Jeffrey Hildner: Mr. Spencer, vor einiger Zeit beschäftigte sich der Journal tiefgehend mit Jesu Gebot an seine Nachfolger: „Macht Kranke gesund." (Matthäus 10) Ich möchte Ihnen einige Fragen stellen, um dieses Thema zu vertiefen. Zunächst, was haben die vielen Jahre Ihrer Erfahrung Sie darüber gelehrt, wie man Kranke gesund macht? Könnten Sie einige bei der Arbeit getestete Einsichten mit uns teilen?
James Spencer: Mr. Hildner, das ist so eine durchdringende Frage. Was habe ich darüber gelernt, wie man die Kranken heilt? Die Antwort könnte fünf Bücher füllen! Aber lassen Sie mich mit den einfachsten Bestandteilen beginnen. Die Kranken zu heilen fängt mit Gebet an–oder mit Kommunion mit Gott; dazu gehören Studium, demütige Selbsterkenntnis, geistiges Wachstum, geistige Sicht, Hingabe, Beharrlichkeit und Mut.
Aber mehr als alles andere schließt es Liebe ein–selbstlose Liebe, die die göttliche Liebe erstrahlen lässt, die eigentlich Gott Selbst ist. Es ist die Liebe, die ihren Ursprung nicht im Menschen, sondern in Gott hat, und sie begegnet uns durch andere Menschen, wenn wir unsere Einheit mit der göttlichen Liebe, die Gott ist, fühlen. Der Autor des ersten Johannesbriefes beschrieb Gott so klar, als er sagte: „Gott ist die Liebe." (1. Johannes 4) Das ist Gottes Sein. Das ist Gott: Liebe. Der Ausdruck der göttlichen Liebe ist das, was wir eigentlich sind, unsere geistige Identität und Individualität. Wir müssen das Bild der Liebe sein, als das Gleichnis der Liebe leben, um zu heilen.
Und es muss deutlich sein, dass diese Liebe so viel mehr ist als ein menschliches Gefühl oder bloß menschliche Güte. Barmherzigkeit ist gut und notwendig, aber sie ist nicht rein genug, um zu heilen. Die Art und Weise der Liebe, die heilt, könnte als Sonnenstrahl bezeichnet werden, der von der Sonne kommt. Er ist nicht die Sonne, aber er ist eine Wirkung der Sonne. Er hat alle Bestandteile der Sonne und ist ständig mit ihr verbunden. Wenn wir also immer mehr die reine Liebe leben, die alle „Bestandteile" oder Eigenschaften der Liebe Gottes beinhaltet, werden wir Liebe leben und Liebe sein. Und wir werden mit unserem Leben heilen.
Es ist die Liebe, die ihren Ursprung nicht im Menschen, sondern in Gott hat, und sie begegnet uns durch andere Menschen, wenn wir unsere Einheit mit der göttlichen Liebe, die Gott ist, fühlen.
Die Macht der Liebe, die Sie beschreiben–wir beide wissen, dass jeder Mensch das Potenzial hat, diese Macht hier und jetzt auszustrahlen und zu fühlen. Und Sie haben schon früh in Ihrem Leben gesehen, wie sich das Leben der Menschen und ihr körperlicher Zustand durch geistige Macht verbessern können.
Ja, andere Menschen begannen zu mir zu kommen, damit ich ihnen helfe und sie heile, als ich am Gymnasium war, und es kamen noch mehr, als ich an der Universität war. Ich konnte sehen, wie Heilung ganz unbewusst geschah, wenn ich die Liebe Gottes zu jedem Menschen fühlte. Aber ich musste in ein tieferes Verständnis der Gesetze von Gott, Liebe, hineinwachsen, die uns überhaupt befähigen, mit Folgerichtigkeit zu heilen. Und ich musste verstehen lernen, was unsere Fähigkeit zu heilen stört. Mein Streben nach diesem tieferen Verständnis der Liebe, gepaart mit Selbstprüfung und Selbsterneuerung besteht immer noch.
Der Meister, Jesus Christus, arbeitete mit seinen engsten Nachfolgern, seinen Jüngern. Er lehrte sie „Gebote über Gebote". Aber trotzdem mussten sie sich seine Lehren durch die Anwendung dessen, was sie gelernt hatten, zu Eigen machen. Die Bibel berichtet von einem verzweifelten Mann, der den Jüngern sein Kind zur Heilung brachte, und sie waren nicht in der Lage, ihm zu helfen. Jesus heilte das Kind und sagte seinen Jüngern, sie hätten wegen ihres Unglaubens oder ihres mangelnden Verständnisse und aus mangelndem Vertrauen versagt. Aber dann sagte er, um sie zu trösten und anzuleiten: „Aber diese Art fährt nur aus durch Beten und Fasten." (Matthäus 17) Ich suche beständig danach, mir diese Wahrheit zu Eigen zu machen, indem ich „Beten und Fasten" übe.
Wir müssen den Glauben verneinen, dass das Böse in all seinen Erscheinungsformen wahr wäre.
Was meinen Sie mit Beten und Fasten?
Nun, ich verstehe dieses „Beten" als eine ernsthafte, engagierte Bekräftigung der großen geistigen Wahrheiten des Seins - der Allheit Gottes, des Geistes, der totalen Vollkommenheit des Menschen als Gleichnis des Geistes und der liebevollen Einheit von Gott und Mensch. Und ich verstehe „Fasten" als Verneinung. Wir müssen zum Beispiel den Glauben verneinen–oder fasten–, dass Leben und Intelligenz in der Materie wären. Wir müssen die Anzeichen der so genannten materiellen Sinne verneinen. Wir müssen den Glauben verneinen, dass das Böse in all seinen Erscheinungsformen wahr wäre. Und wir müssen den Glauben verneinen, dass Liebe, Gott, nicht die einzige Gegenwart, Macht und Aktivität wäre. Und dieses „Fasten" muss die Verfälschungen des Herzens ablegen, die uns davon zurückhalten, Gott und Seine Vollkommenheit zu erkennen–Verfälschungen wie Neid, Sinnlichkeit, Unehrlichkeit, Selbstgerechtigkeit, Selbstrechtfertigung, Eigensinn, Härte oder all die anderen negativen Eigenschaften, die dazu tendieren, unsere wahre Identität und unsere Beziehung zu Gott zu verbergen, die unsere geistige Sicht vernebeln und unsere Fähigkeit zu heilen behindern. Wenn diese negativen mentalen Elemente aus unserem Denken beseitigt werden, erstrahlt die Gleichheit mit Gott – unsere eigene geistige Individualität.
Lassen Sie uns auf diesen Gedanken aufbauen, Mr. Spencer. Ich verstehe Sie so, dass wir von dem christlich-wissenschaftlichen Standpunkt aus einen geistigen Doppelschlag ausführen müssen, wenn wir uns oder einen anderen heilen wollen: Wir müssen beten und fasten. Wir müssen „Ja und Nein" sagen–„Ja" zum Guten und „Nein" zum Bösen. Erzählen Sie mir jetzt mehr darüber, wie wir das Böse entwaffnen können. Mary Baker Eddy warnte vor dem, was sie mentale Malpraxis und tierischen Magnetismus nannte–Begriffe, die die hartnäckige Illusion, dass Materialität und das Böse eine Wirklichkeit, eine Intelligenz und eine Macht hätten, auf den Punkt bringen. Und ich habe festgestellt: Wenn wir nicht wollen, dass das Böse uns schadet – nicht einmal die Illusion des Bösen–,dann müssen wir eine kraftvolle mentale Schlacht schlagen. Wir müssen ein metaphysischer Kämpfer sein.
Ja, ohne Frage müssen wir uns mit dem Bösen auseinandersetzen–und das ausdrücklich. Aber wir beweisen und überwinden die Nichtexistenz des Bösen immer von der Allmacht und Allgegenwart Gottes aus. Von der Wirklichkeit des Guten ausgehend beweisen wir die Unwirklichkeit des Bösen. In Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy steht: „Bist du mit der vollständigen Rüstung der Liebe bekleidet, kann menschlicher Hass dich nicht erreichen." (S. 571) Wir überwinden die störrische Illusion, dass das Böse Macht besäße, dadurch, dass wir verstehen, dass das Gute allein Macht ist. Im Neuen Testament wird der Ursprung der Illusion des Bösen als „das fleischliche Gemüt" (nach der englischen Bibel, Römer 8) bezeichnet. Und Jesus sagte, das fleischliche Gemüt ist ein Lügner. In diesem lügenden, mythischen Gemüt gibt es nichts, was hilfreich ist oder heilt. Und das wird deutlich, wenn Gott als göttliche Liebe, total gut, wie ein Licht in unserem Denken aufgeht.
Um der Menschheit zu helfen, die Methode zu verstehen, mit der man dem Bösen begegnet, wies Mary Baker Eddy uns ständig auf die Macht und Aktivität der göttlichen Liebe hin, um buchstäblich mit all den unzähligen Darstellungen des Bösen zu kämpfen. Aber dieser Kampf beginnt mit der Versicherung der Allheit und Einzigartigkeit der Liebe. Und es ist interessant zu beachten, dass wir nicht vollständig verteidigt oder geschützt sind, wenn wir diese Liebe in unserem täglichen Leben nicht leben.
Diese Gegenwart und Tätigkeit gehen Jesus natürlich voraus, weil Gott, das unendliche Gute, allen Raum erfüllt und ohne Anfang und ohne Ende ist.
Mary Baker Eddy sagte, dass sie den Begriff Christian Science (Christliche Wissenschaft) prägte, „... um das wissenschaftliche System des göttlichen Heilens zu bezeichnen." (WuG, S. 123) Idealerweise findet diese Zeitschrift den Weg auch in die Hände von Menschen, die nichts über die Christliche Wissenschaft wissen. Könnten Sie kurz die Verbindung zwischen der Heilkraft Jesu und dem wissenschaftlichen System erklären, auf dem Eddy ihre Kirche erbaute. Hat Jesus Christliche Wissenschaft angewandt?
Lassen Sie uns mit dem letzten Teil ihrer Frage beginnen und den Begriff Christliche Wissenschaft definieren. Natürlich ist dies eine religiöse Glaubensgemeinschaft, die Eddy im 19. Jahrhundert in den USA gegründet hat. Aber der Begriff beinhaltet viel mehr, weil er sich auf die zeitlosen, immergegenwärtigen, immer wirkenden Gesetze Gottes bezieht, auf die Macht des göttlichen Gemüts, das die Harmonie des Menschen und des Universums demonstriert und erhält. Diese Gegenwart und Tätigkeit gehen Jesus natürlich voraus, weil Gott, das unendliche Gute, allen Raum erfüllt und ohne Anfang und ohne Ende ist.
Jesus, mit seiner beispiellosen jungfräulichen Geburt — diesem großartigen Geschenk Gottes an die Menschheit – kam, um die unaufhörliche Tätigkeit des göttlichen Gesetzes aufzuzeigen. Hat Jesus also Christliche Wissenschaft genutzt? Ich würde eher sagen, dass dieses wunderbare Gesetz Gottes durch Jesus gewirkt hat, um zu heilen und zu erlösen. Und dieses Gesetz oder diese Wissenschaft des Christus steht durch die Entdeckung dessen, was heute als Christliche Wissenschaft bekannt ist, für alle Menschen zur Verfügung.
Ja, es gibt ein System der metaphysischen Praxis. Aber Jesus nutzte kein System. Sein geistiges Verständnis entfaltete ständig die Wirklichkeit der immergegenwärtigen Vollkommenheit. Er hat tatsächlich nie die Sichtweise der vollkommenen Schöpfung verloren, also heilte er alle Arten von Krankheiten, gab den Hungrigen zu essen, wandelte die Sünder um und weckte sogar Tote auf.
Hat Jesus also Christliche Wissenschaft genutzt? Ich würde eher sagen, dass dieses wunderbare Gesetz Gottes durch Jesus gewirkt hat, um zu heilen und zu erlösen.
Aber er musste seine Jünger zu dem Stand erheben, durch den sie ihre falsche Erziehung, ihre Zweifel und ihre Schwächen ablegen konnten. Sie mussten, wie es der Apostel Paulus ausdrückte, „den alten Menschen mit seinen Werken ... [ausziehen]". (Kolosser 3) Sie mussten lernen, sich dem Stand zumindest anzunähern, den Jesus in seiner Natürlichkeit und Spontaneität seiner klareren geistigen Sicht erreicht hatte. Er lehrte sie und erhob sie durch Gleichnisse und logische Argumente, und ganz besonders durch die Beispiele seiner heilenden Arbeit.
Als die Christliche Wissenschaft in Eddys Denken aufdämmerte, musste sie diese erlernen und mit ihr wachsen. Dann wurden, so sagte sie, „... Vernunft und Offenbarung versöhnt ...". (WuG, S. 110) Sie stellte fest, dass sie weit fortgeschrittene Fälle organischer und funktioneller Krankheiten heilen konnte. Heilung war für sie selbstverständlich und spontan. Aber auch ihre Schüler mussten lernen, wie man heilt. Sie mussten erkennen, dass Heilung aus der Reinheit erneuerter Herzen fließt. Die Schüler begannen oft mehr mit Vernunft als mit Offenbarung. Aber die Vernunft hatte ihren Zweck darin, ihr Denken zum Punkt der Offenbarung zu erheben.
Wenn uns eine mathematische Gleichung vorgelegt wird, wie etwa 2+2, wissen wir sofort, dass die Antwort 4 ist. Wir brauchen keine Methode, keinen Arbeitsgang, kein System. Aber wenn uns ein mathematisches Problem mit fünf Zahlen, Multiplikation und Division und der Quadratwurzel der einen oder anderen Zahl vorgelegt wird, müssen sich die Meisten von uns hinsetzen und dies ausarbeiten. Wir müssten Schritt für Schritt vorgehen und mit Methodik arbeiten, um zu demselben Ergebnis zu gelangen, das so leicht durch reine Erkenntnis erreicht worden war.
Es gibt eine Methode der christlich-wissenschaftlichen Behandlung, bei der es ein wichtiger Aspekt ist, den Beweis von Ursache und Wirkung, von Gott, Geist, zu Seiner Schöpfung zu führen. Der Einzelne wird zu dem Punkt erhoben, an dem er die Herrlichkeit des Ganzen erkennen kann.
Durch Prüfungen, durch Suchen, Schlussfolgern, Ausprobieren und Beten wurde Mary B. Eddy darauf vorbereitet, die Wissenschaft zu empfangen. Jesu heilende Werke und Worte wurden für sie deutlich und praktikabel. Es war ein Verständnis, das sich in ihr entwickelte und das die Form dieser trostreichen Offenbarung annahm, die Christliche Wissenschaft genannt wird.
Das gleiche geistige Gesetz–der Heilige Geist–,der Jesus anregte, trieb Eddy an, das genaue metaphysische System zu finden, das hinter seiner Heilmethode stand. Und während die jungfräuliche Geburt Jesus mit unermesslicher Geistigkeit ausstattete, erreichte Eddy ihre Schlüsse durch Vernunft, Offenbarung und Demonstration. Sie kam schrittweise zum Verständnis der Wirklichkeit der geistigen Schöpfung Gottes, dem Verständnis, das für Jesus so selbstverständlich war. Sie verstand, dass Heilen bedeutet, die wahre Identität und Individualität des Menschen als gegenwärtige geistige Tatsache zu erkennen. Und ihre Fähigkeit zu heilen, wie sonst niemand seit nahezu 2000 Jahren, zeigte, dass ihr Verständnis richtig war.
Der Einzelne wird zu dem Punkt erhoben, an dem er die Herrlichkeit des Ganzen erkennen kann.
Richtig, sie legte die Latte der hervorragenden Leistung in der Kunst und Wissenschaft des Heilens höher als jeder andere seit Jesus. Und so ergibt es einen Sinn, dass sie schreibt: „Ich unterwarf mein metaphysisches System der Behandlung von Krankheit der umfassendsten praktischen Überprüfung. Seitdem hat dieses System allmählich an Boden gewonnen und sich immer dann, wenn es wissenschaftlich angewandt wurde, als das wirksamste Heilmittel in der medizinischen Praxis erwiesen." (WuG, S. 111-112)
Aber das war vor über 100 Jahren. Und wenn wir vom Fortschritt der materiellen Medizin seit der Zeit ausgehen, könnten sich vernünftige Menschen fragen: Hält Mary Baker Eddys Behauptung - dass Christliche Wissenschaft sich als „das wirksamste Heilmittel der medizinischen Praxis" behauptet–immer noch den Fakten stand? Wie denken Sie drüber?
Wenn wir über die Christliche Wissenschaft und ihr Heilsystem diskutieren, ist es wichtig zu erkennen, dass diese ein ausgedehntes Lehrfach ist, das sich mit den grundlegendsten Aspekten des Lebens und der Schöpfung befasst. Und die Menschen machen einen großen Fehler, wenn sie nur einen kleinen Ausschnitt davon betrachten und meinen, dass dieser eine Ausschnitt die Herrlichkeit und Vollkommenheit dieser Darstellung der Wirklichkeit und ihrer praktikablen Wahrheit ist.
Bitte lesen Sie den zweiten Teil in der Februar-Ausgabe.
