Herold: Amanda, was macht ein Streitschlichter?
Amanda: Der Streitschlichter hilft, wenn es zwischen zwei oder mehr Schülern zu einem Konflikt kommt. Die Erwachsenen können solche Probleme nicht immer lösen. Die Schüler finden im Allgemeinen besseren Zugang zueinander, weil sie ähnliche Probleme haben.
Herold: Wie geht dieses Schlichten vor sich?
Amanda: Die Schüler gehen zu ihrem Vertrauenslehrer und der Vertrauenslehrer verweist sie an uns. Dann gehen wir zusammen in die Bibliothek und kümmern uns darum. Wir machen uns Notizen über das Problem und erörtern dann mit den betroffenen Leuten, wie sie die Sache anpacken können, um zu einer Lösung zu kommen.
Wir versuchen dafür zu sorgen, dass diese Schüler einander oder anderen Leuten keinen Schaden zufügen, wenn sie Streit miteinander haben. Wenn die Lage zu ernst wird, sagen wir einem Vertrauenslehrer Bescheid. Ansonsten bleibt die Sache zwischen uns und den Schülern.
Herold: Es gibt also eine bestimmte Vertraulichkeit.
Amanda: Ja. Wir müssen es vertraulich halten, es sei denn, jemand droht mit Selbstmord oder Mord.
Herold: Könntest du eine Situation beschreiben, die nicht einfach zu lösen war?
Amanda: Einmal wandten sich zwei Leute an uns um Hilfe. Es ging da um einen Jungen, dessen Eltern ihn aus dem Haus geworfen hatten. Er wohnte bei jemand anders, einer Schülerin. Sie verdächtigte ihn, etwas geklaut zu haben. Ihre Armbanduhr und einiges Geld war verschwunden. Er sagte: „Ich habe nichts weggenommen, ehrlich."
So gingen wir mit ihm raus aus dem Raum, in dem wir uns mit den beiden getroffen hatten. Und wir fragten ihn: „Bist du sicher, dass du nichts genommen hast?" Wir ihm sehr Leid. Danach musste ich mir ganz klarmachen, dass diese beiden Schüler in Gottes Augen vollkommen sind — dass sie Gottes Kinder sind. Ich musste erkennen, dass Er irgendwie für sie sorgen würde.
Herold: Was war zwischen den beiden vor sich gegangen?
Amanda: Sie hatten sich sehr feindselig gegen einander verhalten — sich einfach böse Blicke zugeworfen. Ich versuchte jedoch, gute Gedanken über sie zu denken, und war freundlich zu beiden. Ich wusste, Gott war bei jedem von den beiden. Und schließlich wurde die Situation bereinigt.
Herold: Hat der Frieden gehalten?
Amanda: Ja, wir haben sozusagen ein Nachsorge-Treffen gehabt, und die beiden sind wieder Freunde.
Herold: Was führt bei jungen Leuten zu Schwierigkeiten? Und was kann da helfen?
Amanda: Ich glaube, Vertrauen ist nötig. Probleme ergeben sich meistens daraus, dass das Vertrauen enttäuscht wurde. Also versuchen wir, es wiederherzustellen.
Herold: Wie tut ihr das?
Amanda: Also, wir lassen uns die Freundschaft beschreiben, die sie vor dem Zerwürfnis hatten. Gewöhnlich sagen sie, es war eine tolle Freundschaft. Wir fragen sie: „Wollt ihr diese Freundschaft kaputt machen?“ Und meistens sagen sie: „Nein.“
Herold: Ihr helft ihnen dann die guten Zeiten wiederzugewinnen?
Amanda: Ja. Wir verurteilen niemanden. Und wir lösen auch nicht die Probleme für sie. Wir helfen ihnen ihre Probleme selber zu lösen.
Herold: Bist du gern Streitschlichterin?
Amanda: Ja. Und es ist ja auch beruhigend zu wissen, dass es so eine Hilfe in der Schule gibt—dass da andere Schüler sind, mit denen man sprechen kann. Man braucht dann das Problem nicht in sich hineinzufressen.
Herold: Amanda, gibt es etwas, was du für die Leser unserer Zeitschrift noch hinzufügen möchtest?
Amanda: Ja. Sie sollten auch so ein Programm an ihrer Schule starten, wenn sie es noch nicht haben!