Wie konnte der junge Mann so in die Irre gehen? Nachdem er vorzeitig von seinem Vater sein Erbe gefordert hatte, kehrte er seinem Zuhause den Rücken und verprasste das Geld für egozentrische Genüsse. In Jesu Gleichnis (siehe Lukas 15:11–32) hatte dieser verlorene Sohn, der sich verhielt, als sei sein Vater nicht mehr am Leben, sein Erbe schnell aufgebraucht und war nun mittellos.
Doch war er das wirklich? Der Sohn machte sich demütig auf den Heimweg, und als er ankam, nahm sein Vater ihn sofort wieder auf, brachte ihm die schönsten Kleider, schenkte ihm einen wertvollen Ring und feierte die Rückkehr mit einem Fest.
Diese neutestamentarische Erzählung hält für uns alle eine gute Nachricht bereit. So fehlgeleitet unser Verhalten oder unsere Einstellung auch sein mag, wir können uns immer unserem Vater-Mutter-Gott zuwenden und erleben, wie Er uns ausschließlich wahrhaft Gutes gibt. Das Gleichnis zeigt uns, dass wir als Gottes Kind, Sein geistiges Ebenbild, alle ein Erbe haben, das weder verprasst noch aufgebraucht werden kann, da es keine feststehende, materielle Menge von etwas ist. Es ist das unendliche Gute, das seinen Ursprung in Gott, Geist, hat und für alle Zeit verfügbar ist.
Die Geschichte des verlorenen Sohnes verdeutlicht außerdem, dass sich Gott zuzuwenden bedeutet, sich von den täuschenden Reizen der Materie abzuwenden, um alles zu erlangen, was wahrhaftig und dauerhaft gut und nur in Gott zu finden ist. Wie die Bibel erklärt: „Jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk kommt von oben herab, von dem Vater der Lichter, bei dem es keinen Wechsel und auch nicht den Schatten einer Veränderung gibt“ (Jakobus 1:17).
Die Substanz dieser guten und vollkommenen Gaben ist geistig und nicht physisch – Gedanken von Gott, die das Gegenteil von egozentrischem Schwelgen sind. Sie sind ein Schatz göttlicher Eigenschaften, die uns segnen und befähigen, ein Segen zu sein. Sie schließen das heilende Bewusstsein des Wesens und Charakters Gottes ein – die Allheit der Wahrheit, die nie versiegende Energie des Geistes, die immer frische Inspiration des unendlichen Gemüts, die reine Liebe, die wir als Gottes Ebenbild in uns haben und widerspiegeln.
Das ist das wahrhaftig befriedigende Gute, das unser Vater-Mutter-Gott allen beständig verleiht. Wenn wir unser Denken und Verhalten an Gott ausrichten, erweitert sich unser Verständnis unseres Lebenszwecks und auch von dem, was Frieden, Freude und Liebe sind. Mary Baker Eddy erklärt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Um wahrhaft glücklich zu sein, muss der Mensch mit seinem Prinzip, der göttlichen Liebe, harmonieren; der Sohn muss im Einklang mit dem Vater sein, in Übereinstimmung mit Christus“ (S. 337).
In Übereinstimmung mit Christus und in Harmonie mit Gott zu sein bedeutet, uns selbst gegenüber zuzugeben, dass eine rein geistige Tochter- und Sohnschaft, die so gegensätzlich zu den Weltlichkeiten eines angeblich materiellen Daseins ist, unsere wahre Identität ausmacht. In dem Maße, wie wir diese rein geistige Identität akzeptieren und zum Ausdruck bringen, öffnet sich unser Herz für die Fülle unseres immer gegenwärtigen Erbes als Gottes Kind. Dazu gehört nicht nur, „wahrhaft glücklich zu sein“, sondern auch Gesundheit, wie Jesus so meisterhaft bewiesen hat. Sein Christus-Heilen war umfassend und schloss auch einen Mann ein, dessen Blindheit Überlegungen dazu auslöste, wie es zu diesem Zustand gekommen sein mochte (siehe Johannes 9:1–7). Gemäß der damaligen Überzeugung waren Krankheit und Behinderung auf Sünde zurückzuführen. Waren also die Sünden seiner Eltern schuld, oder hatte er gesündigt?
In einer Antwort, die durch alle Zeitalter tönt, zeigte uns Jesus, dass wir uns vom Zeugnis der materiellen Sinne fort- und zu Geist und dessen Beweisen hinwenden müssen, um zu heilen. Er sagte: „Weder er noch seine Eltern haben gesündigt, sondern an ihm sollten die Taten Gottes sichtbar werden.“ Man könnte es eine Geschichte von zwei Erbschaften nennen. Hatte der Mann Sterblichkeit und Begrenzung geerbt, die einem rein körperlichen Leben innewohnen? Oder war er der dauerhafte Erbe des göttlich Guten direkt von Gott?
Für Jesus war es eindeutig letzteres – ein von G ott erschaffener Mensch, der Gottes eigenes Wesen als Geist wiedergeben sollte, und dieses Wesen schließt keine Begrenzung in sich. Da Jesus Gottes Schöpfung losgelöst von dem sah, was sich körperlich zeigte, richtete er den Lichtstrahl dieses Verständnisses auf die ewig vollständige geistige Identität des Mannes, und die Blindheit wurde geheilt.
Wir können in unserem Alltag die Dinge, mit denen wir konfrontiert werden, auf ähnliche Weise betrachten und uns fragen: „Stellt das mein ständig neues Erbe des All-Guten von Gott unter Beweis oder leugnet es das?“
Wenn Letzteres der Fall ist, können wir uns in überzeugtem und, wenn nötig, hartnäckigem Gebet dazu erheben, diese Behauptung zurückzuweisen. Wir können von Gott nur Gutes erben. Ob sich das Problem als erblich bedingte Krankheit zeigt oder als Karriere, die durch Entscheidungen anderer behindert wird – oder als ein sonstiger belastender Zustand oder Umstand –, wir können uns im Denken von der Situation abwenden, um unseren Vater-Mutter-Gott wahrzunehmen, der allen Seinen Kindern unvoreingenommen und ständig alles Gute gibt. Wenn wir das als wahr über uns selbst demonstrieren, beweisen wir gleichzeitig, dass es auch für andere wahr ist, denn das schöne Erbe (siehe Psalm 16:6), das Gott uns gibt, gehört allen zu gleichen Teilen.
Was Geist betrifft, so müssen wir nicht auf das Erbe warten, das der „Vater der Lichter“ uns Augenblick für Augenblick freimütig gibt. Allerdings ist göttlich geerbtes Gutes geistiges Gutes. Wir finden – und verlieren – es nicht in bzw. durch Zügellosigkeit.
Unser Erbe von Gott ist für alle Zeit intakt. Wir erkennen dies in dem Maße, wie wir zu dem zurückkehren, was immer bereitsteht – Christi Bewusstsein von Gottes Liebe – und wie wir diese Liebe dadurch widerspiegeln, dass wir anderen helfen und sie heilen.
Tony Lobl
Stellvertretender Chefredakteur
