Hast du schon mal den Neumond gesehen, der wie
ein weißer Splitter am dunklen Nachthimmel steht?
Und hast du dir dann vorgestellt,
dass sich im Schatten von diesem Splitter
der ganze runde Mond verbirgt?
Hast du einen kleinen Stern gesehen,
der direkt an der Spitze des Neumondes schwebt
und hell wie ein Milchfleck leuchtet?
Hast du dich gefragt, ob sie
vielleicht Freunde sind?
Nun, eines Nachts
flüsterte der kleine
Stern dem Mond zu:
„Mond?“
Der Mond schwieg, wie so oft.
„Mond“, bohrte der kleine Stern weiter,
„du bist ein Lächeln.“
Der Mond antwortete nicht. Aber er lächelte.
„Mond“, rief der kleine Stern,
nunmehr ein bisschen lauter.
„Mond, du bist ein Schnipsel
von einem Fingernagel.“
Der Mond gab
wieder keine Antwort.
„Nein, du bist
eine Wimper!“
Der Mond blieb stumm.
„Mond, du bist bloß ein
Krümel von einem Puderzuckerkeks.
Der allerletzte Rest vom
allerletzten Stück!“
„Nein!“ sagte der Mond
schließlich. „Nein,
das stimmt nicht.“
„Bist du
vielleicht
der Rand von
einer Nussschale?“,
flüsterte der kleine Stern.
„Nein. Nein, das bin ich nicht.
Ich bin kein Rest und
kein Rand, kein
Schnipsel und kein
Stück und kein Krümel!
Ich bin groß und
ganz und rund.
Ich verstecke
mich nur.“
„Du hast ein heimliches Ich?“, fragte der kleine Stern.
„Ein einzigartiges heimliches Ich“, antwortete der
Mond. „Du kannst eben nicht
alles von mir sehen.“
„Ist das bei mir auch so?“ fragte der kleine Stern.
„Hab ich auch ein heimliches Ich?
Haben alle eins?“
„Ja“, antwortete der Mond
und nickte dem kleinen Stern zu.
„Du hast ein vollkommenes Ich, das nur Gott
kennt, ein Ich, das Gott liebt.
Dein einzigartiges heimliches Ich!“
Der Mond lächelte zu den vielen schlafenden
Köpfen auf die Erde hinab, nickte freundlich
und sagte: „Und auch du hast eins ...
und du ... ja, auch du.“ *
