Diese Aussage aus Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, dem Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, war eines Morgens nach dem Erwachen ganz stark in meinem Bewusstsein präsent (S. 519). Ruhen und Arbeiten gleichzeitig? Was soll das heißen? Wie soll das gehen? Kommt eine wohl verdiente Ruhe nicht erst nach getaner Arbeit? So mag es vielleicht scheinen.
Wie kommt Mary Baker Eddy, die Autorin des oben genannten Lehrbuchs, zu einer solchen Aussage? Sie beschreibt dort das göttliche, unendliche Prinzip — allgemein Gott genannt — so: „Gott ist unendlich, das einzige Leben, die einzige Substanz, der einzige Geist oder die einzige Seele, die einzige Intelligenz des Universums, einschließlich des Menschen.“ (S. 330)
Diese Unendlichkeit, diese Einzigartigkeit und Unvergleichlichkeit — wie sieht sie sich selber? Wie interpretiert sie sich selber?
In Wissenschaft und Gesundheit erklärt sie sich so: „Ich bin Geist. Der Mensch, dessen Sinne geistig sind, ist mein Gleichnis. Er spiegelt das unendliche Verständnis wider, denn Ich bin Unendlichkeit. Die Schönheit der Heiligkeit, die Vollkommenheit des Seins, die unvergängliche Herrlichkeit — alle sind Mein, denn Ich bin Gott. Ich gebe dem Menschen Unsterblichkeit, denn Ich bin Wahrheit. Ich umfasse und verleihe alle Seligkeit, denn Ich bin Liebe. Ich gebe Leben ohne Anfang und ohne Ende, denn Ich bin Leben. Ich bin allerhaben und gebe alles, denn Ich bin Gemüt. Ich bin die Substanz von allem, denn Ich bin, der Ich bin.“ (S. 252)
Ein unendliches Sein, das sich selbst bewusst identifiziert. Das alles umfasst. Das sich selber genügt. Das in sich selber ruht. Das unendlich in und aus sich selbst heraus wirkt — und wir nennen dies Mensch und Universum.
Ein unendliches Sein, das sich selbst bewusst identifiziert. Das alles umfasst. Das sich selber genügt. Das in sich selber ruht. Das unendlich in und aus sich selbst heraus wirkt.
Da ist nichts, das erreicht werden müsste, nichts, auf das hinzuwirken wäre, nichts, das manipuliert oder verändert werden könnte, nichts, das hinzugefügt oder weggenommen werden sollte — nur das ruhevolle Wirken dieses unendlichen Einen, das einfach in dem bleibt, was es schon immer ist, nämlich Alles-in-allem.
Im Lehrbuch begegnet uns immer wieder die Darstellung des Menschen als unendliche Widerspiegelung dieses unendlichen Einen, oder Gottes. Stellen wir uns doch einfach einmal die rein hypothetische Frage: „Was sieht ein unendlicher Gott, wenn Er in den Spiegel schaut?“ Einen Menschen? Nein! Er kann nur Sich Selber sehen. Wir nennen es halt Mensch. Würde das dann aber nicht auch bedeuten, dass der Mensch kein „Erkenner“ ist, sondern das (Selbst-)Erkennen Gottes, wie diese Unendlichkeit sich selber sieht? Als Widerspiegelung des unendlichen Gemüts ist der Mensch auch kein „Wisser“, sondern das Verstehen, wie diese unendliche Intelligenz sich versteht. Als Tätigkeit des einen unendlichen Prinzips oder göttlichen Lebens ist der Mensch die Wirkung, so wie diese Unendlichkeit sich auswirkt — er ist kein „Macher“ oder „Ausdrücker“. So kann er auch kein „Widerspiegeler“ sein, sondern ist Widerspiegelung, die unmittelbare Wirkung des unendlichen Einen.
Was ist dann das, was sich da in meinem so genannten menschlichen Dasein manchmal als Unruhe zeigt, als Rastlosigkeit, vielleicht auch als Unzufriedenheit, als Schmerz oder Kummer? Geistert da vielleicht noch eine Vorstellung von verschiedenen, voneinander getrennten Teilen herum? Gott und Mensch — zwei Teile. Familien, Kirchengemeinden und jede andere Form von Organisation, einschließlich meines körpers — viele bis sehr viele Teile. Diese Annahme von Trennung erzeugt Unruhe, weil es halt nicht dem entspricht, was ich bin. Ich mag es als Unannehmlichkeit oder Frustration spüren, aber es kann nur mein wahres Sein sein — das, was ich unendlich bin —, das schiebt und drängt, weil es bewusster gelebt werden will.
Das Lehrbuch sagt uns dazu, dass „... Leiden ein Irrtum des sündigen Sinnes ist, den Wahrheit zerstört, und dass sich schließlich Sünde wie auch Leiden der immerwährenden Liebe vollständig unterwerfen müssen.“ (S. 23)
Ja, müssen als eine logische Folge. Die Unendlichkeit Gottes — dieses Eine, das Alles ist, und deshalb nur es selbst sein kann — lässt absolut keine (Auf-)Teilung zu. Es lässt kein außerhalb oder daneben zu, kein Aufhören und wieder Anfangen. Es duldet keine unstimmigen Konzepte. So löst das, was ich bin, beständig und ganz natürlich das auf, was ich noch nie sein konnte.
Dieses göttliche Ruhen und Wirken möchte einfach bewusst gelebt werden.
Der Begriff Ruhen scheint oft noch nicht als das gesehen zu werden, was er wirklich ist — das ganz natürliche Sich-Entfalten des unendlichen Seins.
Der Begriff Ruhen scheint oft noch nicht als das gesehen zu werden, was er wirklich ist — das ganz natürliche Sich-Entfalten des unendlichen Seins. Aussagen wie ‚Ich bin müde und abgespannt und brauche jetzt Ruhe‘, ‚Ich kann keine Ruhe finden, ich fühle mich so aufgedreht‘, ‚Ich möchte einfach nur abschalten können‘, deuten auf eine Fehlinterpretation hin, auf eine Unstimmigkeit im Konzept. Ruhen kann nicht im Gegensatz zum Wirken stehen. Das Leben in seiner Lebendigkeit verunmöglicht ein Ausruhen oder Anhalten, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder zu beginnen oder weiter zu machen. Leben sprudelt unendlich aus sich selbst heraus. Jeden Moment passiert nichts anderes als das, was ich bin, diese unendliche Wahrheit und Liebe, die sich in Ewigkeit ohne Wiederholung — ohne Anhalten und wieder Anfangen — entfalten. Das so genannte Bedürfnis nach Ruhe empfinden wir nur, weil der Mensch das ‚ruhevolle Wirken‘ dieses einen Bewusstseins, des einen göttlichen Gemüts, ist.
Vor Jahren, während meiner Ausbildung zur Pflegerin der Christlichen Wissenschaft, hatte ich Angst vor der Arbeit in der Nacht. Ich sah in ihr eine Bedrohung für mein Ruhebedürfnis und meinen Tagesrhythmus. Einschränkende Vorstellungen wie ‚Ich kann unmöglich vorschlafen‘, ‚Tagsüber kann ich einfach nicht schlafen‘, ‚Ohne meinen gewohnten Rhythmus fehlt mir etwas‘ hatten mir zu schaffen gemacht. Heute kann ich darüber lachen. Die unendliche Wahrheit — das, was ich bin — lässt solche Unstimmigkeiten natürlich nicht zu und deckt jeden Moment Annahmen über mich — das, was ich nicht bin — auf, so dass ich mich nicht weiter an sie klammern kann.
Heute kann ich viel bewusster jeden Tag sich entfalten lassen. Ich wirke ganz natürlich in dem, was gerade anliegt, und ruhe in dem Wissen, dass mein ganzes Tun und Sein die Widerspiegelung des unendlichen Einen ist — ausgedrückt in Ordnung, Intelligenz, Schönheit, Gnade, Harmonie, Vollkommenheit, Stärke und unendlicher Substanz. Wenn ich mich zur Ruhe lege — egal, zu welcher Tageszeit — empfinde ich freudig „das demütige Wirken des ruhevollen Gemüts“ (ebd. S. 119) — mein Menschsein.
Heißt das wohl „Ruhen in heiliger Arbeit“ (ebd. siehe S. 519, Randüberschrift)?
