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Eine Welt, ein Traum, ein Motorrad

Philippe Abadies transkontinentale Reise, erzählt von Cyril Rakhmanoff

Aus der November 1999-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Reise begann mit einem Gefühl, das im Laufe der Jahre immer stärker wurde, nicht mit einem festen Plan — mit dem Gefühl, dass die Welt groß ist und es sich lohnt, sie zu erforschen. Groß — weniger im geographischen Sinne, sondern eher in der Vielfalt und dem Reichtum von Sitten und Kulturen unter den Menschen. Menschen, denen er noch nicht begegnet ist. Menschen, die er kennenlernen möchte.

Das Motorrad ist bepackt, der Motor läuft. Es wird langsam dunkel. Es ist eine warme Julinacht. Philippe Abadie wird den 30. Juli 1995 immer in Erinnerung behalten. Seine Reise beginnt.

Sein Traum ist Wirklichkeit geworden. Er hat das Geld für seine Fahrt zusammen — fünf Jahre lang hat er gearbeitet und tüchtig gespart — und er hat so viel Zeit wie er braucht. Er fühlt sich unbeschwert. Als er losfährt, fließen Tränen. Besonders bei seiner Mutter.

Das erste Ziel liegt ziemlich nahe — das Haus seines Onkels im Osten Frankreichs. Sein Onkel wird ihm helfen, etwas an seinem Motorrad zu justieren. Am Tag darauf wird er bei den Großeltern seinen Bruder Vincent treffen. (Eine Woche vor Beginn der Fahrt hatte sein Bruder ihn gefragt, ob er im ersten Monat mit ihm fahren kann.)

Philippes Gepäck ist leicht: ein Hemd eine Stoffhose, einige T-Shirts und Jeans, und natürlich die spezielle Motorradbekleidung. Außerdem einige Werkzeuge und Ersatzteile.

Als Philippe auf der A4 Paris verlasst und auf Greux in den Vogesen zubraust, fragt er sich: „Träume ich oder ist es echt der Anfang?" „Ich habe so lange von einer Weltreise geträumt. Erst wollte ich die Welt umsegeln. Ich las über das Leben von Joshua Slocum, der als Erster allein um die Welt gesegelt ist. Doch ich konnte mir kein Boot leisten. Außerdem hatte ich gar keine oder sehr wenig Ahnung vom Segeln. Segeln war also nicht drin."

Doch er besaß etwas anderes.

„Seit acht Jahren hatte ich ein Motorrad. Mit dem Rad fühlte ich mich frei. In Paris, wo ich wohne, konnte ich gut überall hinkommen, ohne Schwierigkeiten parken, Wochenendtouren machen und Familienangehörige besuchen, die weit entfernt wohnten."

Und für Philippe bedeutete die Fahrt mit dem Motorrad um die Welt weit mehr als lediglich eine lange Reise im Touristenstil. „Man sollte ein Land wie ein neugeborenes Baby besuchen", hatte ihm einmal ein Freund gesagt. „Schau mit den Augen eines kleinen Kindes, das nichts kennt, außer was es in diesem Moment entdeckt. Betrachte die Dinge mit Frische und Unschuld."

„Dieser Gedanke war mein ständiger Begleiter auf der Fahrt", sagte Philippe. „So etwas Ähnliches findet man in der Bibel, ein Gedanke, den Jesus ausdrückte: ,Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen' (Lk 18:17). Und so ließ ich Frankreich hinter mir und machte mich mit neuen Augen auf den Weg.

Es stimmt, dass es manches zu sehen gibt, was einen tief berührt — die große Trostlosigkeit und Armut in einigen Ländern. Doch ich konnte in dem, was ich sah, etwas ganz anderes entdecken. In meinem Heimatland neigt man manchmal dazu, sich zu beschweren, wenn etwas Unangenehmes passiert. Doch was mir während der Fahrt aufgefallen ist, ist die Freude, die ich an anderen gesehen habe. Leute haben mich bewirtet, die nicht viel hatten, die im Vergleich zu dem, was wir im Westen haben, fast nichts besaßen. Doch diese Leute nahmen mich mit fröhlichen Gesichtern, mit viel Liebe, mit fröhlichen Gesichtern, mit viel Liebe, mit Freundschaft auf. Sie waren glücklich, einige Augenblicke mit mir zu verbringen und mich kennen zu lernen. Man konnte sehen, dass ihre Freude auf einen inneren Reichtum zurückzuführen war. Ich muss daran denken, was in Wissenschaft und Gesundheit steht, dass wir ,tief in die Wirklichkeit hineinschauen' müssen, ,statt nur den äußeren Eindruck der Dinge zu akzeptieren' (S. 129)."

Philippe verstand, dass Gott Sein Universum harmonisch regiert, und das half ihm, nicht nur die Schönheit um ihn her wahrzunehmen, als er von Land zu Land reiste, sondern sich auch nicht um seine Zukunft zu sorgen.

„Ich lebte immer für den jeweiligen Moment und machte mir keine Sorgen, was der nächste Tag bringen würde. Ich vertraute ganz natürlich auf das Gute — auf Gott—, weil ich wusste, dass Er für mich sorgen würde."

Sich nicht um den nächsten Tag zu sorgen, ist ein Plus für Abenteuerlustige. Die erste Grenze, die Philippe und sein Bruder überquerten, brachte sie nach Deutschland. In jener Nacht schlief Philippe zum ersten Mal in seinem Leben im Freien. Sie hörten sonderbare Tiergeräusche um sich herum, doch die Schönheit der Konstellationen, die durch die hohen Bäume schimmerten, machte die Nacht unvergesslich. Einige Nächte später, nach einem Regenguss, der bis auf die Haut durchging, kauften sie ein Zelt.

Sie kamen gut voran, als sie Österreich, die Tschechische Republik, Polen, Litauen, Lettland, Estland durchquerten. Sie näherten sich der russischen Grenze und hielten einige Kilometer entfernt an. Ein freundlicher russischer Bauer begrüßte sie und lud sie ein, die Nacht in seinem Haus zu verbringen.

Philippe wurde trotz der freundlichen Aufnahme jedoch sehr ängstlich, als sie sich Russland näherten. Einige seiner Freunde hatten alles drangesetzt, ihn davon abzuhalten, nach Russland zu gehen. Sie warnten ihn vor den Gefahren, die ihm in einer Gesellschaft im Wandel vom Totalitarismus zur Demokratie drohten. Sein Gepäck oder sein Motorrad könnten gestohlen werden. Oder noch schlimmer.

An der Grenze wurden ihre Papiere geprüft und ihr Gepäck durchsucht. Sie wurden durchgelassen, doch Philippe hatte noch immer große Angst.

„Ich zitterte vor Angst. Ich fragte mich: „Was suchst du hier? Und als ich dann wieder auf dem Motorrad saß, riss ich mich zusammen. Die Lösung — die Zuflucht — die ich fand, lag im Vaterunser. Während der Reise dachte ich viel darüber nach. Das Gebet war eine große Hilfe, eine Basis, ein Anhaltspunkt für mich. Ich dachte tief über jedes Wort nach. Es half mir zu verstehen, dass wir alle Brüder und Schwestern sind, weil Gott ,unser Vater' ist. Wir sind alle vereint, miteinander verbunden. Und ich fürchtete mich nicht mehr. Ich sah alle Leute in diesem Land als Kinder Gottes, als Brüder und Schwestern, die keinen Grund hatten, mir etwas anzutun. Und unser Aufenthalt in Russland war tatsächlich sehr angenehm."

Auf der Fahrt hatte Philippe noch oft Gelegenheit festzustellen, dass das geistige Universum die Harmonie, Güte und Schönheit Gottes ausdrückt. Und überall, wo er hinkam, hielt er Ausschau nach diesen Eigenschaften. Einmal sah er in Indien ein kleines Mädchen, das auf dem Schulweg war.

„Sie musste schon längere Zeit unterwegs gewesen sein. Ich konnte mich nicht erinnern, zuvor an irgendeinem Haus vorbeigekommen zu sein. Sie war ungefähr fünf oder sechs. Sie trug die in Indien übliche dunkelblaue und weiße Schulkleidung. Sie war barfuß oder trug Sandalen. Ich hielt an und fragte sie, ob ich sie knipsen dürfte. Es war ihr recht. Dann bot ich ihr an, sie zur Schule zu fahren, die etwa zwei Kilometer entfernt war. Ich hob sie hoch und setzte sie auf mein Gepäck und brachte sie zur Schule. Ich freute mich über diese Begegnung. Ich traf so viele großzügige Menschen, die mich bei ihnen übernachten ließen, selbst wenn sie sehr wenig hatten."

Philippes Verständnis von der universalen Familie der Kinder Gottes hat ihm viele Male auf seiner Reise geholfen.

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