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Normale Haltung in der Christian Science.

Aus der September 1909-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eine der schwierigsten Aufgaben, die wir lösen müssen, nachdem wir uns das Prinzip der Christian Science zur Lebensregel gemacht haben, ist das Erlangen einer normalen Haltung. Der Anfänger im Studium der Christian Science schwingt sich beim Anblick der herrlichen Möglichkeiten, die vor ihm liegen, zu idealen Höhen empor. Weit unter sich, auf dem Niveau der menschlichen Annahmen, sieht er, wie die Dunkelheit der Sünde immer Heller wird und zuletzt ganz verschwindet. Die Welt erscheint ihm im rosigsten Lichte, erfüllt mit der Glorie geistiger Erleuchtung, frei von Furcht und Sorge. Er sieht nichts, was ihn entmutigen könnte, sondern ist sich nur des Glanzes einer höheren Anschauung vom Leben bewußt.

Wohl alle, denen diese neue Erkenntnis der Wahrheit zuteil geworden ist, haben eine derartige Erfahrung durchgemacht; die meisten mußten jedoch wieder zur Erde zurückkehren, und zwar trug dies zu ihrem Fortschritt bei. Sie mußten sich betreffs ihres bisher erreichten Standpunktes klar werden und steigen jetzt auf den Stufen der geistigen Erfahrung höher und höher. An solche sind diese Worte nicht gerichtet, sondern zunächst an diejenigen, die noch an ihren Phantasiegebilden festhalten und die des Menschen Einssein mit Gott mehr durch Einbildungskraft als durch geistiges Verständnis realisieren wollen. Dieser Enthusiasmus ist ja für den Anfang ganz gut, denn der Studierende, der einigermaßen einen Begriff von der Größe seiner vor ihm liegenden Möglichkeiten erlangt hat, ist wie ein Jüngling, der eben von der Universität kommt und nun voller Hoffnung und Begeisterung die Welt erobern will. Sein Vertrauen und seine Sorglosigkeit verhüllen ihm glücklicherweise die Probleme des Lebens, bis er die Erfahrung, die zur Lösung derselben nötig ist, erlangt hat. Falls er jedoch die relative Wichtigkeit der Dinge des sterblichen Bewußtseins in einer solchen Weise unterschätzt, daß er sie durch Spitzfindigkeiten, anstatt durch ernste Arbeit zu überwinden sucht, so wird er gewiß auf große Schwierigkeiten stoßen, und diese werden sich immer mehr anhäufen, je länger er eine solche Haltung einnimmt.

Das Bestreben, sich geistig bewußt zu werden, daß Gott Alles ist und daß der Mensch Seine vollkommene Idee ist, genügt noch lange nicht. Wir müssen diese Tatsache beweisen, ehe sie ein wirklicher Teil unsres Bewußtseins werden kann. Der Apostel Jakobus gibt uns die Warnung: „Der Glaube, wenn er nicht Werke hat, ist er tot an ihm selber.” Was würde man von einem Menschen denken, der behauptet, seinem Nächsten gegenüber die richtigen Gedanken zu hegen und der von ihm als von Gottes Idee redet, ohne jedoch jemals einem Bruder eine helfende Hand zu reichen, um ihm zu diesem Ideal zu verhelfen, und den seine Selbstgerechtigkeit so verblendet hat, daß er die Rechte andrer nicht in praktischer Weise anerkennt? Wir werden so leicht von den Gedanken derer beeinflußt, die uns umgeben; man richtet so leicht von der Basis der materiellen Sinne, anstatt vom Gesichtspunkt des göttlichen Geistes aus. Wenn wir uns nun von den Suggestionen unsrer Umgebung beeinflussen lassen, sind wir nicht mit der Lösung unsres Problems beschäftigt und häufen uns immer mehr Unannehmlichkeiten an. Jedes Problem muß früher oder später gelöst werden, und zwar sollte dies so geschehen, daß niemand dadurch unglücklich gemacht wird oder Unannehmlichkeiten erfährt. Je länger wir warten, desto schwerer wird uns die Lösung werden.

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