Wenn Sie Übersetzungen von Mary Baker Eddys Schriften lesen, haben Sie vielleicht schon darüber nachgedacht, was eine gute Übersetzung ausmacht und welche Herausforderungen sich dabei stellen. Viele von Ihnen sind an den verschiedenen Aspekten des Übersetzungsprozesses interessiert und daher möchten wir Ihnen einen Blick hinter die Kulissen bieten.
Im folgenden Artikel lesen wir von einem ehemaligen Mitglied eines Übersetzerteams. Die Zahl der Mitglieder eines Übersetzerteams ist unterschiedlich, doch normalerweise gehören einem Team Muttersprachler mit reichlich Erfahrung im Übersetzen an, englische Muttersprachler, die fließend in der Zielsprache sind und prüfen können, dass die Übersetzung die Bedeutung des englischen Originaltextes richtig wiedergibt, sowie Lehrer und Praktiker der Christlichen Wissenschaft, die die Übersetzung auf ihre metaphysische Genauigkeit hin überprüfen. Ein einzelnes Teammitglied kann mehr als eine dieser Aufgaben erfüllen und jedes Team ist einzigartig in seiner Zusammensetzung, die alle Bereiche abdeckt.
Lesen Sie im Folgenden, was eine Übersetzerin aus ihrer Perspektive zum Überset-zungsprozess zu sagen hat.
Als ich dazu eingeladen wurde, an der Übersetzung eines Buches von Mrs. Eddy mitzuarbeiten, war ich von Demut und Ehrfurcht erfüllt für dieses Vorhaben. Das Übersetzen von Eddys Schriften ist heilige Arbeit und zugleich ein großes Privileg.
Als unser Übersetzerteam mit der Arbeit begann, machten wir uns als Erstes klar, dass es äußerst wichtig ist, die Arbeit von einem korrekten geistigen Standpunkt aus anzugehen. In meinem Denken stand dabei immer die Tatsache im Vordergrund, dass Gott allein der Ursprung von jedem Wort, jedem Gedanken ist — der einzige Verfasser, der einzige Übersetzer. Mein ständiges Gebet bestand darin, diese Wahrheit zu bekräftigen und auf das göttliche Gemüt, die intelligente Quelle aller meiner Gedanken, zu lauschen. Außerdem mussten wir uns absolut sicher sein, dass Liebe der wahre Beweggrund unseres Teams war - Liebe zu Gott und zu Eddy und zu allem, was sie getan hatte, um uns diese Schriften zu geben.
Folgendes sind nach meiner Erfahrung einige der Herausforderungen beim Übersetzen von Eddys Schriften, die am meisten zum Nachdenken anregen:
Die linguistische Einzigartigkeit
Eddys Stil ist einzigartig, frisch und unvergleichlich. Sie prägte neue Metaphern und Analogien. Sie wählte absichtlich eine ungewöhnliche Wortfolge und ihre Grammatik ist oft unkonventionell. Ihre Schriften sind eine Kombination aus verschiedenen Stilen-biblisch, poetisch, journalistisch, juristisch und medizinisch. Man findet auch eine beträchtliche „Intertextualität", was bedeutet, dass sie manchmal aus anderen (bekannten oder unbekannten) literarischen Quellen oder Bibelübersetzungen zitiert. Diese Zitate sind in den Text eingegliedert, oft ohne Anführungszeichen, da ihr und ihren Zeitgenossen die Worte so vertraut waren. Jeder dieser Aspekte erfordert beim Übersetzen eine Menge Nachforschungen und tiefes Einfühlungsvermögen, um sicherzustellen, dass die Übersetzung so präzise wie möglich ist.
Treue zum offenbarten Originaltext
Das allgemein anerkannte Ziel einer guten Übersetzung ist „die Bedeutung des Originals wiederzugeben, die ganze Bedeutung und nichts als die Bedeutung" (Frederick Fuller, The Translator's Handbook, S. 157, deutsche Übersetzung des Zitats). Das bedeutet, dass die Übersetzung nicht von der ursprünglichen Inspiration abweichen darf.
Mary Baker Eddys Stil ist einzigartig, frisch und unvergleichlich. Sie prägte neue Metaphern und Analogien. Sie wählte absichtlich eine ungewöhnliche Wortfolge und ihre Grammatik ist oft unkonventionell.
Dieser Wunsch, der den Übersetzern der verschiedensten Texte gemein ist, wird noch dadurch verstärkt, dass Mary ihre Schriften als göttliche Offenbarung betrachtete. Sie schreibt: „Ich müsste erröten, von Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift so zu schreiben, wie ich es getan habe, wenn es menschlichen Ursprungs und ich, getrennt von Gott, seine Verfasserin wäre. Aber da ich nur ein Schreiber war, der die Harmonien des Himmels in der göttlichen Metaphysik widerhallen ließ, kann ich in meiner Bewertung des Lehrbuchs der Christlichen Wissenschaft nicht zu bescheiden sein" (Die Erste Kirche Christi, Wissenschaftler, und Verschiedenes, S. 115).
Auch wir als Übersetzer ihrer Werke müssen uns völlig auf den geistigen Sinn verlassen, auf die höchste Stufe unseres gegenwärtigen Verständnisses. Bei diesem Vorhaben ist es tröstlich daran zu denken, dass zu Übersetzern wie Lesern die „Sprache des Geistes" (Wissenschaft und Gesundheit, S. 117) in gleicher Weise aus den Seiten spricht und die wahre Bedeutung erläutert. Immer wieder kam es vor, dass ich, wie es schien, stundenlang mit einem schwierigen Ausdruck ringen musste. Wenn ich ganz still wurde und mich um eine Antwort an Gott wandte, kam mir dann langsam eine perfekte Lösung.
Es ist ein komplizierter Balanceakt zwischen „wortgetreuer" Übersetzung (äußerster Treue zum Originalwortlaut) und „kommunikativer" Übersetzung, die natürlich zu klingen versucht. Dieser Balanceakt ist tatsächlich so delikat, dass eine perfekte Übersetzung von vielen Experten für unmöglich gehalten wird.
Bei dem Bestreben, dem Originaltext treu zu bleiben, müssen wir aber zugleich auch daran denken, dass eine Übersetzung sich so anhören sollte, als sei sie ursprünglich in der Zielsprache geschrieben worden. Es ist ein komplizierter Balanceakt zwischen „wortgetreuer" Übersetzung (äußerster Treue zum Originalwortlaut) und „kommunikativer" Übersetzung, die natürlich zu klingen versucht. Dieser Balanceakt ist tatsächlich so delikat, dass eine perfekte Übersetzung von vielen Experten für unmöglich gehalten wird.
Bei religiösen Übersetzungen ist diese Schwierigkeit noch größer und viele glauben, dass übersetzte heilige Texte „niemals alle zufriedenstellen werden" (Lynne Long, Translation and Religion: HolyUntranslatable?, S. 15, deutsche Übersetzung des Zitats). Das ist schon ernüchternd! Doch je mehr wir in unserem Verständnis der Wahrheit wachsen, umso mehr werden diese Schwierigkeiten überwunden.
Die „neue Zunge" des Geistes
Wie man von offenbarten Texten erwarten kann, bricht Mary Baker Eddy in ihren Schriften mit sprachlichen Traditionen, um neue metaphysische Konzepte auszudrücken. Sie wendet sich ständig an die „neue Zunge" (Markus 16) in dem Bemühen, etwas zu vermitteln, was bis dahin noch nicht niedergeschrieben worden war. Betrachten Sie einmal ihre Erklärung in Wissenschaft und Gesundheit: „Prinzip und seine ldee ist eins" (S. 465), die gegen die grammatische Regel verstößt, dass Subjekt und Prädikat übereinstimmen müssen. Sie will damit einen bestimmten Punkt betonen und metaphysische Genauigkeit erzielen. Die Eleganz und Schönheit ihres Schreibstils spricht auch den Leser an und wir müssen darauf achten, dass dieser wertvolle Aspekt nicht verloren geht.
Genauso wie Eddy die Grenzen der englischen Sprache erweiterte, müssen Übersetzer in der Zielsprache oft ebenfalls Neuland betreten. So haben beispielsweise einige Sprachen keine entsprechende Übersetzung für den Begriff „Mind" [Gemüt], wie ihn Eddy in Bezug auf Gott benutzt. Sie haben vielleicht ein ähnliches Wort, doch nichts, was Einheit, Verständnis und Bewusstsein so umfasst, wie der Begriff „Mind", wie Eddy ihn gebraucht. Die Lösung ist manchmal, einen neuen Begriff oder Ausdruck zu prägen, und so werden die Grenzen der Zielsprache erweitert, um der „neuen Zunge" des Geistes besser gerecht zu werden.
Anpassungsfähigkeit der englischen Sprache
Allein die Tatsache, dass Eddys Schriften in Englisch geschrieben wurden, hat wichtige Implikationen für Übersetzer. Es wird allgemein gesagt, dass die englische Sprache mehr Wörter umfasst als andere Sprachen. Die Experten sind sich einig, dass die englische Sprache anpassungsfähiger ist als die meisten Sprachen, nicht nur was die Grammatik, sondern auch was ihren umfassenden Wortschatz betrifft. Wenn wir aus dem Englischen in eine andere Sprache übersetzen, haben wir also oft nicht die gleiche Vielfalt und stoßen auf linguistische Einschränkungen.
Doch selbst bei aller Freiheit, die die englische Sprache bietet, sagt Mary Baker Eddy über sie: „Die Hauptschwierigkeit, dem menschlichen Denken die Lehren der göttlichen Wissenschaft exakt zu vermitteln, liegt darin, dass die englische Sprache, wie alle anderen Sprachen, unzulänglich ist, geistige Begriffe und Lehrsätze auszudrücken, weil man materielle Ausdrücke verwenden muss, obwohl man sich mit geistigen ldeen befasst" (WuG, S. 349). Das macht wieder deutlich, dass hinsichtlich des englischen Originaltextes und der Übersetzung die „Sprache des Geistes" durch den Text zum Leser sprechen muss.
Breiterer Zugang zu Mary Baker Eddys Schriften
Es ist eine Freude, wenn sich die Gelegenheit bietet, eins von Eddys Büchern neu zu übersetzen oder einer vorhandenen Übersetzung einen frischen Anstrich zu geben. Wir können diese Arbeit zuversichtlich unterstützen, weil wir verstehen, dass Gemüt der unfehlbare Übersetzer ist, der heute in jeder Sprache direkt zu uns spricht. Die Übersetzungsarbeit verbessert sich weiter in dem Maße, wie diese Wahrheit erkannt, bekräftigt und demonstriert wird.
Für mich ist das Übersetzen von Mary Baker Eddys Schriften eine Verherrlichung des unschätzbaren Geschenks, das uns durch die Offenbarung der Christlichen Wissenschaft gegeben wurde. Und darum liegt uns allen das Vorhandensein und die Qualität jeder Übersetzung so sehr am Herzen. Welch ein Grund zur Freude ist es doch zu wissen, dass jede Übersetzung mehr Menschen Zugang zu diesen kostbaren Schriften bietet.
