Ich denke jeden Tag viel über das Heilen in der Christlichen Wissenschaft nach, denn ich bin Praktiker der Christlichen Wissenschaft, jemand, der anderen, die krank, verletzt, verzweifelt, möglicherweise enttäuscht oder gebrochenen Herzens sind, durch Gebet und geistiges Verständnis Hilfe leistet. Bei dieser Arbeit halte ich ständig daran fest, dass Gott, die göttliche Liebe, die Heilung vollbringt.
Einmal wurde ich um Hilfe gebeten, als ein Mann mit ähnlichen Dingen zu kämpfen hatte wie ich einst. Ich empfand tiefes Mitgefühl. Wir hatten fast jeden Tag Kontakt, und gelegentlich besuchte ich ihn auch. Dann sprachen wir über die Bibellektion der Christlichen Wissenschaft, die aus Stellen aus der Bibel und Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift von Mary Baker Eddy besteht, und lasen sie auch zusammen. Doch die endgültige Heilung kam nicht.
Im Laufe der Monate wurden meine Behandlungen in der Christlichen Wissenschaft (meine täglichen Gebete für den Patienten) schwammiger, fast etwas mechanisch, und ich hoffte manchmal, dass ein gemeinsam gelesener Satz oder Teilsatz aus der jeweiligen Lektion den Mann heilen würde.
Dann kam mir eines Morgens dieser Gedanke: Hast du wirklich immer, in jedem Fall, dem Hilfesuchenden dein Allerbestes gegeben und nichts zurückgehalten? Hast du wirklich daran gearbeitet, die zugrundeliegenden und störenden mentalen Ansprüche abzubauen, die sich im Denken des Patienten einnisten wollen, sei es Krieg, Disharmonie, Furcht, Depression oder Terrorismus? Oder warst du mehr oder weniger apathisch, hast gar den Gedanken angenommen: „So ist die Welt halt“, statt dich absolut und entschlossen zu weigern, den Menschen als korrupt, krank, aggressiv, gewalttätig oder kriegerisch zu sehen?
Das rüttelte mich auf! Ich merkte, dass ich in Gedanken hin und wieder eine Art schläfrige Duldung des Materialismus übte, einen geradezu apathischen mentalen Zustand.
Ich begriff, dass ich mich mehr auf das Göttliche ausrichten und das Gefühl der Einheit mit der göttlichen Liebe reaktivieren musste, die heilt. Als ich betete und auf Gott lauschte, fielen mir die folgenden inspirierten Worte ein: „mit ‚Diamantspitze‘ und mit der Feder eines Engels“. Ich schlug die Stelle nach und fand sie auf Seite 521 in Wissenschaft und Gesundheit. Das ganze Zitat lautet: „Die Harmonie und Unsterblichkeit des Menschen sind intakt. Wir sollten uns von der entgegengesetzten Voraussetzung, dass der Mensch materiell erschaffen ist, abwenden und unseren Blick auf den geistigen Schöpfungsbericht lenken, auf das, was mit ‚Diamantspitze‘ und mit der Feder eines Engels in das Verständnis und das Herz eingraviert sein sollte.“ Eine Diamantspitze bewirkt eine tiefe und präzise Gravur.
Plötzlich begriff ich – und das war nötig –, dass eine wirkliche Behandlung in der Christlichen Wissenschaft im ganzen Universum die genaueste und mächtigste Waffe gegen Irrtum, das Böse oder Krankheit jeder Art ist. Ich hatte viele Fälle von Heilungen selbst miterlebt, in denen selbst sogenannte unheilbare Krankheiten durch Gebet in der Christlichen Wissenschaft geheilt worden waren, und auch Berichte darüber gelesen.
Ich merkte, dass ich in Gedanken hin und wieder schläfrig Materialismus duldete.
Dazu fielen mir die Worte von Christus Jesus ein: „Seht, ich habe euch Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten, und über die ganze Macht des Feindes; und nichts wird euch schaden“ (Lukas 10:19). Die Worte „ich habe euch Vollmacht gegeben“ machten Eindruck auf mich. Ich dachte: „Als Praktiker stehst du an vorderster Front, also bist du besser gut vorbereitet und hellwach für den Christus.“ Dazu war keine persönliche Fähigkeit nötig; es ging um die Demut, an einem besseren Verständnis zu arbeiten, dass die göttliche Liebe die ganze Menschheit ständig umfängt. Auf einmal war mein Denken glasklar.
Ich begriff, dass meine Gebete einen liebevolleren Ansatz brauchten, wie wir in dieser Stelle aus Wissenschaft und Gesundheit lesen: „Ein liebevolles Wort und die christliche Ermutigung eines Kranken, mitfühlende Geduld mit seinen Ängsten und deren Beseitigung sind besser als Hekatomben überschwänglicher Theorien, besser als stereotype, entlehnte Redensarten und das Austeilen von Argumenten, die lauter Parodien auf die rechtmäßige Christliche Wissenschaft sind, die von göttlicher Liebe erglüht“ (S. 367). Geduld ist eine Eigenschaft, die weder Anfang noch Ende hat, sondern sich wie Gemüt beständig entfaltet.
Mit neuem Einsatz und neuer Entschlossenheit und der Bitte um Vergebung für meine Trägheit machte ich mich an die gebetvolle Arbeit. Da kam mir ein neuer Gedanke: „das Vieh auf den Bergen zu Tausenden.“ Ich wusste, dass das ein Teil eines Bibelverses ist (Psalm 50:10), auf den in Wissenschaft und Gesundheit folgendermaßen Bezug genommen wird: „In der bildlichen Übertragung vom göttlichen Gedanken auf den menschlichen werden Fleiß, Schnelligkeit und Beharrlichkeit mit dem ‚Vieh auf den Bergen zu Tausenden‘ verglichen. Sie tragen die Last fester Entschlossenheit und halten mit der höchsten Absicht Schritt. Zartheit begleitet alle Macht, die Geist verleiht“ (S. 514). Ich dachte über Inspiration, Ausdauer, Sorgfalt, Durchhaltevermögen und Nichtaufgeben sowie die Worte „feste Entschlossenheit“ nach. Ich wusste, dass Licht immer die Dunkelheit auslöscht, egal wie lange sie gewährt hat. Wahrheit löscht Irrtum jeder Art in gleicher Weise aus.
Ein Freund sagte mir mal: „Wahrheit ist hartnäckiger als die hartnäckigste Lüge“ – sprich, Wahrheit ist immer Wahrheit. Also können wir uns gegen jedes Gefühl einer lustlosen Trägheit, einer faulen Gleichgültigkeit und eines abgestumpften Interesses verteidigen, indem wir zulassen, dass echtes geistiges Verständnis deutlich, klar und mit göttlicher Autorität in unser Herz eingraviert wird. Wir können in allen Aktivitäten einen Antrieb erhalten, vielleicht in Bezug auf engagiertere Mitarbeit in der Kirche oder einen liebevolleren Umgang mit anderen.
Als ich über Zartheit, Anteilnahme und Liebe nachdachte, zeigte sich eine echtere geistige Bereitschaft und Liebe zur Menschheit. Mein Leben und das anderer erhielt einen stärkeren geistigen Antrieb, und das führte zu Heilung. Und ich kann dankbar berichten, dass der Mann in dem oben erwähnten Fall von mehr Freiheit berichtete. Die Probleme, über die wir gemeinsam gebetet hatten, wurden geheilt.
Ich bin so dankbar für die wertvollen Lektionen, die ich über das Wachsein, über geistige Bereitschaft und das Voranschreiten mit Entschlossenheit gelernt habe. Frische Inspiration kommt zu uns, wenn wir uns mit neuer Entschlossenheit dem göttlichen Gemüt zuwenden und unsere Untrennbarkeit von Gemüt erkennen.
Übersetzt aus dem Christian Science Journal, Ausgabe Juli 2016
