Die letzten Monate meiner Schulzeit hätten fröhlich und sorgenfrei sein sollen, aber in Wirklichkeit war es eine sehr turbulente Zeit. Ich wollte nach New York ziehen und eine Karriere als Tänzerin starten, aber meine Eltern und Lehrerinnen und Lehrer hielten College für richtiger.
Im tiefsten Inneren wusste ich, dass sie vermutlich recht hatten. Aber ich dachte, ein Studium würde bedeuten, dass ich das aufgeben müsste, was mir am meisten bedeutete. Die Situation wurde dadurch verschlimmert, dass ich mich mitten in diesem mentalen Hin und Her am Rücken verletzte und kaum laufen, geschweige denn tanzen konnte. Die Schmerzen waren unerträglich.
Meine Sonntagsschullehrerin war Praktikerin der Christlichen Wissenschaft und hatte für mich gebetet, als ich einmal eine Verletzung am Fuß hatte. Ich hatte damals eine Heilung erlebt, und so rief ich sie jetzt an und fragte, ob sie hinsichtlich der Rückenverletzung beten würde. Sie sagte zu und lud mich zu sich ein.
Als ich nach meinem Besuch wieder am Gehen war, kam sie auf die Veranda und rief mir zu: „Julie, als die Kinder Israel den ersten Schritt durch das Schilfmeer machten, mussten sie nicht befürchten, nasse Füße zu kriegen.“
Ich hatte als Kind in der Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft gelernt, dass Mose die Kinder Israel aus der ägyptischen Sklaverei in die Freiheit geführt hat, die Gott ihnen versprochen hatte. Unterwegs standen sie vor einem furchtbaren Dilemma, als sie zwischen dem Schilfmeer und der ägyptischen Armee eingeklemmt waren. Die Optionen lauteten: Umkehren und gefangen bzw. umgebracht werden oder vorangehen und im Meer ertrinken.
Aus menschlicher Sicht war ein Ausweg nicht erkennbar. Doch Gott hatte eine unerwartete Lösung: Er teilte das Schilfmeer, und sie durchquerten es sicher – und auf trockenem Boden! Egal wie es zunächst aussah, sie bekamen nicht einmal nasse Füße! Sie mussten nur Gott gehorchen und im Glauben vorangehen in dem Wissen, dass Gott ihnen den Weg wies.
Ich verstand die Botschaft meiner Sonntagsschullehrerin: Ich musste Gott genauso vertrauen und ohne Angst den nächsten Schritt tun. Egal, wie die Situation aussah, die Lösung würde unerwartet und vollständig gut sein.
Doch habe ich Gott wirklich vertraut? Nicht so richtig. Ich wollte alles analysieren und planen und erst den nächsten Schritt tun, wenn ich wusste, was genau mich erwartete. Diese Einstellung hielt mich die meiste Zeit in ihren Klauen, und das gefiel mir nicht. Ich wollte mich nicht weiter im Kreis drehen und verwirrt und unentschlossen sein.
Ich hatte gelernt, dass Gott unendliche Güte und zu jeder Zeit gut ist. Gott ist unendliche Weisheit und macht keine Fehler. Gott ist unendliche Liebe, und von dieser Liebe geht ein nicht endender Fluss von Segnungen aus. Wer würde solch einem Gott nicht vertrauen wollen? Beim Beten fing ich an zu verstehen, dass derselbe Gott, der die Kinder Israel geführt hatte, auch mich führte.
Ich begriff, dass ich auf Gott vertrauen und Ihn bei allem, was ich tat, anerkennen musste, so wie wir es in der Bibel lesen (siehe Sprüche 3:5, 6). Ich konnte Seine Schönheit, Herrlichkeit, Weisheit, absolute Liebe zu allen Seinen Kindern anerkennen – mich eingeschlossen. Und je mehr ich Gott anerkannte, desto weniger angsteinflößend und unklar schien alles. Ich sah Gott, Gemüt, als den einzig wirklichen „Entscheidungsträger“ und wusste, dass Er keine Fehler macht.
Kurz nach diesem Umdenken erfuhr ich von einer Uni, die Ballett als Hauptfach anbot, und ich wusste, dass es an der Zeit war, die nötigen Schritte zu tun. In der Zeit lernte ich folgenden Bibelvers auswendig: „Deine Ohren werden hinter dir her das Wort hören, wenn ihr nach rechts oder nach links geht: ‚Dies ist der Weg; den geht!‘“ (Jesaja 30:21).
Dieser Vers versicherte mir, dass Gott mein Leben wirklich vollständig in der Hand hat – Er führt und leitet mich. Ungefähr zur selben Zeit merkte ich, dass ich keine Rückenschmerzen mehr hatte. Ich konnte mich frei bewegen. Im Herbst desselben Jahres fing ich mein Studium an dieser Uni an, wo ich eine herrliche Zeit verbrachte. Mein „Schilfmeer“ teilte sich, als ich vertrauensvoll voranging.
Mary Baker Eddy gibt uns in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift ein paar klare Erkenntnisse über die Geschichte von Mose, indem sie das Schilfmeer – auch Rotes Meer genannt – als „die dunkle Ebbe und Flut menschlicher Furcht“ beschreibt. Und sie verspricht uns: Wie die Kinder Israel „durch die Wüste geleitet wurden ..., so wird die geistige Idee jedes rechte Verlangen auf seinem Weg vom Sinn zur Seele führen, von einer materiellen Auffassung des Daseins zur geistigen, hinauf zu der Herrlichkeit, die denen bereitet ist, die Gott lieben“ (S. 566). Genau das habe ich erlebt.
Auf deinem Weg des Wachstums und Fortschritts gerätst du vielleicht auch an ein „Schilfmeer“. Und wenn das passiert, dann vergiss nicht, dass die Lösung schon für dich bereitsteht – und sie ist besser als alles, was du planen könntest. Gott wird dich auf jedem Schritt führen.
