Ich glaube, ich hatte damals Jeans und einen Pulli an. Auf jeden Fall weiß ich, dass es kalt war. Ich musste von der U-Bahn noch drei Kilometer laufen, und es wäre mir nie eingefallen, dass Jeans unpassend sein könnten. Doch als ich die Kirche betrat, traf mich ein strenger Blick.
„Jeans zur Kirche?“, fragte eine Frau mit hochgezogenen Augenbrauen.
Ich war noch nicht lange Mitglied der Kirche. Ich hatte gerade mein Studium beendet und freute mich riesig, die Gottesdienste zu besuchen. Die Kirche empfand ich als das perfekte Ziel meiner Gebete und Energie. Doch nun stellte sich mir die Frage: Gehörte ich da wirklich hin?
Es gibt viele Gründe dafür, uns zu fragen, ob wir zu den anderen in der Sonntagsschule oder Kirche gehören. Unsere Kleidung, unser Selbstverständnis, unsere Überzeugungen – oder Unsicherheiten – hinsichtlich unseres Glaubens, ja, sogar wie wir über unsere persönliche Erfahrung mit Gott reden, all das könnte uns zu der unangenehmen Schlussfolgerung führen: Vielleicht sind wir in Wirklichkeit Außenseiter. Vielleicht sind wir gar nicht willkommen.
Doch wie interpretiert man diese teilweise unübersehbaren Unterschiede richtig? Diese Frage stellte ich mir nach dem Jeans-Debakel.
Ich hatte die Christliche Wissenschaft immer als die inklusivste Sicht von der Welt betrachtet, die mir je begegnet war. Mary Baker Eddy erklärt, dass die gesamte Schöpfung von universalen geistigen Gesetzen des Guten regiert wird. Niemand ist davon ausgeschlossen. Die Christliche Wissenschaft hilft uns, diese Ideen zu verstehen, und zeigt uns ihre Praktikabilität, denn sie schließen alle Menschen ein, ob sie sich der Christlichen Wissenschaft nahe fühlen oder nicht.
Warum sollte das offenste, umfassendste geistige System dann nicht die offensten, unvoreingenommensten Mitglieder haben? Als ich eines Tages über diese Frage betete, bekam ich ein klares mentales Bild von den Religionsführern zu Jesu Zeit, die seine Heilungen kritisierten und den Menschen sagten, er vollbringe Teufelswerke. Oje! Statt ihn und seine neuen Ideen anzunehmen, hatten sie nichts als Kritik, Spott und Ablehnung für ihn übrig.
Da verstand ich, dass es ebenso wenig um Schikane gegen Jesus ging, wie darum, dass in meinem viel harmloseren Fall eine Frau meine Kleidung nicht mochte. Es war einfach ein Widerstand gegen Offenheit und Herzlichkeit, der sich als die Gedanken dieser Personen ausgab. Doch diese Gedanken gehörten nicht zu ihnen oder sonst jemandem. Sie kamen nicht von Gott und hatten somit keinen Ursprung, keine wirkliche Macht. Sie konnten niemandem etwas weismachen, mich eingeschlossen.
Ja, ich musste selbst etwas besser denken, da ich verstand, dass die Verurteilung der Frau zu Verurteilung meinerseits geführt hatte. Und ich wurde milder gestimmt, als ich verstand, dass ich die Frau annehmen konnte, selbst wenn sie mich vielleicht nicht annehmen wollte. Ich konnte das in die Kirche einbringen, was mir wichtig war – Herzlichkeit, Offenheit, Liebe –, und auf diese Weise waren diese Qualitäten immer bei mir in der Kirche, ob alle sie zum Ausdruck brachten oder nicht.
Danach fühlte es sich ganz natürlich an, weiter zur Kirche zu gehen. Die Frau sagte nie wieder etwas über meine Kleidung. Doch als es mir ein paar Jahre später wegen einer Trennung, von der ich keinem erzählt hatte, schlecht ging, sprach sie mich überraschend nach einem Sonntagsgottesdienst an und lud mich zu sich zum Essen ein. Das war genau die Liebe, die ich in dem Moment brauchte. Es war genau die Liebe, von der ich wusste, dass sie für uns alle in der Kirche vorhanden ist.
Und es war, als ob Gott mir das sagte, was Er zu uns allen sagt, egal, wer wir sind, wie wir aussehen oder ob wir meinen, dazu zu gehören, oder nicht: Du gehörst hierher. Denn genau so ist es.
