Matti und Rosi gingen jeden Tag durch den Wald zur Schule. An Sonntagen gingen sie den gleichen Weg zur Kirche. Die Schule und die Kirche waren fünf Kilometer entfernt in einem Dorf. Das Dorf lag in Kenia und der Wald hieß Kamiti-Wald.
Matti war zehn und vertrieb seiner jüngeren Schwester die Zeit unterwegs immer so gut, dass sie nie merkte, wie lang der Weg war. Er brachte Rosi bei, wie man Schmetterlinge fängt. Sie suchten frisch erblühte Blumen oder rieten das Alter eines Baums. Manchmal sangen sie Lieder, die sie in der Sonntagsschule gelernt hatten. Oder Matti erzählte Rosi Geschichten aus der Bibel und spielte sie nach. Rosi bewunderte ihren Bruder und konnte es kaum erwarten, mit ihm durch den Wald zu gehen.
Eines Sonntagmorgens wachten Rosi und Matti wie immer um fünf Uhr morgens auf. Sie badeten schnell und zogen ihre besten Kleider an. Ihre Eltern gingen mit ihnen durch den Wald zur Kirche.
Unterwegs erzählten die Eltern, wie Gott die Welt erschaffen hat und dass Er immer auf sie alle aufpasst. Matti wusste, dass der Sonntag ein Tag des Dankes an den Herrn ist, und er freute sich darauf, neue Bibelgeschichten zu lernen.
Die Sonntagsschule begann vor dem Hauptgottesdienst. Darum verabschiedeten sich die Eltern und warteten, bis Matti und Rosi in der Kirche waren. An diesem Tag sprachen sie über einen Mann in der Bibel, der Samson hieß. Sie erfuhren, dass Samson tapfer und stark war und dass er das israelitische Volk vor seinen Feinden rettete.
Nach der Sonntagsschule nahm Matti seine Schwester an die Hand und sie machten sich auf den Heimweg, während ihre Eltern noch eine Weile in der Kirche blieben.
Es war Mittag und zu dieser Tageszeit scheint die Sonne am heißesten auf den Kamiti-Wald. Aber Matti und Rosi störte die Hitze nicht, denn die hohen Bäume spendeten Schatten. Matti fing an, die Geschichte von Samson nachzuspielen. Er kletterte auf kleine Bäume und sprang herunter, um den Feind überraschend anzugreifen. Dann tat er so, als ob er der König der Israeliten wäre. Er stolzierte majestätisch den Waldweg entlang und erklärte Rosi anschaulich, wie es im Palast des Königs aussah. Rosi musste kichern, als er ihre Hand hielt und so tat, als ob sie die Königin wäre.
Im selben Augenblick bemerkte Rosi einen schönen Schmetterling in einem Busch und fragte Matti: „Lieber König, hättest du die Freundlichkeit und würdest mir diesen wunderschönen Schmetterling fangen?“
„Selbstverständlich, meine Königin“, erwiderte Matti.
Rosi hielt die Luft an, während Matti zu der Blume kroch, auf der sich der Schmetterling niedergelassen hatte. Rosi schaute ihrem Bruder so angespannt zu, dass sie nicht merkte, wie eine riesige Pythonschlange immer näher an sie heranschlich.
Kurz bevor Matti die Hand ausstrecken und den Schmetterling fangen wollte, drehte er sich um, weil er sichergehen wollte, dass seine Königin ihm auch zuschaute. Da sah er die Schlange, die sie gerade angreifen wollte. Ohne zu zögern sprang er auf die Füße und rannte blitzschnell zu Rosi. Er schob sie hinter sich und stand der Schlange gegenüber. Mit seinen bloßen Händen packte er den Kopf der Python und rief Rosi zu, dass sie schnell Hilfe holen soll.
Rosi rannte los.
Die Schlange war sehr stark. Sie schleuderte Matti hin und her. Er hatte Mühe, festen Boden unter den Füßen zu behalten. Die Schlange peitschte und wand ihren Unterkörper auf einen Busch neben Matti. Er hielt ihren Kopf fest, bis Rosi außer Sichtweite und in Sicherheit war. Dann ließ er die Schlange los. Er wälzte sich zur Seite und rannte seiner Schwester nach.
Bald kamen die Leute aus dem Dorf herbeigelaufen. Sie fingen die Schlange. Matti erzählte allen, dass er die ganze Zeit über, als er mit der Schlange kämpfte, Gottes Liebe und Frieden in sich gespürt hatte. Er wusste, dass Gott bei ihm war, so wie Er auch bei Samson gewesen war. Und wie Er bei so vielen anderen Menschen gewesen war, die Matti aus der Bibel kannte. Gott beschützte ihn. Und das gab Matti die Kraft durchzuhalten.
Matti dankte dem Herrn, dass Er ihn und seine Schwester gerettet hatte.