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Schreckliche Gören? Stimmt nicht!

Aus der Juni 2001-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es war eine schwierige Sache. Bekannte und ich sprachen über ein Mädchen, das auf eine ihrer Töchter einen schlechten Einfluss ausübte. Angeblich log sie, wurde nicht genügend beaufsichtigt und ließ sich auf gefährliche Experimente ein. Ihr Freundeskreis war mehr von der leichtsinnigen Sorte. Dabei war sie noch nicht einmal zwölf Jahre alt.

Wir wussten, dass ihr Verhalten auf zerrüttete Verhältnisse in der Familie zurückzuführen war — die Eltern waren geschieden und es hieß, ein Elternteil sei Alkoholiker. Meiner Bekannten, die ihre elterlichen Pflichten sehr ernst nimmt, ging es vor allem darum, ihr eigenes Kind zu schützen. Sie hatte vor, den Kontakt ihrer Tochter mit dem Mädchen einzuschränken, und wir alle hielten dieses Vorgehen für richtig.

Auf der Heimfahrt kamen mir jedoch Zweifel und ich war sicher, dass es den anderen auch so ging. Ich wusste, dass ich etwas sehr Wichtiges außer Acht gelassen hatte.

Und zwar war es der Wert dieses Mädchens.

Ich kannte sie nicht näher, oder zumindest nur ihrem Ruf nach. Ließ ich mich täuschen, wenn ich keine hohen Erwartungen in das Mädchen setzte? Hatte ich mich gar nicht erst angestrengt, die ihr von Gott gegebene Reinheit wahrzunehmen, weil ich mich davon beeinflussen ließ, was andere sagten?

Eine andere Bekannte von mir war in einer ähnlichen Situation anders vorgegangen. Als ihre Tochter sich einer rebellischen Clique angeschlossen hatte, musste sie feststellen, dass die schulischen Leistungen ihrer Tochter und auch ihr Betragen sich verschlechterten. Meine Bekannte konnte jedoch ihr Mitgefühl für die Freunde ihrer Tochter nicht unterdrücken. Sie sah, wie verzweifelt sie sich nach Liebe, nach einem Zuhause und nach einem Selbstwertgefühl sehnten. Sie entschloss sich, die Tür zu ihnen offen zu halten. Das bereitete ihr täglich Kummer und verlangte Opfer von ihr; auch führte es zu Spannungen in ihrer Ehe. Doch sie erklärte mir: „Ich glaube immer noch, dass meine Tochter auf die anderen einen positiven Einfluss ausübt.”

Beide elterlichen Verhaltensweisen sind vertretbar, denn wir wollen ja, dass unsere Kinder sicher und beschützt aufwachsen und wollen ihnen helfen, ein produktives und glückliches leben zu führen. daher halten wir negative einflüsse von ihnen fern oder suchen diesen einflüssen entgegenzuwirken. es kann jedoch sein, dass selbst unsere besten anstrengungen nicht genügen, wenn sie sich nur auf die chaotische szene in den menschlichen angelegenheiten beschränken. wenn wir einmal merken, dass dort keine dauerhaften lösungen zu finden sind, werden wir vielleicht gezwungen anderswo nach wirksameren lösungen zu forschen.

Dabei brauchen wir nicht weit zu schauen. auch ist es nicht nötig, anderen eine neue und höhere moral aufzuoktroyieren. wenn die lösungen geistiger art sind, existieren sie bereits in unserem Denken. im vorwort zu ihrem Lehrbuch über geistiges heilen befasst sich mary Baker Eddy mit dem geistigen einfluss, der unmoralischen, hasserfüllten, sinnlichen gefühlen entgegenwirkt, die uns und unsere jungen leute manchmal herabziehen wollen. Dieser Einfluss besteht nicht einfach aus guten Gedanken, obwohl diese sicherlich zum Guten hinführen. Die Verfasserin nennt sie „das Zeichen des Immanuel oder, Gott mit uns’ — ein göttlicher Einfluss, der im menschlichen Bewusstsein immer gegenwärtig ist und sich wiederholt, der heute kommt, wie schon damals verheißen wurde:

zu predigen den Gefangenen
[des Sinnes], dass sie
frei sein
sollen,
und den Blinden, dass sie
sehen sollen,
und den Zerschlagenen,
dass sie frei und ledig sein
sollen.”Wissenschaft und Gesundheit, S. xi.

Dieser göttliche Einfluss ist im Bewusstsein jedes Einzelnen am Werk, um in jeder Lage Befreiung zu bringen. Da dieser Einfluss das Ziel hat zu erretten und zu heilen, macht er sich nicht nur ein einziges Mal bei uns und unseren Kindern geltend, um dann wieder zu verschwinden. Er macht sich immer wieder geltend, bis wir ihn in unserem Herzen willkommen heißen und die Spiritualität wahrnehmen, die uns als Geschenk Gottes bereits zu Eigen ist, und zwar jedem von uns.

Das eigentliche Wesen dieser geistigen Kraft ist die ewige, allmächtige göttliche Liebe. Wenn wir diesen Einfluss in uns und anderen wahrnehmen, wird die vermeintliche Kluft zwischen Erwachsenen und Teenagern überbrückt. Denn „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus” 1. Joh 4:18., und daher vertreibt diese nach und nach die Furcht, die die Erwachsenen vielleicht vor Jugendlichen haben, oder auch die Furcht, die die Jugendlichen vor sich selbst haben.

Ich erhielt einmal den Auftrag, einer kleinen Klasse von Teenagern, deren Verhalten von schweigsam und missmutig bis unglaublich provokant reichte, spirituelle Konzepte nahe zu bringen. Die Aufgabe schien meine Fähigkeiten zu übersteigen. Das Benehmen dieser Jugendlichen jagte mir Angst ein und ich war sicher, dass ich scheitern würde. Eine Kollegin, die in den stürmischen sechziger Jahren vier Kinder großgezogen hatte, lächelte mir in meiner Verzweiflung zu und erklärte mir ruhig: „Das sind doch Teenager. Die müssen Sie einfach lieben.”

Ihr Ratschlag war für mich und die Klasse ein Wendepunkt. Mir wurde klar, dass auch ich einmal in diesem Alter gewesen war und diese Jugendlichen sich von mir damals nicht viel unterschieden. Als ich in jenen Jahren des Heranwachsens in den Spiegel schaute, sah ich manchmal wenig, was liebenswert war. Doch das änderte sich langsam mit den Ideen, die mir in der Sonntagsschule beigebracht wurden. Wir befassten uns mit dem Menschen, der in Wissenschaft und Gesundheit als „das geistige Bild und Gleichnis Gottes; die vollständige Darstellung des Gemüts”Wissenschaft und Gesundheit, S. 591. definiert wird. Es ist eine umfassende geistige Definition, die über ein materielles Menschenbild hinausgeht. Stattdessen wird jeder Einzelne in seiner unvergänglichen Identität als vollkommen verstanden, als gänzlich gut, ohne Makel oder Begrenzung.

Was ich im Spiegel sah, war nicht das, was Gott sah. Er sah die geistigen Eigenschaften, die Er mir als Seinem Kind verliehen hatte, und die waren Ihm eine Freude. Gleiches bringt Gleiches hervor, daher mussten diese Eigenschaften Intelligenz, Freude, Güte und Schönheit einschließen. Ich wusste, sie mussten da sein, auch wenn ich sie noch nicht wahrnehmen konnte. Gott sah sie jedenfalls und das genügte mir.

Noch als Teenager kam ich dann mit schwerem Alkoholkonsum, Drogen und Promiskuität in Berührung und diesem Einfluss hätten mich meine Eltern bestimmt nicht ausgesetzt. Doch der göttliche Einfluss in mir und den Menschen, die um mich waren, war stark. Mit seiner Hilfe konnte ich mich an den geistigen Idealen orientieren, denen ich selber immer mehr Wert beimaß. Ich wurde beschützt, umsorgt und gestärkt. Als Folge davon ging ich aus diesen Jahren ohne seelische Narben und inneren Ballast hervor, sondern hatte Freunde, deren geistige Identität ich genauso schätzte wie meine eigene.

Als mich also in meiner Klasse die skeptischen Gesichter der Teenager anstarrten, zwang ich mich dazu, diese Masken zu ignorieren und in jedem von ihnen die reinen Eigenschaften des Geistes wahrzunehmen, die sie alle von unserem gemeinsamen Vater-Mutter geerbt hatten. Dann fiel es mir nicht mehr schwer, diese Jugendlichen zu lieben, und wir schlossen eine Freundschaft, die viele jahre andauerte.

Ob Teenager nun unter unserem Dach leben oder anderswo — wenn wir ihre unverdorbene Spiritualität wahrnehmen und sie aufgrund dessen lieben lernen, helfen wir ihnen, ihren eigenen Wert als Gottes Kinder zu erkennen. Diese Liebe, die sie dann widerspiegeln, strahlt nach außen und breitet sich auf andere aus. Sie schafft Netzwerke, die Unterstützung gewähren und Zuversicht schaffen, ja die retten und heilen.

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