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Original im Internet

Sanftmut ist nicht Schwäche

Aus dem Herold der Christlichen Wissenschaft. Online veröffentlicht am 4. August 2025


Früher sah ich keinen Sinn darin, dieser Aufforderung in Jesu Bergpredigt zu gehorchen (Matthäus 5:38, 39): „Ihr habt gehört, dass gesagt wurde: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Ich aber sage euch, dass ihr dem Bösen nicht widerstreben sollt; sondern, wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem halte auch die andere hin.“ Mir war klar, dass das, was Jesus dort beschrieb, die Qualität von Sanftmut war.

Manche Menschen verstehen Sanftmut als Mangel an Mut – als Schwäche und Unterwürfigkeit. Und ein Synonym für Unterwürfigkeit ist Kriecherei.

Das wollte ich definitiv nicht verkörpern. Also beschloss ich, näher zu erforschen, was genau die Bibel und die Christliche Wissenschaft über Sanftmut zu sagen haben.

Die Seligpreisungen gehören ebenfalls zur Bergpredigt von Jesus, und eine davon ist: „Glückselig sind die Sanftmütigen; denn sie werden die Erde besitzen“ (Matthäus 5:5). Ein Bibelkommentar erklärt, diese Worte seien „eine Prophezeiung, dass Sanftmut sich als größere Macht in der Welt erweisen wird als Hochmut“, und fügt hinzu: „Sanftmut ist unwiderstehlich anziehend und übt einen größeren geistigen Einfluss aus als jede andere Art von Charakter“ (siehe J.R. Dummelow, Hrsg., A Commentary on the Holy Bible [Die Heilige Schrift kommentiert], S. 640). In der Einführung zur Betrachtung der Seligpreisungen in diesem Buch (siehe S. 639) deutet ein Beitrag an, dass glückselig bedeutet, unabhängig von dem, was sich auf der Welt zuträgt, freudig zu sein, einfach aufgrund des Verständnisses der eigenen Beziehung zu Gott.

Überrascht schloss ich daraus, dass mein Glück und Wohlbefinden erfordern, menschlichen Hochmut aufzugeben und Sanftmut zum Ausdruck zu bringen. Früher hatte ich gedacht, mit Sanftmut auf eine Ohrfeige zu reagieren, statt sich zu wehren bedeutet, Unterwerfung und Schande hinzunehmen. Jetzt verstand ich, dass eine handgreifliche Reaktion das Denken in einer Vorstellung von einer materiellen Existenz verankern würde. Mit dieser Einstellung würde die heilende Botschaft des Christus schwieriger zu erkennen sein und das Böse fortsetzen, statt es zu überwinden.

Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift (S. 444) darüber, auch die andere Wange hinzuhalten: „‚Wenn dich jemand auf deine rechte Backe schlägt, dem halte auch die andere hin.‘ Das heißt, fürchte nicht, dass er dich für deine Geduld wieder schlagen wird.“ Geduld beinhaltet Selbstkontrolle und Selbstbeherrschung. Das Wort kann auch bedeuten, bei einer Provokation tolerant zu reagieren und zu verzeihen. Das sind starke Eigenschaften, göttliche Qualitäten, die man häufiger und klarer zum Ausdruck zu bringen bestrebt sein sollte. Mrs. Eddy schreibt (ebd., S. 28–29): „Es gibt zu viel tierischen Mut und nicht genug moralischen Mut in der Gesellschaft.“ Ich fing an zu verstehen, dass Sanftmut Langmütigkeit näher ist als Schwäche. 

Christusgleiche Inspiration führt zu Glück, Harmonie und Wohlbefinden in unserem Leben. Dies geistig wahrzunehmen liegt an uns. Wenn Umstände, Eigenschaften oder Gefühle bewirken, dass wir Emotionen wie Wut, Hochmut oder Ressentiments zulassen, haben wir immer die Freiheit zu entscheiden, ob wir geistig reagieren oder diesen Emotionen freien Lauf lassen.

Jesus hielt sein Denken beständig auf göttliche, geistige Wahrnehmung gerichtet, statt negativen Gefühlen nachzugeben. Diese beständige Ausrichtung auf die wahre, geistige Idee vom Sein gestattete es ihm, augenblickliche Heilungen zu vollbringen. Es war kein Zufall, dass Jesus die ewige Vollkommenheit Gottes, des Geistes, und der Schöpfung des Geistes demonstrieren konnte. Es war das Ergebnis, sich immer wieder für das Wissen zu entscheiden, dass er und alle anderen als geistiger Ausdruck des einen all-liebenden und allmächtigen Gottes unmöglich in irgendeiner Form Schaden erleiden konnten – dass sie immun gegen das waren, was die körperlichen Sinne fälschlicherweise berichten.

Als die Römischen Soldaten Jesus demütigten, geißelten und kreuzigten, mag er versucht gewesen sein, Selbstmitleid, Angst, Wut oder Scham zu empfinden. Doch statt dem nachzugeben, brachte er Barmherzigkeit zum Ausdruck und betete am Kreuz für seine Feinde (Lukas 23:34): „Vater, vergib ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun!“ Das war wahre Sanftmut und ebnete den Weg für Jesu Auferstehung und Himmelfahrt.

Sanftmut hält das Denken auf das gerichtet, was Gott weiß, statt auf das, was das sterbliche Gemüt – eine vorgebliche, Gott entgegengesetzte Mentalität – sich ausdenkt. Diese Ausrichtung sorgt dafür, dass wir nicht getäuscht werden und es auch nicht werden können, egal wie aggressiv die Umstände oder Symptome auf uns eindringen. Wird das Denken auf das gerichtet, was Gott weiß – die vollständige Güte Seiner Schöpfung –, dann kann man ihm nicht weismachen, dass Leiden wirklich ist. Dieses klare Wissen bewirkt Harmonie in unserem Erleben, und genau darin liegt die Stärke der Sanftmut.

Ich bin kürzlich ein wenig zu schnell rückwärts aus meiner Garage gefahren. Ein Blick in den Rückspiegel ergab, dass ein Mann direkt hinter meinem Auto mitten auf der Straße mit seinem Hund vorbeiging. Ich trat auf die Bremse und kam etwa eineinhalb Meter von dem Mann und seinem Hund zum Stehen. Dieser Beinahe-Unfall hatte den Mann wütend gemacht, und er schleuderte etwas gegen das Auto, das hörbar aufprallte.

Ich stieg aus, um zu sehen, ob eine Beule entstanden war. Er hatte eine beim Spaziergang gefüllte Tüte mit Hundekot gegen das Auto geworfen, die beim Aufprall geplatzt war und die Autotür beschmutzt hatte.

Der Mann nahm eine defensive Stellung ein und sah kampfbereit aus. Ich hielt kurz inne und dachte an das, was ich gerade darüber gelesen hatte, die andere Wange hinzuhalten. Mir kam die Christus-Botschaft in den Sinn, dass wir beide der Ausdruck des vollkommenen Gemüts, Gottes, waren und ich somit dem Mann weder Schaden zufügen noch ihn ängstigen konnte, und er konnte ebenso wenig wütend auf mich sein noch mir etwas antun wollen. Ich beschloss, von diesem geistigen Standpunkt aus zu reagieren.

Ich bat den Mann um Entschuldigung. Ich fragte ihn nach seinem Hund, erzählte ihm von meinem und bemerkte, dass wir uns wahrscheinlich irgendwann auf unseren Hundespaziergängen begegnen würden. Wir stellten uns einander vor, und dann fragte er mich, ob ich Hilfe beim Reinigen der Autotür wollte. Ich sagte, das sei keine große Sache. Er setzte seinen Weg fort und ich reinigte die Stelle am Auto. Ich war sehr glücklich mit meiner geistigen Reaktion. Sie führte weder zu Scham noch zu Schande. In früheren Jahren hätte ich mich gewehrt und es dann hinterher bereut.

Durch diese Erfahrung habe ich Sanftmut für mich selbst als Überwindung der Versuchung definiert, mit Hochmut, Angst, Ressentiments usw. auf etwas einzugehen. Wenn ich geneigt bin, gedankenlos zu reagieren, frage ich mich jetzt: „An welchem Punkt ist der materielle Umstand oder die materielle Empfindung stark genug, solch einer Emotion nachzugeben?“ Und ich hoffe, dass ich selbst nach einem Faustschlag den moralischen Mut haben würde, die andere Wange hinzuhalten. Ich weiß, dass ich gesegnet würde, wenn ich das täte.

Das bedeutet nicht, dass wir eine Untat, die gegen uns verübt wird, einfach hinnehmen. Vielmehr müssen wir verstehen, dass wir jede Suggestion, wir seien in Gefahr und müssten eine defensive oder aggressive Haltung einnehmen, zurückweisen können, da wir alle von Natur aus Gottes Unverwundbarkeit und Güte zum Ausdruck bringen. Wir können dankbar sein, dass in der göttlichen Wirklichkeit alles genau so ist, wie es sein sollte – unveränderlich harmonisch. Das ist die Sanftmut, die weder getäuscht wird noch getäuscht werden kann.

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