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Wahre Jüngerschaft.

Aus der Juni 1907-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Waran können wir einen Christian Scientisten erkennen? Gibt es irgend ein Erkennungszeichen, irgend etwas Charakteristisches von dem man sagen könnte, daß es diese Gemeinschaft von Christen klassifiziere? Darauf kann geantwortet werden, daß die Christian Scientisten vor allen Dingen die wohlwollendsten von allen Menschen auf Erden werden sollten. Dies wird durch die Vernunft ihrer Lehren bewirkt, aber die besondere Lehre, welche am meisten dazu beitragen wird sie vor anderen christlichen Denkern zu unterscheiden, ist die neue Behauptung, daß alles Böse unpersönlich und unwirklich ist. Diese Lehre ist keineswegs modern, sie datiert mindestens bis zu Jesu Zeit zurück und es ist möglich, daß vor seiner unvergleichlichen irdischen Laufbahn andere bereits genügend geläutert waren, um einen Strahl dieser großen übersinnlichen Wahrheit zu erkennen. In ihrer gegenwärtigen Form ist die Lehre nur deshalb einzig in ihrer Art, weil sie ebenso wie viele andere Gedanken Jesu nicht verstanden wurde und daher immer unbeachtet geblieben ist — ein unberechenbarer Verlust für die Menschheit. Diese Lehre zieht sich wie ein leuchtender Faden durch die ganze Theologie von „Science and Health“; und die praktische Anwendung ihrer Wahrheit beweist die Allheit Gottes und heilt die Kranken.

In ihrer Betätigung finden wir, daß selbst ein sehr geringes Verständnis von dem Grundsatz: daß das Böse unpersönlich ist, uns befähigt aufrichtiger zu lieben und aufrichtiger zu vergeben. Jeder Bewußtseinszustand, der Eigenschaften wie Liebe und Vergebung enthält, kann nicht verfehlen seinen milden Einfluß auf die ganze Umgebung auszuüben. Wenn man die unpersönliche Natur des Bösen erkennt, so versüßt einem dies das Leben, wie es nichts anderes kann. Es ist ein mächtiges Gegenmittel gegen all das Gift des Hasses, welches aus persönlicher Abneigung entsteht. Es heilt die zehrenden Gedanken der Eifersucht und des Neides, die der falsch geleitete Glaube verursachte, daß das Böse, was wir sehen, die Bosheit irgend einer Person sei. Es befähigt uns das wirklich zu vergeben, was uns wie ein persönlich zugefügtes Unrecht erscheint und zwar nicht heuchlerisch, sondern aufrichtig zu sagen: „Vater vergieb ihnen, denn sie wissen nicht was sie tun.”

Kein Ereignis der irdischen Geschichte reicht an die Erhabenheit des Vorganges bei Pilatus heran, wo Jesus schwieg und seine himmlische Ruhe bewahrte, unverzagt bei Spott und Hohn, bei grausamer Falschheit und körperlicher Marter. Er wurde persönlich angegriffen und mißhandelt, seine Absichten, seine Beweggründe und sein Lebenszweck wurden mißverstanden und all dies durch scheinbar persönliche Feinde. Sicherlich wurde das Böse durch persönliche Ansichten ins Werk gesetzt. Das Blut seiner christlichen Nachfolger, die durch beinahe zwei Jahrtausende von diesen Vorgängen getrennt sind, wallt auf vor Scham und Zorn, wenn sie der Brutalität seiner Verfolger gedenken, aber er selbst öffnete nicht seinen Mund. Was befähigte ihn dazu, so zu handeln? Welch erhabenes Bewußtsein hielt ihn in dieser schweren Prüfung aufrecht? Es umgab ihn mit göttlicher Majestät und erhob ihn zu der einzigen erlauchten Erscheinung in jener merkwürdigen Gesellschaft jüdischer und römischer Würdenträger. Ihnen gehörte all der menschliche Pomp, der Sieg und die Macht, aber sein war der größeste jemals errungene Sieg, der Sieg über die Persönlichkeit. Göttliche Liebe war damals der Sieger und muß immer der einzige Sieger über die Ansprüche des Irrtums bleiben. Jesus lehnte es einfach ab zu hassen. Er wies die Beeinflussung durch die irdischen Anschauungen, daß diese Persönlichkeiten um ihn seine Feinde wären, daß sie ihm Leid zufügen könnten, zurück. Es muß das Verständnis gewesen sein, daß das Böse nicht persönlich ist, das ihn befähigte all diese Prüfungen durchzumachen und dabei unerschüttert und erhaben zu bleiben.

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