F: Alle reden ständig davon, dass man sich selbst lieben soll. Doch manchmal frage ich mich: Geht das überhaupt?
A: Ich weiß, was du meinst. Manchmal hat es den Anschein, als sei es sehr schwer, sich selbst zu lieben, und ich glaube, das liegt an dem, was wir uns über uns selbst einreden.
Wir wissen bestimmt, dass man keine Lügen oder Gerüchte über andere verbreiten soll. Aber manchmal hören wir auf weniger gute Geschichten über uns selbst oder verbreiten sie sogar. „Ich bin nicht schnell genug. Ich bin nicht klug genug. Ich bin nicht ... irgendwas genug.“
Klar. Irgendjemand ist bestimmt schneller als du. Jemand ist besser in Mathe, kann besser Witze erzählen oder sonst was. Aber Aussagen, die „Ich bin nicht … genug“ enthalten, haben nichts mit uns zu tun. Unsere Identität setzt sich nicht aus dem zusammen, was wir nicht gut können oder wo wir vielleicht nicht mit anderen mithalten. Und wenn ich mir dieser Tatsache bewusst bin, bekommt das Gefühl, mich nicht selbst lieben zu können, Risse.
Woher weiß ich, dass uns alle diese schlechten Sachen nicht wirklich definieren? Von etwas, das Jesus gesagt hat und das wir in der Bibel lesen können. Ich bin immer dankbar für das, was Jesus gesagt hat, denn wir wissen, dass er gekommen ist, um die Wahrheit zu sagen und uns zu zeigen, was wahr ist. Deshalb können wir seinen Worten wirklich vertrauen.
Zum Beispiel sagte er in seiner Bergpredigt: „Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen“ (Matthäus 5:16).
Für mich heißt das, dass wir alle ein wundervolles, einzigartiges Licht haben – unsere Individualität, unser Geschenk an die Welt –, und wir können es nicht nur selbst erkennen, sondern selbstbewusst leuchten lassen. Doch das Interessante an dieser Aussage von Jesus kommt in der zweiten Hälfte. Er sagt, dass die Menschen, die das Gute sehen, das wir tun, zu Gott geführt werden und Ihn preisen sollen und nicht uns.
Vielleicht klingt das enttäuschend. Wenn wir etwas gut machen, wollen wir doch dafür anerkannt werden, oder? Gehört das nicht dazu, geliebt zu werden? Doch die Tatsache, dass alle unsere guten Eigenschaften zurück auf das göttliche Gemüt, Gott, deuten, zeigt uns, dass diese Eigenschaften beständig und damit sicher sind. Sie hängen nicht von dem ab, was andere über uns denken oder was wir von uns selbst halten. Und da diese Eigenschaften aus einer unendlichen Quelle stammen, können wir nirgendwo Mangel leiden. Unsere geistige Identität ist die „vollständige Darstellung des Gemüts“, schreibt Mary Baker Eddy in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift (S. 591).
Man kann auch einen anderen Namen für Gott verwenden und sagen, dass unsere Identität die vollständige Darstellung der Liebe ist. Und damit ist der Anfang getan, wenn es darum geht, uns selbst zu lieben. Wenn wir die vollständige Darstellung der Liebe sind, dann müssen wir liebevoll, geliebt, liebenswert sein – ob wir das immer selbst fühlen und glauben oder nicht.
Das habe ich einmal auf einer Frankreichreise selbst entdeckt. Am Anfang der Reise ging es mir gar nicht gut. Ich hatte verletzte Gefühle und kaputte Beziehungen zurückgelassen und fühlte mich völlig ungeliebt. Doch nach zwei Wochen hatte ich auf der Reise eines Morgens eine wunderbare Erfahrung auf einem Hügel mit Blick aufs Meer.
Erst warf ich Gott alles vor, was nicht gut lief, und fragte Ihn, wieso Er nichts deswegen unternommen hatte. Doch als mir schließlich die Klagen ausgingen, trat eine heilige Stille ein, und ganz plötzlich fühlte ich mich völlig geliebt. Intensiv, göttlich geliebt. Ich wusste ohne jeden Zweifel, dass ich geliebt wurde. Und diese Liebe war wichtiger als all die anderen Dinge, über die ich wütend gewesen war; sie war der Grund für meine Existenz. Ich war geheilt und erkannte mich selbst viel klarer. Ich war kein Mensch mit Enttäuschungen und Problemen – ich war geliebt.
Der Rest meiner Reise – ja, mein ganzes Leben – wurde an jenem stillen Morgen in Frankreich umgewandelt. Man kann nur das geben, was man hat. Wenn man also weiß, dass man geliebt wird – wenn man weiß, dass man Liebe hat –, dann kann man Liebe bereitwillig weitergeben. Und wenn man das macht, kann man fühlen, wie die Liebe direkt zu uns zurückkommt. Man könnte sagen, dass das Wissen der grundlegenden geistigen Tatsache, geliebt zu werden, einen unauslöschlichen Kreislauf aus lieben und geliebt werden, geliebt werden und lieben hervorruft.
Es ist nie zu spät, um mehr zu lieben. Es ist nie zu spät, um zuzugeben, dass wir so sehr geliebt sind. Du kannst dir jeden Morgen in Erinnerung rufen: „Ich werde geliebt, ich bin liebevoll, ich bin liebenswürdig, ich bin liebenswert.“ Und du wirst wie ich feststellen, dass das der Wahrheit entspricht.
