Einsamkeit. Der Verlust der Verbindung zu anderen. Diese Probleme werden immer wieder als globale Krise bezeichnet, die alle Bevölkerungsschichten und Kulturen betrifft. Clayton Collins, ein Journalist für den Christian Science Monitor, sagte in einem Monitor-Podcast: „Die Pandemie hat die Isolation einige Jahre lang noch verstärkt. Einsamkeit wird weiterhin als Epidemie bezeichnet. Und die Technik hat den Rückzug aus der Gemeinschaft des wirklichen Lebens noch weiter beschleunigt. Künstliche Intelligenz als Gefährtin wird heute immer wieder in Erwägung gezogen“ („Encore: The Power of Porches“ [Zugabe: Treffpunkt Veranda], 4. Oktober 2024).
Die meisten sind sich einig, dass dieser Kampf mental ist. Wollen wir ihn gewinnen, dann müssen wir umdenken, und hier stellt die Christliche Wissenschaft eine frische, geistige Perspektive bereit. Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Liebe ist der Befreier“ (S. 225). Sie spricht hier nicht von einer Liebe zwischen einzelnen Personen, sondern von dem immer-gegenwärtigen Gott, der Liebe ist. Das universale, immer aktive Gesetz der Liebe zu verstehen, kann uns von einer begrenzten, materiellen Vorstellung von Leben und Liebe befreien. Nicht nur wird unser Leben bereichert, wenn wir uns geliebt fühlen, sondern wir können auch mehr Wege erkennen, anderen – allen anderen – gegenüber Liebe zum Ausdruck zu bringen.
Eine Bedeutung des Wortes Gefährte ist: „Person, die einer anderen Person durch Zuneigung oder Schicksal verbunden ist“ (Wiktionary.org), und Christus Jesus war ein gutes Beispiel dafür, Gott durch Zuneigung verbunden zu sein. Ob in einem Schiff, auf einem Berg oder am Ufer eines Sees, er stützte sich auf Gott, bat Gott um Führung und ließ sich von der göttlichen Liebe beistehen und geborgen halten. Wo immer er war, befand sich auch Liebe. Wenn etwas zu tun war, arbeitete Gott mit ihm. Wenn eine Heilung vonnöten war, erkannte er Gott als die immer-gegenwärtige heilende Macht an. Jesus sagte über diese Nähe: „Ich bin nicht allein, denn der Vater ist bei mir“ (Johannes 16:32). Ja, er sagte sogar: „Ich und der Vater sind eins“ (Johannes 10:30). Dieselbe ewige Wahrheit, die Jesus exemplifizierte – der Christus –, ist heute in unserem Bewusstsein aktiv, um uns darauf aufmerksam zu machen, dass die göttliche Liebe hier und jetzt bei uns ist und dass wir diese Liebe als Gottes Ebenbild, Seine geistige Schöpfung, widerspiegeln.
Einige Jahre, nachdem mein Mann gestorben war, kam es mir vor, als würde ich den Kampf gegen die Einsamkeit verlieren, und so drang ich tief in Mrs. Eddys Schriften und das ein, was sie über Jesu Einheit mit der göttlichen Liebe zu sagen hat. Mir wurde klar, dass eine engere – eine stündliche, gelebte – Verbindung mit Gott jeden Menschen aus großer Einsamkeit befreien kann. Wir lesen in Wissenschaft und Gesundheit: „Lasst uns loskommen von dem Glauben, dass der Mensch von Gott getrennt sei, und lasst uns nur dem göttlichen Prinzip, dem göttlichen Leben und der göttlichen Liebe gehorchen. Das ist der große Ausgangspunkt für jedes wahre geistige Wachstum“ (S. 91). Es war an der Zeit darauf zu bestehen, dass weder ich noch sonst jemand von Liebe getrennt ist. Liebe war immer-gegenwärtig bei Jesus und ist es auch heute bei jedem Menschen.
Wie können wir das erleben? Für mich ist es hilfreich, die Wirklichkeit der Gegenwart der Liebe zu erkennen, wenn ich jeden Morgen beim Aufwachen sage: „Hallo, Gott!“ Wir können den ganzen Tag über unsere geistige Antenne ausfahren, um zu erkennen, auf welch vielfältige Weise wir Gottes Güte bereits erleben. Und bevor wir abends das Licht ausmachen, können wir an Seine Segnungen des Tages zurückdenken und uns bei Gott für jede, auch die kleinste, bedanken. Dann fangen wir an zu verstehen, dass wir keine kleinen Sterblichen „hier“ sind, während Gott irgendwo „dort drüben“ ist. Wir sind eins mit Gott, dem göttlichen Gemüt, denn jeder Mensch ist Seine Idee. Eine Idee ist von dem Gemüt, das sie konzipiert hat, nicht zu trennen.
Wenn sich deprimierende Gedanken einschleichen wollen, können wir an einem geistigen Wahrheitsgedanken festhalten, so wie ein Kind einen Teddy an sich drückt. Ein Kirchenlied kann helfen, unsere Überzeugung zu kräftigen, und Trost bringen. Lied Nr. 139 im Liederbuch der Christlichen Wissenschaft fängt zum Beispiel folgendermaßen an:
Mit Liebe geh’ ich meinen Weg,
und oh, es ist ein heil’ger Tag;
ich fühle Gottes Gegenwart,
bin nicht mehr müde, bang und zag.
(Minny M. H. Ayers, Adapt. und Übers. © CSBD)
Ist das nur eine Denkübung? Nein. Wir stärken dabei unser Vertrauen, dass die Fürsorge der göttlichen Liebe wirklich bei uns vorhanden ist. Es macht einen großen Unterschied aus, ob man Gott abstrakt sieht, als jemanden, der „dort drüben“ ist, oder ob man mit Gott als unserem göttlichen Schöpfer lebt, der immer unmittelbar bei uns ist – wenn man wirklich fühlt, dass wir Seine geliebten geistigen Nachkommen, Sein geliebter Ausdruck, sind. Damit erleben wir wahren Trost und anhaltende Freude, die weit über das hinausgehen, was gar unsere liebsten Menschen uns geben können, die in unser Leben treten und es dann möglicherweise wieder verlassen.
Diese geistige Perspektive half mir bei meinem Kampf, und das Gefühl von Einsamkeit verschwand schließlich. Es ergaben sich neue Beziehungen und neue Möglichkeiten in meinem Leben, Liebe zu zeigen und zu empfangen. Das war ein einzelner Sieg, aber einer, der in jeder Größenordnung erlangt werden kann, also auch in Gemeinschaften oder Ländern, die sich isoliert oder von ihren Nachbarn im Stich gelassen fühlen.
Wir können sicher sein, dass die göttliche Liebe direkt bei uns und nicht zu übersehen ist, wenn wir uns jemals in einer Situation befinden, in der wir uns alleingelassen fühlen. Die Liebe verlässt uns niemals. Gottes sanfte Gegenwart inspiriert uns mit frischen Gedanken, die uns helfen, Einsamkeit zu überwinden. Es mag keine enge körperliche Anwesenheit sein, doch wir wissen, dass wir definitiv fühlen können, wie sich die Trübsal der Einsamkeit auflöst und jede Leere sich mit Licht und Liebe füllt, wenn wir Gottes Gegenwart in unserem Denken und Herzen wahrnehmen. Der sanfte Friede und die Wärme der Liebe sind nicht nur da, wenn wir darum bitten, sondern wir können sie immer erkennen und spüren.
Jan Keeler Vincent
auf Einladung der Redaktion
