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Über den Glauben an die Materie.

Aus der August 1907-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Nichts wird hinsichtlich der Christian Science häufiger mißverstanden als ihre Stellung zu der Erscheinung dessen, was die materielle Schöpfung genannt wird. Die nackte Behauptung von der Unwirklichkeit der Materie könnte Bestürzung bei einigen Leuten hervorrufen, die sich nach der Christian Science erkundigen, obwohl die Voraussetzung, aus der diese Schlußfolgerung in logischer Weise gezogen wird, — nämlich daß Gott, Geist, unendlich ist, gewöhnlich von ihnen angenommen wird. Da sie die Logik dieser Folgerung nicht durchdacht haben, ziehen sie seltsame Schlüsse, die in gar keiner Beziehung mit der Lehre der Christian Science stehen. Da sie die Voraussetzung, von der die Christian Science ausgeht, zugeben, wären sie sehr gut im Stande, dasjenige mit Nachdenken zu analisieren, was logisch daraus gefolgert werden kann. Weil die Schlußfolgerung der Christian Science richtig gezogen ist, muß der Fehler, wenn ein Fehler vorhanden ist, in der Voraussetzung liegen — einer Voraussetzung, die, wie wir bedenken müssen, nicht der Christian Science allein eigen ist, sondern die allgemein von andern christlichen Kirchen und vor deren Bestehen vom jüdischen Volk angenommen worden ist.

Anzunehmen, daß, weil es wissenschaftlich gesprochen, keine Materie gibt, der Mensch keinen Körper habe, oder daß es keine Bäume, keine Blumen, keine Sterne, kein Meer, keinen Himmel oder irgend welche andere Dinge gäbe, die die Erscheinung des Weltalls bilden, heißt über die Lehre der Christian Science etwas annehmen, was ihr durchaus fremd ist und was kein Christian Scientist glaubt. Wenn die Christian Science das Nichts der Materie behauptet, nimmt sie nicht, bildlich gesprochen, einen Schwamm und wischt die Tafel des Weltalls damit ab, dort nur eine Leere lassend, wo vorher die lieblichen Formen der Natur gewesen sind, und die Schwierigkeit diesen Punkt zu erfassen, liegt in der geistigen Erziehung oder in der Art des Denkens eines jeden. Dem Denken, welches sich nichts als substantiell vorstellt, außer das, was materiell ist, scheint die Annahme, daß es gar keine Materie gibt, die unmittelbaren Grundfesten des Weltalls fortzunehmen und die Schöpfung ins Chaos zu versenken, während tatsächlich die Lehre der Christian Science, die Harmonie, den Bestand, und die Fortdauer des wirklichen Seins offenbart, dessen Erkenntnis dem Forschen des Materialisten immer verborgen blieb.

Die Behauptung, daß Materie unwirklich ist, weil Gott Geist ist und alles Sein ausmacht, steht im Einklang mit der Behauptung, daß Dunkelheit unwirklich ist, weil Gott Licht ist. Und doch wird gewöhnlich angenommen, daß Dunkelheit durchaus unwirklich ist, daß sie eher den Mangel von etwas darstellt, als dessen Vorhandensein, daß sie eine schattenhafte Erscheinung ist ohne Festigkeit oder Greifbarkeit, die je nach ihrer Dichtigkeit mehr oder weniger der normalen Wahrnehmung der Dinge Eintrag tat. Für den materiellen Gesichtssinn ist Dunkelheit gerade so wirklich wie andere Kundgebungen der Materie für den materiellen Tastsinn, wenn daher diese Sinne gleich zuverlässig und vertrauenswürdig sind, so sind die Zustünde, die durch sie erkannt werden gleich wahr oder unwahr.

Materielle Dunkelheit, das allgemein angenommene Bild für geistiges Nichterleuchtetsein, ist wirklich ein Zustand materieller Unwissenheit, mit der die Tatsachen oder Beziehungen der Dinge zu einander nur schwach wahrgenommen werden. Kann nicht in derselben Weise die Materie selbst ein Zustand der Unwissenheit über die Wirklichkeit genannt werden, ein mentaler Schatten, durch den die wirklichen Dinge der Schöpfung nur schwach erkannt oder begriffen werden? In andern Worten stellt nicht die Materie die Unwissenheit der Sterblichen dar über das Dasein des Geistes als unendlichen Schöpfer und über Seine Werke und Ideen als geistig geoffenbart und daher in geistiger Weise substantiell und wahrnehmbar?

Dies wird klar an dem sterblichen Menschen selbst erkannt. So wie bei Licht und Dunkelheit der Grad in dem das eine da ist in Übereinstimmung steht mit dem Grade in dem das andere nicht da ist, so ist in dem menschlichen Bewußtsein das Vorhandensein und die Herrschaft des materiellen oder geistigen Begriffs des Seins übereinstimmend mit dem Nichtvorhandensein des andern. Die Folgen dieser entgegengesetzten Zustände des Denkens werden in der Heiligen Schrift als die Früchte des Fleisches und die Früchte des Geistes geschildert, Zustände, die nicht gleichzeitig bei derselben Persönlichkeit vorhanden sein können. Gott ist von dem einen dieser Zustände des Bewußtseins die Ursache, und daher kann der andere nur ein auf Vermutung beruhendes Dasein haben.

Dunkelheit übt keine Wirkung auf Licht aus und die scheinbare Verdunklung desselben, die für den menschlichen Sinn eintritt, entsteht aus dem Scheiden des Lichts, nicht durch Vertreibung desselben. Licht hebt im Gegenteil die Dunkelheit auf und macht sie, sobald es da ist, zu etwas, was absolut nicht vorhanden ist. Ebenso hat der Glaube an Materialität und an das Übel nur eine negative Beziehung zum wirklichen Sein des Menschen und nimmt die Leere im menschlichen Denken ein, die wir richtig als Unwissenheit über die Geistigkeit und das Gutsein bezeichnen können. Der materielle Begriff mit allen seinen verschiedenen Erscheinungen stellt also nur das dar, was den Sterblichen in dem Nichtvorhandensein des geistigen oder göttlichen Begriffes zu bestehen scheint.

Es ist gewiß, daß wenn die Sterblichen vollkommen verständen, daß Geist, Gott, unendlich und der einzige Schöpfer und Ursprung, die einzige Substanz und das Leben des Menschen ist, sie sich nicht selbst, wie sie es tun, als von so viel Fleisch, Blut, Knochen, Nerven und Gehirnmasse zusammengesetzt halten würden und denken das Maß ihres Daseins sei mit einer Mischung von Schmerz und Kummer, Sorge, Angst, Ärger, Streit, Laster, Leidenschaft und sinnlichen, unbefriedigenden Genüssen ausgefüllt. Statt dessen würden sie sich den Menschen denken als geistig gestaltet, und erhalten, nur im Geist sein Dasein habend und als zusammengesetzt aus jenen göttlichen Eigenschaften der Liebe, Freude, des Friedens, der Reinheit, Gerechtigkeit, Aufrichtigkeit, Gutheit usw, Eigenschaften, die nie unharmonisch sind, die den Menschen nie in Sünde hineinführen, die nie leiden, krank werden oder sterben und daher den wirklichen unsterblichen Menschen ausmachen. Die Erfahrung zeigt, daß wenn die Menschen nur ein klein wenig vom göttlichen Geist erkennen lernen, sie aufhören sich auf das materielle Zeugnis zu verlassen in demselben Maße wie vorher in betreff ihrer Erkenntnis dessen, was der Mensch ist, und die Verbesserung ihrer Zustände, die dies mit sich bringt ist der beständige Beweis, daß sie die wahre Erkenntnis des Menschen erlangen.

Ist es nicht offenbar, daß die Menschen, wenn sie alles wüßten, was sie über den Menschen als Gottes „Bild und Gleichnis” wissen könnten oder wissen müßten, sie sich zu derselben Erkenntnis erheben würden, die ihr Meister über das Fleisch und das Böse besaß? Jesu Erfahrung bewies solche Erkenntnis und solchen Fortschritt als möglich und seine Lehren weisen auf ihre Notwendigkeit hin, um den Zweck des Christentums zu erfüllen. Diese Möglichkeit wird zum Teil jedes Mal bewiesen, wenn ein Mensch irgend etwas Böses mit Gutem überwindet, jedes Mal, wenn er seine tierischen Neigungen besiegt oder sich dank seines Wachstums in Reinheit und Geistigkeit über sie erhebt. Diese teilweisen Bezeugungen beweisen, daß das Ganze möglich ist und daß daher das fortgesetzte Dasein der Sterblichen in Sünde und Leiden durch die Tatsache erklärt wird, daß sie noch nicht alles erkennen, was zum vollkommenen Menschen gehört. Der Glaube an Materie stellt den Menschen als etwas dar, was er nicht sein müßte und ist daher ein zeitweiliger Zustand, der nur solange währt, wie die Unwissenheit des Einzelnen über die Wahrheit währen wird.

Der Vorgang durch den die Sterblichen ihren fleischlichen Begriff beiseite legen oder in den Worten Pauli den alten Menschen ablegen und einen reineren und heiligeren Zustand erreichen, ist ein Vorgang, der ganz und gar im Geiste vor sich geht, obwohl die Wirkungen sich in den physischen Zuständen oder Umgebungen zeigen. Wenn ärgerliches oder haßerfülltes Denken die Verdauung stören und physische Krankheit hervorrufen kann, wie die Ärzte im allgemeinen behaupten, ist es dann nicht sonnenklar, daß der sogenannte materielle Mensch nur ein geistiger Begriff oder Umriß ist, dem sterblichen Denken zufolge greifbar, immer aber empfänglich für die Schwankungen jenes Denkens, seien sie gut oder schlecht? Ist es nicht klar, daß in jeder seiner Gewohnheiten und Sitten der Mensch mehr ist als ein Stück Materie, wie symmetrisch dies auch geformt sein mag, mehr als eine Vereinigung materieller Elemente, die sich beständig verändern? Ist es nicht klar, daß selbst das menschliche Bewußtsein größer und weiter ist als die menschliche Gestalt und daß der menschliche Verstand nicht weniger ist als eine Hand voll Gehirnmaterie, sondern unermeßlich viel mehr? Wenn wir diese Dinge zugeben, wie wir es müssen, ist es dann nicht auch klar, daß materielle Formen und Dinge nur Gedankenbilder sind, die der menschliche Geist in sich und nicht außer sich trägt? Der sterbliche Mensch ist nicht in seinem Magen, aber sein Magen ist in seinem mentalen Bilde, das er in seinen Gedanken trägt, daher ruht seine Denk-Tätigkeit darauf und erzeugt gute oder schlechte Wirkungen, je nach ihrer Art.

Es wird behauptet, der Mensch sei materiell bewußt und intelligent, weil die Empfindungen von Lust und Schmerz von materiellen Bedingungen abhängig zu sein scheinen, aber die Tatsache wird übersehen, daß der menschliche Geist und nicht die Materie zuerst beschlossen hat zu empfinden, zuerst die Ursachen die dazu führen erdacht hat, und dann die Folgen zugeben muß, ehe sie erkannt werden können. Wir können von nichts einen Begriff haben, wenn es nicht in unser Denken eindringt, und alles was ins Denken eingeschlossen ist, ist mental. Wir sprechen über die Materie, über ihre Eigentümlichkeiten, Elemente, Eigenschaften, Formen, u.s.w., und doch ist dies alles nur das, was wir über eine unbekannte Zahl oder einen Zustand denken. Materie hat sich nicht selbst Materie benannt. Dies ist ein Name, den das menschliche Denken seinem Glauben an ein Dasein und eine Schöpfung die vom Geist, von Gott, getrennt sind, gegeben hat. Wenn dies Denken völlig aufgeklärt wäre über die Unendlichkeit des Geistes, würde jeder Begriff von Materie aufhören. Er würde verschwinden wie der Schatten vor dem Licht. Da wir zugeben, daß solche Aufklärung möglich ist, müssen wir zugeben, daß das, was Materie genannt wird ein Zustand ist, der hinsichtlich ihres scheinbaren Daseins und ihrer Fortdauer, auf der Unwissenheit über den Geist beruht.

Der materielle Begriff und der geistige Mensch sind Gegensätze. Sie können sich nicht verbinden, noch Brüderschaft schließen und sind nicht zusammenbestehend, sondern sich gegenseitig feindlich. Nichts Böses kann wissenschaftlich als zum geistigen Menschen gehörend oder von ihm ausgehend gedacht werden, — d.h. von dem Menschen, den Gott in Seinem Bilde geschaffen hat. Alles, was als Böses gedacht werden kann, bezieht sich auf das, was der materielle Mensch genannt wird oder auf den materiellen Begriff des Seins und auf nichts anderes. Wie kann also Materie der Stoff sein, aus dem Gott Sein eigenes Bild gestaltete und aus dem Er das Weltall schuf? Wie kann Materie Substanz sein und Geist Schatten, wenn das Elstere alles, was als Böses bekannt ist, einschließt und das Letztere der Ursprung alles dessen ist, was wir vom Guten wissen oder wissen können?

Die Materie kann nicht Gottes Mittel zur Offenbarung der Schönheit sein, denn sie hat nicht die Fortdauer, die notwendig ist, um sie zu erhalten. Die verwelkende Blume ist nicht die vollkommene Idee, wie schön sie auch zeitweilig ist, denn Schönheit ist der Ausdruck des Vollkommenen und kann daher nicht in Häßlichkeit verfallen. Wenn die materielle Blume stirbt und verwelkt, sagt der materielle Sinn, ihre Schönheit sei vorüber, aber dies Verwelken zeigt, daß der menschliche Begriff, wenn auch teilweise wahr und schön, doch unvollständig und unvollkommen war, dank der Unwissenheit über das, was die vollkommene Idee ist. Die Blume, die verwelkte und in Staub zerfiel, war nicht die wirkliche Blume, sonst würde sie ewig an ihrer Stätte geblieben sein, um „ewig eine Freude” zu sein. Es ist dasselbe mit allem, was das materielle Weltall genannt wird, die Materie ist überall dem Untergang geweiht durch ihr eigenes Gesetz des Verfalls und sie ist nicht im Stande irgend welche Idee der Vollkommenheit zu geben. Sie wird in der Schrift als das geschildert, was völlig aufhören muß, ehe der neue Himmel und die neue Erde offenbar werden. Ist sie also nicht ein Zustand menschlicher Unwissenheit über die wirkliche Erde, den Himmel und den Menschen und ist es nicht diese Unwissenheit und nicht der materielle Stoff, der aufhören muß durch die Erkenntnis der Wahrheit, des wahren Gottes und Seiner ewigen Werke?

Materialismus ist völlige Dunkelheit in so weit Geistigkeit in Betracht kommt. Er enthält keine Wahrheit, die zur Erlösung wesentlich wäre und hat daher keine Beziehung zum Christentum. Außerhalb desselben könnte es keine Kenntnis der Sterblichkeit oder irgend welchen Wechsels des menschlichen Daseins geben. Außerhalb desselben gibt es keinen Begriff, keine Kundgebung von Krankheit oder Verfall, weder im Menschen noch im Baum oder der Blume. Alle Traurigkeit, aller Schmerz, alles Elend des irdischen Sinnes kommen den Sterblichen von materieller Seite her und außerhalb derselben würden sie sie nicht kennen. Was also ist die unvermeidliche Schlußfolgerung, als das; Materialität keine Beziehung zu Gott, Geist, hat, keinen Teil an Seinem Bild und Gleichnis, und unsterbliche Schönheit und Vollkommenheit nicht zum Ausdruck bringt. In all den Zeiten des Glaubens an die Materie hat sie ihnen nie ein Jota dauernder Freude oder einen gerechten Beweggrund gegeben, sie hat ihnen weder einen Funken von Erbarmen noch einen Herzschlag der Liebe verliehen, und ebensowenig einen läuternden Einfluß auf sie ausgeübt. Welchen Raum kann sie also einnehmen in dem Denken über Gott oder in der Erkenntnis Gottes vor dem „Freude die Fülle” ist, dessen Wahrheit „Schirm und Schild” ist vor allem Übel und der Seinen Sohn sandte, um die Sterblichen von eben den Zuständen zu erlösen, die ihr Glaube an die Materialität notwendigerweise in sich einschließt? Wie können wir ihr Vorhandensein im menschlichen Bewußtsein besser bezeichnen, als durch einen Mangel des Verständnisses von der Wahrheit — von der geistigen Wirklichkeit des Seins, d.h. des Seins, in dem es keine Erkenntnis oder Erfahrung der Sünde, der Sterblichkeit oder des Zwiespalts gibt?

Der Grad, bis zu welchem das Christentum erfolgreich ist, ist der Grad, bis zu welchem es das Denken vergeistigt. Sich von der Materialität entfernen, heißt daher nicht sich von der Wahrheit entfernen, sondern vom Irrtum. Johannes sagt uns daß „alles, was in der [materiellen] Welt ist, des Fleisches Lust und der Augen Lust und hoffärtiges [materielles] Leben nicht vom Vater” ist. Dies Aufzählen des materiellen Lebensbegriffes, als nicht göttlichen Ursprungs und als schließlich vergehend, kennzeichnet seine Substanzlosigkeit, wie auch seinen falschen und bösen Charakter.

Die Materie offenbart weder die gottähnliche Vollkommenheit des Menschen, noch die Schönheit und Fortdauer der Schöpfung, sondern verbirgt sie. Sie bringt nicht die guten Eigenschaften des Menschen an den Tag, sondern versteckt sie unter den schlechten. Sie macht die Menschen selbstsüchtig statt liebevoll, haßerfüllt statt freundlich, zu Feinden statt zu Brüdern, krank statt gesund, sterblich statt unsterblich. Man könnte alles wissen, was über die Materie zu wissen ist, man könnte alles wissen, was die Gelehrten aller Zeiten je darüber entdeckt haben und doch in vollständiger Unwissenheit sein über die erste Tatsache, den Geist, Gott, betreffend. Ist nicht also die Wahrheit der christlich wissenschaftlichen Lehre völlig klar, daß Materie und Geist nicht zwei Wirklichkeiten sind, die die Unendlichkeit ausfüllen und beide in das Wesen des Menschen eindringen, sondern daß der, durch die Materie dargestellte Zustand, ein Zustand mentaler Unwissenheit oder Mangels an Erkenntnis der Dinge des Geistes ist? Und folgt daraus nicht notwendigerweise, daß je geistiger unsere Gedanken werden oder je mehr wir vom Geist verstehen, uns die ganze Schöpfung um so geistiger und um so viel weniger materiell erscheinen wird?

Die Ausübung der Christian Science bezeugt, daß die menschliche Erlösung durch eine Umwandlung des Denkens, nicht durch eine Veränderung der Materie charakterisiert und vollzogen wird. Das Heilen der Krankheit durch die Christian Science zeigt, wie eine Umwandlung in dem, was ein physischer Zustand genannt wird, bewirkt wird, dadurch daß das Denken des Leidenden sich ändert, wo kein materielles Mittel, was es auch sei, angewandt wurde. Die Sterblichen wissen nur das, was ihr Denken umfaßt, sei es Gesundheit oder Krankheit, Reinheit oder Sünde, Himmel oder Hölle. Wenn wir das materielle Denken der Generationen verfolgen, wenn wir ihre Folgerungen aus falschen Voraussetzungen und ihre falschen Folgerungen aus richtigen Voraussetzungen annehmen, so sehen wir alles, was ihnen vom Menschen und vom Weltall offenbar ist, vermittelst dieser materiellen Auffassungen, die alles materiell, statt geistig darstellen. Wenn wir den Menschen von diesem materiellen Standpunkt aus betrachten, so glauben wir ihn als leibliche Persönlichkeit zu sehen, als ein unharmonisches, sterbendes Stück Fleisch, als das Opfer des Zufalls und Unglücks und allen Übeln, die das menschliche Denken in sich trägt, unterworfen. Christus Jesus kam, um den irdischen Begriff über den Menschen von diesen Irrtümern zu lösen und ihn in seinem ursprünglichen vollkommenen Zustand als Kind Gottes, des Geistes, zu zeigen. Dieser Übergang vom Materiellen zum Geistigen, vom Bösen zum Guten, von der Sterblichkeit zur Unsterblichkeit ist die Erlösung, die Jesus uns bot und für die er mit so erhabener Geduld und Selbstaufopferung wirkte und litt, um den Menschen zur Erkenntnis und zur Annahme derselben zu bringen. Er kam nicht um die Sterblichen von wirklichen Dingen zu erlösen, sondern von Täuschungen, von ihrer falschen Erkenntnis, von den Dingen, die Gott nicht erschuf. Er kam um sie die Dinge zu lehren, von denen sie nichts wußten, d.h. die Erkenntnis des geistigen Lebens und der Wahrheit. Man sagte von Jesus: „Es hat nie kein Mensch also geredet, wie dieser Mensch”; und daß er gewaltiglich lehrte. Es wird zugegeben, daß er mehr von der Wahrheit und dem Leben des Menschen wußte, als irgend ein anderer vor ihm oder nach ihm. Er verstand die Wissenschaft so, daß er Sünde, Krankheit und Tod vernichten konnte und doch lehrte er seine Jünger nie, daß sie in oder von der Materie lebten, er lehrte sie nie Physiologie, Anatomie oder materielle Hygiene; er lehrte sie nie, daß der Mensch ein Tier sei, daß er aus geistloser, untätiger Materie entwickelt sei, oder daß er irgend eine andere Intelligenz als die des Geistes habe. Warum aber nicht, wenn diese Dinge wahr sind und die wahre Erkenntnis des Seins darstellen? Warum nicht die Sterblichen auf die Materie hinweisen, wenn sie durch dieselbe sich und Gott erkennen lernen müssen?

Paulus sagte, daß „Fleisch und Blut ... das Reich Gottes [nicht] ererben” können, und daher kann die Materie keine Stätte dort haben wie nachdrücklich auch ihre Ansprüche aufrechterhalten und als Substanz und Leben des Menschen verteidigt werden mögen. Den geringen Wert, den die gotterfüllten biblischen Schriftsteller der Materialität beilegten, ebenso wie auch Jesu eigene Lehren, unterstützen Pauli Behauptung und sollten genügend beweisen, daß die Materie nicht in Gottes Schöpfung eindrang und daß sie dasjenige bedeutet, was der Mensch nicht wissen sollte, da materielles Wissen Elend, Leid und Tod mit sich brachte. Ihr Zusammenbestehen und ihr Zusammenwirken mit dem Bösen sollte sie völlig verdammen und am wenigsten von allen sollten Christen es versuchen, diesen falschen Zustand als den echten Menschen oder die echte Schöpfung, oder als das, aus welchem Leben entsteht und durch welches es erhalten wird, aufstellen. Wenn der Mensch sich in Wahrheit erkennen möchte, muß er sich so sehen, wie Gott ihn kennt, das heißt, wie Gott ihn schuf und nicht wie der materielle Sinn ihn darstellen möchte, in Sünde, Krankheit und Sterblichkeit. Alle Weisheit der materiellen Welt ist „Torheit bei Gott,” denn alles, was die Menschen materiell wissen mögen, kann sie den ersten Buchstaben des Alphabetes des geistigen Wissens oder der geistigen Wissenschaft nicht lehren. Der Schrift zufolge kann Gott nur geistig wahrgenommen und verstanden werden und Gott umschließt alles, was der Mensch je von der Wahrheit wissen kann.

Jesus verdammte den unfruchtbaren Baum und er verdorrte, folglich offenbarte ihm der materielle Baum nicht die wahre Idee. Die Schönheit der Blume scheint durch ihre materielle Maske hindurch, gerade wie die Sonne durch die Wolke oder durch den Morgennebel hindurchscheint. Die Schönheit der wahren Idee oder Wiederspiegelung des Unendlichen ist so voll Glanz, daß die Sterblichen selbst von dem verhüllten Strahl, den sie durch den Schleier der Materialität wahrnehmen, entzückt und überrascht sind. Ihr Fehler ist es gewesen, daß sie das wirkliche Ding mit dem Schleier, der es fast verbirgt, verwechselten und daher gemeint haben, daß das, was sie als materielle Menschen und materielle Natur sehen, die ein kurzes Leben und vergängliche Schönheit haben, die wirklichen Werke Gottes sind. Vermöchten sie sich nur ihrem materiellen Denken zu entziehen und die Dinge geistig wahrzunehmen, dann könnten sie mit ungetrübtem und ungehindertem Blick, die Schönheit der göttlichen Schöpfung in aller ihrer Herrlichkeit und Unsterblichkeit schauen.

Die Christian Scientisten glauben nicht, daß sie keine Körper haben oder daß es keine Bäume oder Blumen, keinen Himmel gibt. Im Gegenteil, sie arbeiten für die Erlösung ihres menschlichen Begriffes vom Körper und sie finden, daß, wenn sie die Wissenschaft des geistigen Seins studieren und ausüben, sie bessere Körper als vorher haben und daß sie in allen Gegenständen der Natur, den Menschen mit eingeschlossen, mehr Schönheit und Wirklichkeit sehen. Sie sind sich klar bewußt, daß diese Veredelung ihnen geworden ist, in dem Maße, wie ihr sterblicher Glaube an die Materie als Substanz oder Macht abgenommen und ihre Erkenntnis der göttlich geistigen Wahrheit zugenommen hat.

Die Behauptungen über die Unwirklichkeit der Materie sind leicht gemacht, und wenn Mrs. Eddy, die Entdeckerin der Christian Science, es dabei gelassen hätte, würde sie der Welt nicht mehr als andere genützt haben; die Christian Science aber, wie sie in ihrem Lehrbuch „Science and Health,“ erläutert worden ist, gibt die Regeln, durch welche diese Behauptungen verstanden und bezeugt werden können. Das wunderbare Heilen von Krankheit aller Arten, wie auch von Armut, Sünde, und Kummer und die Befreiung von allen Erscheinungsformen des Unglücks und Elends, die die Christian Science vollbracht hat, ist als Bezeugung dieser Behauptungen über die Unwirklichkeit der Materie und die Allheit Gottes, des Geistes, geschehen. Dies ist die Summe und der Kern der Christian Science, der Wissenschaft des Seins und die Grundlage jeder Ausübung durch den Schüler derselben. Es ist sonnenklar, daß, wenn eine Erkenntnis Gottes zu unserer Erlösung vom Übel wesentlich ist, — und die Heilige Schrift lehrt dies, — eine Zeit kommen muß in der Erfahrung des Einzelnen, in der er anfängt, sich von der Materialität abzuwenden, um das Leben geistig erkennen zu lernen. Wenn die Sterblichen nichts anderes kennen als Gott, Geist, werden sie nichts materiell erkennen, dann werden sie das Endziel des menschlichen Wissens, wie es in der Wahrheit von der Allheit Gottes enthalten ist, erreicht haben und nicht länger sterblich, sondern unsterblich sein. Dann wird die absolute Wahrheit dessen, was in der Christian Science gelehrt wird, bezeugt sein; nämlich, daß Gott, Geist, alles ist; dann wird es keinen Glauben an Materie mehr geben.

Copyright, 1907, Mary Baker G. Eddy.
Verlagsrecht 1907, Mary Baker G. Eddy.

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