Stellen Sie sich vor, Sie leben am Anfang des vierten Jahrhunderts nach Christi Jesu Himmelfahrt und sehen, wie sich dunkle Schatten formen, die ein düsteres menschliches Zeitalter einleiten, in dem das Praktizieren des Heilens im Christentum verschwindet. Was wäre, wenn Sie wüssten, dass mehr als tausend Jahre vergehen müssen, bis das Christentum Christi und die damit einhergehenden „mitfolgenden Zeichen“ (siehe Markus 16:20) wiedererscheinen? Würden Sie einfach aufgeben und meinen, dass es nutzlos und sinnlos sei, sich gegen den Strom einer solch überwältigenden nächtlichen Flut zu stemmen? Oder würden Sie alle Ihre Kräfte mobilisieren und beschließen, die Wahrheit, deren Macht Sie selbst gesehen haben, niemals zu verlassen – nicht für sich selbst und, mindestens ebenso wichtig, nicht für die vielen, denen Sie noch helfend und heilend zur Hand gehen können?
Ihre Entscheidung hätte enorme Auswirkungen, wie eine Analogie des heutigen Zeitalters verdeutlicht. Das Bemerkenswerte an der unlängst in Nordamerika zu beobachtenden Sonnenfinsternis war die Tatsache, dass selbst eine relativ geringe Menge Sonnenlicht ausreichte, um Helligkeit für uns zu schaffen. Kann jemand das Gute messen, das selbst eine geringe Anzahl an Personen für die Menschheit bewirkt, die Gottes Licht widerspiegeln?
Es mag einfach oder zumindest weniger schwer erscheinen, sich an die Wahrheit zu halten, wenn es den Anschein hat, dass sie Aufschwung in der Gesellschaft hat. Doch die Bibelgeschichten und unser Wissen dessen, was seitdem alles geschehen ist, machen deutlich, dass es für den größten Teil der Menschheitsgeschichte erforderlich war, die Sache der Wahrheit auch dann aufrechtzuerhalten, wenn ein Erfolg in absehbarer Zukunft höchst unsicher aussah. Trittbrettfahrer sind nicht erwünscht.
Wie haben sich wohl die Kinder Israel während der Knechtschaft in Ägypten vor so vielen Jahrhunderten gefühlt oder wie mögen die Propheten geklagt haben, als sie nach Babylonien verschleppt wurden? Oder wie mag die Situation kurz nach Jesu Himmelfahrt ausgesehen haben, wie oben erwähnt? Wir können der Liste vielleicht etwas aus der heutigen Zeit hinzufügen, wenn wir immer wieder Berichte über schrumpfende Kirchen und das Unbehagen in Bezug auf religiöse Organisation lesen. Kommt es uns so vor, als würde unsere Mannschaft das Spiel verlieren und die einzige Frage sein, wie wir die deprimierende restliche Halbzeit hinter uns bringen, bevor wir alle traurig und mit hängenden Köpfen vom Spielfeld gehen? Vielleicht.
Halt! Stopp! Da wir etwas von Christi Heilmacht selbst erlebt haben, wehren wir uns instinktiv – das kann doch nicht alles sein! Wenn die Geschichte etwas Nützliches an uns weitergibt, dann, wie sie uns beruhigt: „Andere vor euch haben sich den Flammen stellen müssen und sind stärker daraus hervorgegangen. Verliert nicht den Mut! Gott ist auch bei euch.“ Die Knechtschaft in Ägypten war hart und grausam, aber Befreiung traf ein. Die Feuerprobe der babylonischen Gefangenschaft war eine große Belastung und demütigend, aber beachtliche Beweise von Gottes Macht waren selbst dort zu sehen – in der Löwengrube und im Feuerofen. Die physische Form von Jesus verließ seine Jünger, doch er versicherte uns, dass sein geistiges Selbst, der Christus, alle Tage bis an das Ende der Welt bei uns ist (siehe Matthäus 28:20) – und die Wahrheit dieser Versicherung zeigte sich ihnen durch ihre Heilarbeit und gilt auch für uns heute weiter.
Wenn das unwahrscheinlich aussieht und das Licht der Hoffnung sehr weit entfernt am anderen Ende eines sehr langen Tunnels zu sein scheint, denken Sie daran, was jede Heilung aussagt, die wir erleben. Jede ist ein Wegweiser, ein Hinweisschild, das sagt: „Selbst wenn sich die Meere erheben und die Erde schmilzt, weißt du, dass das wahr ist.“ Heilung hinterlässt etwas Dauerhaftes in uns. Erkennt man Gottes Gegenwart, dann ist sie etwas, wovor man nicht weglaufen und das man auch nicht ignorieren kann. Sie ist höchst unangenehm für alle, die vor ihr fliehen wollen, um zu den angeblich saftigeren Weiden des Materialismus zu gelangen. Denn so sehr wir die stille, sanfte Stimme auch ignorieren wollen, sie rettet uns aus dem Zweifel, den jeder Tumult in uns weckt, und sagt: „Aber du weißt doch, dass es wahr ist; du hast es mit eigenen Augen gesehen.“
(Und wenn wir diese Art von Heilung noch nicht selbst erfahren haben, können wir sicher sein, dass das, was so viele erlebt haben, für alle verfügbar ist.)
Das sterbliche Gemüt würde uns das alles vergessen machen, wenn es das könnte – vergessen, dass Heilung stattgefunden hat, oder zumindest infrage stellen, ob das, was sich wie etwas sehr Großes anfühlte, wirklich so groß war. Wir sollen vergessen, dass wir Gottes Macht bereits erlebt haben und für immer verpflichtet sind, sie zu demonstrieren. Das muss zumindest teilweise der Grund dafür sein, dass wir eine Satzungsbestimmung haben, die folgendermaßen endet: „Es ist die Pflicht eines jeden Mitglieds dieser Kirche, sich täglich gegen aggressive mentale Suggestion zu verteidigen und sich nicht dazu verleiten zu lassen, seine Pflicht gegenüber Gott, gegenüber seiner Führerin und gegenüber der Menschheit zu vergessen oder zu vernachlässigen“ (Mary Baker Eddy, Handbuch der Mutterkirche, S. 42).
Heilen – uns und andere – erfüllt unsere Pflicht Gott gegenüber, indem es Ihn verherrlicht und Seine weiterhin gegenwärtige Macht verdeutlicht; es erfüllt unsere Pflicht unserer Führerin gegenüber, indem es beweist, dass sie die Wahrheit gesagt hat und von Gott aufgerufen war, die Menschheit zum Verständnis von Christi vollumfänglicher Offenbarung zu führen; und es erfüllt unsere Pflicht gegenüber der Menschheit, indem es das Leben von Personen wiederherstellt und unwiderlegbare Beweise dafür erbringt, dass der Tröster hier ist und alle anspricht.
Das Deckblatt des Christian Science Sentinels, einer Schwesterzeitschrift des Herolds, enthielt viele Jahre lang die englischen Worte aus einem Gedicht:
Heroisch steht ein Frauenbild
im hellsten Sonnenlichte,
verklärt von Geisteshoheit mild,
in deiner Großgeschichte!
In diesen vielsagenden Worten des Dichters Longfellow, die auf Mrs. Eddys Wunsch an einer Stelle abgedruckt wurden, wo sie nicht in Vergessenheit geraten konnten, zeigen, dass das volle Erscheinen der Wahrheit hier und jetzt Wirklichkeit wird.
Das heroische Licht der Wahrheit scheint hell und unauslöschlich. Doch es muss demonstriert werden und kann es auch, da die heilende Wissenschaft des Christus „bereits gekommen [ist], so wie Gott es bestimmt hat“ (Mary Baker Eddy, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 131). Ja, diese Wissenschaft war die ganze Zeit hier.
Wenn jemand dahingehend Zuversicht braucht, reicht es, eines der bewegenden Heilungszeugnisse im Herold, Christian Science Journal oder Christian Science Sentinel zu lesen – Heilungen, die Gottes Macht über Probleme in allen Bereichen der menschlichen Existenz verdeutlichen. In den seit über 140 Jahren bestehenden Zeitschriften der Christlichen Wissenschaft sind wundervolle Heilungen enthalten, zu viele und zu überzeugende, um sie als rein anekdotisch zu bezeichnen!
Selbst wenn die ganze Welt die wahre Idee von Gott, unserer Führerin und unserer Pflicht der Menschheit gegenüber vergessen und vernachlässigen sollte – wir können das nicht. Mrs. Eddy schrieb: „Bisher habe ich beobachtet, dass, soweit sich diese Kirche Seiner ‚Geringsten‘ annahm, Er sie segnete“ (Vermischte Schriften 1883–1896, S. 127). Und wer sind Seine „Geringsten“? Christus Jesus sagt es uns: Gottes Propheten und all die Gerechten, kleine Kinder und die kindlichen Menschen, die ihm glauben, die verlorenen Schafe, die der Hirte rettet – in Wirklichkeit alle Kinder Gottes (siehe Matthäus 10:41, 42; 18:1–14).
Mrs. Eddy schrieb interessanterweise ein andermal: „Die göttliche Hand führte mich in eine neue Welt des Lichts und des Lebens, in ein neues Universum – alt für Gott, aber neu für Seiner ‚Geringen‘ einen“ (Rückblick und Einblick, S. 27–28). Vielleicht kann man auch sagen, dass in dem Maße, wie diese Kirche „Seiner ‚Geringen‘ einen“ gutheißt, Gott diese Kirche segnen wird. Wie die Kinder Israel die göttliche Berufung von Mose gutheißen und seiner gottgegebenen Führung folgen mussten, damit sie ihren Weg aus der Wüste heraus finden konnten, so müssen wir heute diese „Geringe“ gutheißen, die den klaren Weg aufgezeigt hat, und dann diesem Weg folgen.
Es kann keinen besseren Zeitpunkt als jetzt geben, um das zu tun, denn der Bedarf ist weltweit so groß. Wenn wir heilende Beweise dafür erbringen, dass die tägliche Flut der göttlichen Wissenschaft, die durch „Seine Geringe“ in Gang gesetzt wurde, nicht aufzuhalten ist, erhalten wir diese Offenbarung in unserem eigenen Leben und somit auf der Welt aufrecht. Dann bieten wir denen, die sich trostlos fühlen, Hoffnung und Trost und waschen den Hass der Welt durch herzbereinigende Liebe rein. Kann jemand, der auch nur im Entferntesten weiß, wie nötig das ist, sich über diesen Zweck wundern? Wer ist trotz der zu erbringenden Opfer bereit, sein Leben dieser Sache zu widmen?
Er stieß in die Trompete,
die zum Rückzug niemals ruft,
nun richtet Er die Herzen,
die erweckt’ Er aus der Gruft. –
So eile, meine Seele,
heb’ dich jubelnd in die Luft, –
unser Gott schreitet voran.
(Julia Ward Howe, „Die Schlachthymne der Republik“)
