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Christian Science: Deren Lehren, Methoden und Werke.

(Schluß.)

Aus der September 1909-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Christian Science spricht sich entschieden für einen allmächtigen, allgegenwärtigen, allweisen, allliebenden, alltätigen und allsehenden Gott aus, einen Gott, der, wie die Bibel lehrt, universaler, alles durchdringender, unendlicher und ewiger Geist ist. Diesen Bezeichnungen für die Gottheit begegnen wir im ganzen Christian Science Lehrbuch, besonders auf Seite 587, wo sie gruppiert sind. Man hört dann und wann seitens der Theologen die Behauptung, solche Begriffe von Gott seien pantheistisch. Es ist nicht meine Absicht, hier auf eine dogmatische Erörterung des Pantheismus einzugehen. Ich habe schon öfter darüber nachgedacht, was wohl die Leute im allgemeinen vom Pantheismus verstehen, oder wie viel ihnen an demselben gelegen ist. Er diente vielfach als theologisches Schreckbild, das man anwandte, um den Leuten Angst einzujagen — um die Getreuen in Reih und Glied zu halten. Weil Christian Science die Allmacht, Allgegenwart und Allwissenheit Gottes betont, wird sie kurzweg pantheistisch genannt. Eins unsrer maßgebenden Wörterbücher definiert Pantheismus wie folgt: „Die Lehre, daß das Weltall, als ein Ganzes betrachtet, Gott sei; die Lehre, daß es außer den vereinigten Kräften und Gesetzen, die in dem bestehenden Weltall zum Ausdruck kommen, keinen Gott gebe.”

Die meisten Leute denken sich unter dem Worte „Weltall” das materielle Weltall, die Naturgesetze oder materiellen Gesetze. Dieser Begriff steht in direktem Widerspruch mit der Christian Science Lehre, daß die Materie nicht existiert; deshalb lehrt Christian Science das direkte Gegenteil von Pantheismus. Sie erklärt, Gott sei allmächtiger, allgegenwärtiger und allweiser Geist, wie die Bibel deutlich lehrt. Wenn Er als Geist wirklich allmächtig, allgegenwärtig und allweise ist, so füllt Er allen Raum. Wenn Er allen Raum füllt, wo ist dann noch Raum übrig für die Materie, wenn Materie eine außerhalb Gott bestehende, wirkliche Substanz oder Wesenheit ist? Die Christian Science Lehre von der Allheit und Unumschränktheit Gottes ist daher das Gegenteil von der pantheistischen Auffassung der Materialisten des Altertums und der Neuzeit, daß das materielle Weltall das einzige Leben und die einzige Macht bilde.

Nehmen wir die bestimmte Äußerung Jesu, daß Gott Geist ist, und verbinden wir dieselbe mit der allgemein angenommenen Lehre, daß Gott allmächtig und allgegenwärtig ist, so haben wir eine sichere Basis für des Apostels Paulus erhabenen Begriff von der Allheit des Geistes: „Ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid auf einerlei Hoffnung eures Berufs. Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe, ein Gott und Vater unser aller, der da ist über euch allen, und durch euch alle und in euch allen.” Wir sehen also, daß Paulus Gott nicht von Seiner Schöpfung und von Seinen Kindern trennt, sondern daß er sie, im geistigen Sinn, in ein harmonisches Ganzes vereinigt. Gerade das tut das Lehrbuch der Christian Science, und zwar in Worten, die ebenso deutlich sind wie die des Apostels Paulus; so z. B. auf Seite 465: „Prinzip und dessen Idee sind eins, und dieses Eins ist Gott, allmächtiges, allwissendes und allgegenwärtiges Sein, und Seine Wiederspiegelung ist der Mensch und das Weltall. Omni ist von einem lateinischen Eigenschaftswort abgeleitet, welches die Bedeutung von alles hat. Deshalb ist in Gott alle Macht oder Stärke, alle Wissenschaft oder wahre Kenntnis, alle Gegenwart vereinigt. Die mannigfaltigen Kundgebungen der Christian Science weisen auf Geist hin, nicht auf Materie, und haben ein Prinzip.” Es wird also in unserm Lehrbuch von Anfang bis zu Ende eine scharfe Linie gezogen zwischen Geist und Materie. Geist wird für das All erklärt, und Materie wird als etwas angesehen, was keine ewige oder wirkliche Existenz hat. Es kann deshalb niemand, der das Christian Science Lehrbuch vorurteilslos und richtig liest, behaupten, die Lehre der Christian Science habe einen Anstrich von Pantheismus. Hier stoßen wir nun auf einen sonderbaren Widerspruch. Diejenigen nämlich, welche sich der Christian Science Lehre, daß Materie als wirkliche Wesenheit nicht existiert, am meisten widersetzen, sind gerade diejenigen, die am bestimmtesten behaupten, Christian Science sei gleichbedeutend mit Pantheismus. Unsre Freunde mögen uns erklären, wie sie zu einem solchen Schluß gekommen sind. Bis sie dies getan haben, wollen wir sie ruhig gegen die Windmühle ihrer eignen Widersprüche kämpfen lassen.

Jesu Lehre in Bezug auf das Leben.

Eine weitverbreitete religiöse Ansicht lautet dahin, daß Jesu Lehre größtenteils auf das zukünftige Leben oder das Leben nach dem Tode Bezug habe, und daß der Christ, welcher selig werden will, ernstlich danach streben müsse, richtig zu sterben. Dies ist teilweise wahr. Ist jedoch die Notwendigkeit eines richtigen Lebens als Bedingung zur jenseitigen Glückseligkeit und Erlösung nicht gar zu sehr von dem Wunsch überschattet worden, so zu sterben, daß man von der Erde aus direkt in den Himmel eingehen könne? Ich werde versuchen darzulegen, daß die Lehren der Bibel zum großen Teil auf die Notwendigkeit richtiger Zustände in dieser Welt hinweisen, und daß sie einen Lebenswandel betonen, der zur jenseitigen Wohlfahrt und Glückseligkeit beiträgt. Mit andern Worten: die Gründung des Reichs Gottes auf Erden ist das große Thema der Bibel. Ich werde mich kurz fassen und nur das Neue Testament in Betracht ziehen.

In der Geburt Jesu finden wir eine bedeutungsvolle Lehre. Wenn der Evangelist an einen weitentfernten zukünftigen Himmel gedacht hätte, so könnten wir billig annehmen, daß eine Begebenheit, die den Wegweiser zum Himmel in diese Welt einführte, die beste Gelegenheit zu einer eingehenden und erhabenen Beschreibung des himmlischen Reichs gegeben hätte. Die Zeit war sehr geeignet. So wunderbar und eindrucksvoll waren die Begleiterscheinungen, so himmlisch war der Rahmen dieses großartigen Ereignisses, so nahe der Erde waren die himmlischen Heerscharen, daß wir uns fast wundern, warum der Vorhang nicht beiseite geschoben wurde, so daß sogar der Thron der Herrlichkeit den sehnsuchtsvollen Blicken der wachsamen Hirten sichtbar wurde. Was sangen hingegen die himmlischen Gäste? „Ehre sei Gott in der Höhe, und Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!” Sie sangen nicht von einem großen weißen Thron, umringt von den unzähligen Scharen des Himmels, sondern von den himmlischen Zuständen, welche der Erlöser, der an jenem Tag in der Stadt Davids geboren ward, auf diese Erde bringen sollte. Nichts weiter! Nur diese wenigen, einfachen Worte! Und doch waren es Worte der erhabensten Bedeutung und größten Wichtigkeit für die ganze Menschheit, Worte, deren tiefer Sinn sich durch all die vergangenen Jahrhunderte erhalten hat, Worte, die man durch alle Ewigkeiten vernehmen wird, denn sie verkündeten mit prophetischem Blick das messianische Werk des Kindleins zu Bethlehem, „welcher ist Christus, der Herr.” „Friede auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen!” O, wäre doch dieser Friede auf Erden eine gegenwärtige Tatsache! Dann hätten wir die Erfüllung jenes erhabenen Gebets erreicht: „Dein Reich komme. Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel.”

Eine weitere Gelegenheit, bei der man eine Predigt über das zukünftige Reich, das neue Jerusalem hätte erwarten können, bot sich, als Jesus von den Jüngern, die Johannes der Täufer zu ihm gesandt hatte, gefragt wurde, ob er wirklich der Messias sei, oder ob sie eines andern warten sollten. Jesus war gerade damit beschäftigt, die von ihm verkündete wirkliche Gegenwart des Himmels auf Erden in sehr praktischer Weise zu veranschaulichen. Hören wir, was geschrieben steht: „Zu derselbigen Stunde aber machte er viele gesund von Seuchen und Plagen und bösen Geistern, und vielen Blinden schenkte er das Gesicht.” Dies war also seine Beschäftigung, als er die hochwichtige Frage in Bezug auf die Echtheit seines Messiasamtes, in Bezug auf die Zeichen des himmlischen Reiches beantwortete. Hier hatte Jesus gewiß eine herrliche Gelegenheit, sich über die Pracht und Herrlichkeit des himmlischen Reiches auszusprechen. Hielt er eine gewaltige Predigt über das neue Jerusalem? Gab er den Boten eine glänzende Beschreibung von den goldenen Straßen und Perlentoren? Trug er seine himmlische Weisheit zur Schau? Keineswegs! Seine Antwort war: „Gehet hin und saget Johannes wieder, was ihr sehet und höret: die Blinden sehen und die Lahmen gehen, die Aussätzigen werden rein und die Tauben hören, die Toten stehen auf und den Armen wird das Evangelium gepredigt.”

Es war dies gewiß eine gewaltige Predigt, eine sehr praktische Antwort auf die gestellten Fragen, denn sie wies hin auf vollbrachte Werke, auf bestimmte Erfolge, auf himmlische Begebenheiten, die sich hier auf Erden zutrugen. Dies war die Antwort des größten himmlischen Besuchers, den die Welt je gekannt hat. Sie drückte seinen Begriff vom Reich Gottes aus — einem Reich, in welches man nicht durch den Tod, sondern durch gute Werke, durch richtiges Leben gelangt. Wir erinnern ferner daran, wie Jesus das Reich Gottes durch Gleichnisse veranschaulichte; so z. B. in dem Gleichnis vom Sämann, vom Senfkorn, vom Sauerteig. Alle bezogen sich in praktischer Weise auf das irdische Leben und auf irdische Erfahrungen. Nicht ein einziges Mal beschrieb er einen buchstäblichen, materiellen oder örtlich beschränkten Himmel.

Eins der einfachsten aber lehrreichsten Gleichnisse Jesu war das vom verlorenen Sohn. Der ungeratene Sohn verließ die Heimat, ergab sich einem Leben der Schwelgerei und Wollust und wurde zuletzt so arm und bedürftig, daß er gerne seinen Hunger mit den Trebern gestillt hätte, welche die Säue aßen. Sobald er sich aber wieder dem Vaterhaus zugewandt hatte, lief ihm der Vater entgegen, fiel ihm um den Hals und küßte ihn. Das beste Kleid wurde dem verkommenen Jüngling angelegt, er erhielt einen Ring an seinen Finger, Schuhe an seine Füße und ein gemästetes Kalb wurde geschlachtet. Dieses Gleichnis gibt uns eine rührende Veranschaulichung von der Allbarmherzigkeit, dem Mitleid und der Vergebung der göttlichen Liebe; einen überwältigenden Beweis von dem Überfluß im Vaterhaus; einen scharfen Verweis für diejenigen, die den Gefallenen verdammen, anstatt ihm die helfende Hand zu reichen; eine strenge Mißbilligung der Selbstgerechtigkeit, die der ältere Sohn an den Tag legte, als seine Eifersucht dadurch erregt wurde, daß der Vater den Reichtum seiner Liebe dem törichten Sohn gegenüber bewies, der nichtsdestoweniger sein Sohn war.

Jesus lehrte klar und bestimmt, daß das Himmelreich eine gegenwärtige Möglichkeit ist. Als ihn die Pharisäer fragten: „Wann kommt das Reich Gottes?” antwortete er: „Das Reich Gottes ist inwendig in euch”; d. h. es ist ein Zustand oder eine Beschaffenheit des Bewußtseins. Alle seine Lehren lauten dahin, daß dieser Zustand des Bewußtseins hier auf dieser Erde möglich ist; daß er nicht durch den Tod, sondern durch ein richtiges Leben verwirklicht wird. Falls wir dieses himmlische Bewußtsein nicht diesseits des Grabes erreichen, werden wir im Jenseits Gelegenheit haben, dasselbe zu erlangen; denn früher oder später muß die Sünde vernichtet werden, und die Vernichtung der Sünde im individuellen Bewußtsein führt den himmlischen Zustand des Bewußtseins herbei, welcher dann die Stelle des entgegengesetzten Zustandes, den man Hölle nennen kann, einnimmt.

Das göttliche Gesetz läßt keinen Mangel zu.

Es wird vielfach angenommen, man müsse in dürftigen Umständen leben, um ein wahrer Christ zu sein. Das oben angeführte Gleichnis widerlegt diese Anschauung. Von Anfang bis zu Ende weist die Bibel auf die Fülle der göttlichen Liebe hin. Dieses große Vorratshaus ist zum Überfließen voll. Es steht denen immer offen, die in der rechten Weise suchen. Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, und alles, was sonst noch nötig ist, wird euch zufallen. Man wende sich dem Vaterhause zu, entsage der Torheit und Sünde einer falschen Lebensweise, wende den Blick auf den Quell aller Versorgung, und die Bedürfnisse werden gewiß in dem rechten Maße zur Verwirklichung kommen. Die sogenannte Natur gibt uns eine nützliche Lehre. Wenn wir die nötigen Bedingungen des Acker- und Gartenbaues befolgen, wie reichlich werden wir doch belohnt! Wenn wir unsern Teil tun, so kommt uns der Vater entgegen, zieht uns das beste Kleid an, steckt den besten Ring an unsern Finger und legt uns von dem gemästeten Kalb vor. Diese materiellen Beispiele versinnbildlichen den geistigen Überfluß der unendlichen Liebe, des himmlischen Vaters. Man denke an den Ölkrug der Witwe und an die Brote und Fische.

Eine weitere Lehre Jesu, die man sehr mißachtet hat, ist diejenige, die Bezug hat auf körperliche Zustände. Er befahl seinen Nachfolgern, sie sollten sich wegen ihres Körpers, ihrer Nahrung, Kleidung usw. keine Gedanken und Sorgen machen. In wieweit hat man diese Lehre befolgt? Die Leute denken wohl mehr an ihren Körper als an irgend etwas andres — besonders an dessen Gebrechen und Schmerzen, dessen Nahrung und Kleidung. Wenn man diese Dinge sowie das Wetter als Gegenstände der Unterhaltung entfernen würde, was bliebe dann noch übrig, worüber sich die arme Menschheit unterhalten könnte! Übertreten wir nicht gar oft in dieser Hinsicht „eines von diesen kleinsten Geboten”?

In Bezug auf das Heilen der Kranken.

Zu den klarsten und nachdrücklichsten Befehlen Jesu gehören diejenigen, welche auf das Heilen von Krankheit Bezug haben. Die erste Aufzeichnung dieses Befehls findet sich im zehnten Kapitel des Evangeliums Matthäus. Ist dasselbe von den angeblichen Christen vollständig befolgt worden? Haben sie die Kranken geheilt, Teufel ausgetrieben, die Toten erweckt, die Aussätzigen gereinigt, wie es Jesus und seine Jünger taten, und wie er denen befahl, die an ihn glauben? Die Antworten, welche wir früher auf solche Fragen erhielten, genügen jetzt nicht mehr. Die Menschen haben in Bezug auf diese Sache ein zu reges Interesse gewonnen, um sich mit der Erklärung zufrieden zu geben, daß diese Befehle nur für frühere Zeiten bestimmt gewesen wären. Die ausdrücklichen Worte Jesu: „Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch tun, die Ich tue, und wird größere denn diese tun” sind der Menschheit von der Christian Science so oft vorgehalten worden, daß die alte Entschuldigung wegen dieses Versäumnisses nicht mehr angenommen wird.

Ein hervorragender Geistlicher sagte neulich zu dem Berichterstatter einer Zeitung, er könne die folgenden Fragen, welche viele seiner Gemeindemitglieder an ihn richteten, nicht länger unberücksichtigt lassen: „Warum werden die Heilungswerke nicht getan, welche Jesus gebot? Warum läßt die Kirche jenen Teil der Lehre Jesu unbeachtet? Warum tut sie nicht das, was der Aussage Jesu gemäß von seinen Nachfolgern getan werden muß?”

Der Pastor sagte, um diese Fragesteller zufriedenzustellen, mache er jetzt einen Versuch, in seiner Kirche eine Art arzneilose Heilmethode einzuführen. Er nennt dieselbe mentale Therapeutik; der Christian Scientist hingegen erkennt, daß dieser Ausdruck nichts weiter ist als ein neuer Name für jenes andre, verhältnismäßig moderne Wort Hypnotismus. Ich habe nicht die Absicht, die Fragen, welche diese Bemerkungen hervorrufen mögen, zu erörtern, sondern werde nur in Kürze auf die Lehren des größten Arztes und Metaphysikers, den die Welt je gekannt hat, hinweisen.

Laut der biblischen Aufzeichnungen heilte Jesus „allerlei Seuche und allerlei Krankheit im Volke.” Er machte keinen Unterschied zwischen sogenannten Nervenkrankheiten, Funktionsstörungen und organischen Leiden. Man lese Matthäus 10: „Und er rief seine zwölf Jünger zu sich und gab ihnen Macht über die unsaubern Geister, daß sie dieselbigen austrieben, und heileten allerlei Seuche und allerlei Krankheit.” Dasselbe befahl er allen seinen Jüngern. Er gab ihnen den bestimmtesten Auftrag, alle Arten von Krankheiten zu heilen, und es wird uns erzählt, daß sie diesem Befehl gemäß handelten. Der große Lehrer und Arzt setzte der heilenden Macht des allmächtigen Gottes keine Schranken. Er erklärte ohne Zulassung irgendwelcher Ausnahme: „Bei Gott sind alle Dinge möglich.” Um ein konsequenter Anhänger seiner Lehre zu sein, müssen wir uns befleißigen das zu tun, was er tat und was er als das unumgängliche Werk derer bezeichnete, die an ihn glauben. Wir müssen die Werke Jesu nach seiner Methode verrichten, insoweit wir dieselben verstehen können; andernfalls weichen wir, wenigstens teilweise, von seiner Lehre ab und können keine volle Jüngerschaft beanspruchen.

Wenn nun Mrs. Eddy ein volles und rückhaltloses Vertrauen auf die göttliche Heilkraft fordert, zeigt sie dadurch nicht, daß sie mehr im Einklang steht mit dem Geist des Christentums als diejenigen, die sich teilweise auf die göttliche, aber weit mehr auf menschliche Kraft verlassen? Wenn wir der Ansicht beistimmen, daß leichtere Krankheiten der göttlichen Macht überlassen werden könnten, daß man aber ernstere Fälle einem menschlichen Arzt übergeben müsse, so scheint das größere Achtung vor Menschen als vor Gott anzudeuten. Wir glauben, daß wenn die Macht Gottes in einem Fall zuverlässig ist, man ihr in allen Fällen trauen kann. Dies ist unzweifelhaft die Lehre, welche Jesus seinen Jüngern und durch sie der ganzen Welt gab. Laßt uns deshalb konsequent sein und unsre Werke mit unserm angeblichen Glauben, daß Gott in der Tat und Wahrheit allmächtig, allwissend und allgegenwärtig ist, in Übereinstimmung bringen.

Wenn wir Gott für weniger als allmächtig halten, warum erklären wir dann nicht gerade heraus, daß wir nicht an Ihn glauben? Ein umschränkter, begrenzter und unzuverlässiger Gott ist nicht der Gott der Bibel, ist nicht der Gott, den Jesus verehrte und den er lehrte. Wenn Gott in einem Fall allmächtig ist, so ist Er in allen Fällen allmächtig; andernfalls ist Allmacht nicht ein Teil seines Wesens.

Das letzte Gebot.

Ich möchte nun auf einen Teil des letzten Auftrags Jesu hinweisen und dessen Wichtigkeit hervorheben. Unabgekürzt lautet er wie folgt: „Darum gehet hin, und lehret alle Völker, und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes; und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe. Und siehe, Ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende.” Es sei besonders auf die Worte „lehret” und „halten” hingewiesen. Sie sind in dem Zusammenhang, in dem sie stehen, sehr wichtig. Lehren heißt andern zeigen, wie sie etwas tun sollen. Halten heißt etwas tun. Man hat seine Aufgabe nicht gut gelernt, bis man das Gelernte tun oder anwenden kann. Diese Worte bedeuten also, daß es die Aufgabe der Jünger war, diejenigen, die sie bekehren wollten, nicht nur zu lehren, sondern sie auch zur Ausübung des Gelernten anzuhalten. Dies war offenbar die Bedeutung der Worte Jesu; als Beweis dafür weisen wir darauf hin, daß die Jünger auszogen und die Werke taten, die er ihnen anbefohlen hatte. Sie hielten das, was er ihnen geboten hatte, durch Ausübung. Sie heilten „allerlei Seuche und Krankheit”— also nicht nur einzelne Arten von Krankheit, sondern alle Arten. Hätten sie zwischen den verschiedenartigen Krankheiten eine Linie gezogen und erklärt, einzelne könnten durch die Macht Gottes geheilt werden, andre hingegen müßten einem menschlichen Arzt übergeben werden, so hätte sie der Meister gewiß wegen ihres Kleinglaubens scharf getadelt. Sie hätten noch weiter unterrichtet werden müssen; andernfalls wären sie zur Jüngerschaft untauglich gewesen. Es wird nicht behauptet, daß Christian Scientisten stets erfolgreich seien; sie bemühen sich jedoch, ein solches Vertrauen auf die Macht Gottes zu erlangen, daß die Lehren und Verheißungen der Bibel bewahrheitet werden mögen — jetzt teilweise und später vollständig.

Eine der bemerkenswertesten Tatsachen in dem wunderbaren Leben Mrs. Mary Baker Eddys ist diese: Sie fing ihr Reformationswerk damit an, daß sie ihre Schüler lehrte, in der rechten Weise tätig zu sein, die Sünde in sich selbst und in andern zu überwinden, andre zu heilen und sie das Werk des Heilens zu lehren. So unterwies sie viele Hunderte, und infolgedessen heilen ihre Nachfolger heute „allerlei Seuche und allerlei Krankheit” unter dem Volk. In unzähligen Fällen wurde der Patient geheilt, nachdem alle andern Mittel und Methoden vergeblich angewandt worden waren. Viele Krankheiten, welche von den besten Ärzten der Welt für unheilbar erklärt werden, sind ganz geheilt und andre bedeutend gemildert worden. Es sind dies Tatsachen, die so allgemein bekannt sind, daß es kaum nötig ist, sie zu erwähnen.

Zum Schluß sei nur noch gesagt, daß durch Mrs. Eddys geweihte Arbeit, die sich über einen Zeitraum von mehr als vierzig Jahren erstreckt, ein volleres und höheres Evangelium Christi gelehrt und ausgeübt worden ist, und daß die bis jetzt geschehenen wunderbaren Werke bloß die Vorboten größerer Werke sind, die noch kommen werden. Wir glauben aufs bestimmteste, daß „die Sonne der Gerechtigkeit” aufgegangen ist, mit „Heil unter ihren Flügeln”; daß die glorreichen Verheißungen der Schrift ganz in Erfüllung gehen werden, und daß das, was der Apostel Johannes im Geist schaute, eine verwirklichte Tatsache werden wird. „Und wird kein Verbanntes mehr sein, ... und wird keine Nacht da sein, und werden nicht bedürfen einer Leuchte oder des Lichtes der Sonne; denn Gott der Herr wird sie erleuchten, und sie werden regieren von Ewigkeit zu Ewigkeit.”

Copyright 1909, by Mary Baker Eddy.
Verlagsrecht 1909, von Mary Baker Eddy.

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