Haben Sie auch manchmal das Gefühl, dass Ihre Gebete nicht erhört werden oder keine Wirkung zeigen? Hat es vielleicht bisweilen den Anschein, dass Ihr geistiges Wachstum stagniert?
Nun, das mag uns allen hin und wieder so vorkommen. Unlängst wurde mir jedoch klar, dass es vor allem darum geht, dass wir in unserem Denken kontinuierlich Fortschritte machen. Das tägliche Studium der Bibellektionen im Vierteljahresheft der Christlichen Wissenschaft sowie die Lektüre christlich-wissenschaftlicher Literatur – ebenso wie das Anwenden der Wahrheit in der Praxis – tragen dazu bei, dass wir in unserem Verständnis von Gott und unserer wahren Identität als Gottes Bild und Gleichnis vorankommen. Unser Fortschritt lässt sich daran messen, was wir von Gott, dem unendlichen göttlichen Gemüt, dem allliebenden Schöpfer des Universums, dem Vater-Mutter Gott aller Menschen, bereits erfasst haben. Und Fortschritt wird fernerhin durch unser Verständnis der konstanten und wirksamen Gegenwart der göttlichen Liebe offenbar und durch Heilung bewiesen.
Vielleicht haben wir angefangen, die Christliche Wissenschaft zu studieren, um ein körperliches Problem zu heilen oder eine Lösung für finanzielle oder emotionale Schwierigkeiten zu finden. Das Wunderbare ist jedoch, dass jede wahre Heilung sich im Denken vollzieht, also geistig ist, da Gott unendlicher Geist ist. Er ist Alles-in-allem und kann nur Gutes hervorrufen. Heilung ist daher das Ergebnis unseres Verständnisses von Gottes allgegenwärtiger Vollkommenheit und von unserer Einheit mit Gott als Seinem geliebten Kind. Wenn wir dies in unserem Bewusstsein klar erfasst haben, wandelt es unser Denken um und der menschliche Augenschein wird harmonisch.
Woher kommt dann aber ein sogenannter „Widersacher“, der sich der Heilung zu widersetzen sucht?
Im Duden-Wörterbuch wird Widersacher definiert als „persönlicher Gegner, der versucht, die Bestrebungen oder Ähnliches des anderen zu hintertreiben, ihnen zu schaden“. Und Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Ein Widersacher ist jemand, der sich widersetzt, der leugnet und bestreitet, nicht jemand, der die Wirklichkeit und Wahrheit errichtet und aufrechterhält“ (S. 580).
Man könnte also sagen, dass Gedanken der Kritik, Ungeduld, Furcht, Schuld oder der Empörung über die Ungerechtigkeiten in der Welt den Widersacher ausmachen, Gedanken, die häufig dazu führen, dass wir andere verurteilen und richten, oder die der Auslöser dafür sind, dass wir mit Wut oder Frustration reagieren. Diese Gedanken und Gefühle mögen sehr echt und überwältigend erscheinen, doch in Wirklichkeit sind sie nur ein vermeintlicher Widerstand gegen Gott.
Wir lernen in der Christlichen Wissenschaft, dass Gottes gesamte Schöpfung rein, geistig, vollständig und perfekt ist, wie wir im ersten – und wahren – Schöpfungsbericht lesen: „Und Gott sah alles an, was er gemacht hatte, und sieh, es war sehr gut“ (1. Mose 1:31). Gottes Schöpfung ist vollends gut und vollkommen, und Er hat alles geschaffen. In der göttlichen Schöpfung gibt es also keinen Raum für einen Widersacher – für irgendetwas, was sich Gott, dem Guten, widersetzen könnte.
Indem wir täglich unsere Gedanken kontrollieren und sie an der Wahrheit ausrichten, können wir erkennen, dass jeder von uns eine vollkommene Idee Gottes ist, dass das göttliche Gemüt die einzige Quelle von Gedanken und Ideen ist und dass unser Bewusstsein deshalb mit reinen Gedanken gefüllt ist, die dem göttlichen Gemüt entspringen und selbstlose Ziele und liebevolle Motive verfolgen.
Intensives Studium der Christlichen Wissenschaft und Hingabe an unser geistiges Wachstum führen uns zu einem Verständnis des ersten Gebots, das da lautet: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (2. Mose 20:3). Es ist äußerst wichtig, das erste Gebot zu befolgen, so gut wir es verstehen. „Keine anderen Götter [zu] haben” bedeutet, keine Argumente zu akzeptieren, die behaupten, dass das Böse wirklich sei und dass es etwas geben könne, was sich Gott widersetzen könnte. Doch dazu müssen wir sehr gut auf unsere Gedanken achthaben, damit wir sofort alle Überlegungen erkennen, die die Wirklichkeit des Bösen suggerieren, und sie aus unserem Bewusstsein verbannen.
Es lässt sich unschwer ausmachen, welchen Gedanken wir in unserem Bewusstsein das „Aufenthaltsrecht” verweigern sollten. Indem wir die Tür unseres Denkens nur dem Guten öffnen – ungeachtet des Augenscheins der Sinne –, sind wir dem ersten Gebot gehorsam. Beharrlich an unserer wahren Individualität als die geliebten Kinder Gottes festzuhalten, verleiht uns die Kraft und Fähigkeit, uns auch in unserem täglichen Tun und Treiben demütig von dem ersten Gebot leiten zu lassen. Mithilfe dieses vergeistigten Bewusstseins können wir den Glauben an einen Widersacher, der sich Gott widersetzen könnte, überwinden.
Als ich noch in Brasilien lebte, vergaß ich einmal meinen Rucksack im Bus. Er enthielt mein Portemonnaie mit sämtlichen Bankkarten, meine Hausschlüssel, mein Handy sowie wichtige Unterlagen. Alle, die erfuhren, was passiert war, prophezeiten, dass ich meine Habe wohl nie wiedersehen würde, denn der Finder meines Rucksacks werde sicher das Geld herausnehmen und alles andere wegwerfen.
Hier nun war meine Gelegenheit, den Widersacher zu bezwingen – nämlich die Behauptung, dass sich etwas oder jemand außerhalb von Gottes Herrschaft befinden und dass ein Kind Gottes unehrlich sein könnte.
In meinem Gebet bekräftigte ich, dass Gott das göttliche Gemüt, die göttliche Liebe, ist, und nur Gutes verursacht. Dann identifizierte ich mich und alle anderen Menschen als die Manifestation des einen göttlichen Gemüts. Dabei wurde mir auch bewusst, dass ich mir zunächst selbst vergeben musste, denn ich machte mir große Vorwürfe, dass ich den Rucksack im Bus vergessen hatte.
Auf dem Nachhauseweg wies ich alle Suggestionen, dass der Mensch unehrlich sei, zurück, und behauptete vehement Gottes Allheit und Seine Kontrolle über alle(s). Ich sagte laut: „Ich weiß, dass Gott alles ist und dass sich in Wirklichkeit nur Gutes zutragen kann, ganz gleich, was mir durch den menschlichen Augenschein vorgegaukelt wird. Ich werde auf keinen Fall und für keinen einzigen Augenblick akzeptieren, dass das Böse wirklich ist. Das Böse war und ist niemals wirklich, es wird nie wirklich sein, denn Liebe, Gott, ist allgegenwärtig und allmächtig.“
Zu Hause angekommen, war ich mir noch nicht im Klaren darüber, welche praktischen Schritte zu unternehmen seien, doch hatte ich völliges Vertrauen in Gott. Kurz darauf empfing mein Sohn auf seinem Handy mehrere Textnachrichten. Sie kamen von meinem Handy – gesandt von der Person, die meinen Rucksack gefunden hatte! Ich bekam alles zurück – nichts fehlte!
Für mich war diese Erfahrung ein Beweis dafür, dass der Widersacher weder Mensch, Ding noch Macht ist, sondern das Ergebnis eines Glaubens an viele Götter, an den materiellen Sinn, der uns niemals über das, was wahr ist oder was wirklich in Gottes Universum vor sich geht, rechte Auskunft geben kann. Ist es nicht eine Freude zu wissen, dass dieser falsche Glaube überwunden wird, wenn wir den unharmonischen materiellen Augenschein als unwirklich entlarven und Gottes harmonische Herrschaft über das gesamte Universum erkennen?
