein guter Freund. Als herauskam, dass seine langjährige Freundin mit anderen Männern ausging, beendete er die Beziehung, und ich nannte ihm die Namen mehrerer Freundinnen, die ihm vielleicht gefallen könnten.
Sie können sich bestimmt denken, wohin das führte. Eines Tages erkannte ich, dass er nicht nur der beste Freund war, den ich jemals gehabt hatte, sondern dass ich ihn liebte. Es wurde so deutlich, dass er all die Eigenschaften Gottes ausdrückte, bezüglich derer ich gebetet hatte und von denen ich erkannte, dass sie bereits in meinem Leben vorhanden waren.
Wenn man den vollkommenen Gott und somit den vollkommenen Menschen versteht (die wahre, geistige Identität eines jeden von uns), dann ist es, als würde man ein Licht einschalten. In der Dunkelheit sieht man nicht, was um einen ist; doch wenn man Licht macht, bleibt nichts verborgen. Wenn wir das Licht Gottes einlassen, sehen wir das Gute, das die ganze Zeit schon bei uns war, auch wenn wir es vorher nicht sehen konnten.
Das gilt für alle Menschen. Sie sind hier und jetzt geliebt – vollständig und dauerhaft. Ihr Leben ist von Liebe erfüllt. Sie sind immer vollständig, denn Sie sind der Ausdruck von Gottes unendlicher Allheit.
Mein Freund und ich haben geheiratet und sind seit über 45 Jahren glücklich miteinander. Und noch besser ist, dass ich ihn damals zwar sehr liebte, doch in den Jahren seitdem habe ich ihn noch mehr lieben gelernt, da ich sehen konnte, dass er als Ehemann, Vater und durch seine Arbeit weitere Eigenschaften Gottes ausdrückt.
Wir können erwarten, dass wir gesegnet werden, wenn wir zuerst nach dem Reich Gottes trachten. Wir sind als das Bild und Gleichnis von Gott, an dem „alles ... liebenswert“ ist (siehe Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 3), bereits vollständig und rein. Das bedeutet, dass alles über den Menschen liebenswert, geordnet, weise, intelligent, freudig und stark ist. Wenn wir unser Denken für die Wirklichkeit von Gottes Schöpfung öffnen und aufhören zu glauben, dass wir begrenzt sind oder Mangel leiden können, werden wir die heilende und rettende Gnade von Gottes Liebe erleben, die uns immer umgibt.
Holliday Bruegmann