Im Dach klaffte ein riesiges Loch. Doch statt verzweifelt zu sein, wie viel Schaden der Brand angerichtet hatte, stellte sich der Ladenbesitzer ein Oberlicht in diesem Teil des Dachs vor. Dann nahm er die nötigen Reparaturen an seinem Laden vor und baute das wunderschöne Oberlicht ein, das zu einem geschätzten Anblick in meiner Stadt wurde.
Für mich zeigt diese Erfahrung die Notwendigkeit, visionär zu denken – über die unmittelbare Herausforderung hinauszusehen und Chancen zu erkennen. Wenn wir Gott um Führung bitten, finden wir unendliche Möglichkeiten zum Guten.
„Wo keine Vision ist, verwildert das Volk“, erklärt die Bibel (Sprüche 29:18). Sie enthält unzählige Beispiele von Menschen, die über ihre unmittelbaren Umstände hinausblicken und die Wirklichkeit von Gottes vollkommener geistiger Schöpfung erkennen konnten.
Jesus war ein unübertroffener Visionär. Er akzeptierte keinerlei Begrenzung als wirklich. Er glaubte seinen Augen nicht, wenn sie ihm Mangel, Sünde, Krankheit und Tod zeigten. Wann immer er mit solch problematischen Umständen konfrontiert war, wandte er sich an Gott, um Heilung zu bewirken, denn er wusste, dass der allmächtige, all-liebende Gott diese Begrenzungen nicht erschaffen hatte.
Mary Baker Eddy schreibt in Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift über die Art und Weise, wie Jesus die Menschen sah: „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Erlöser Gottes eigenes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken“ (S. 476–477). Durch seine geistige Vision konnte Jesus Menschenmengen in der Wüste speisen, die Kranken und Sündigen heilen und die Toten auferwecken.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, dass Jesus der Wegweiser ist – er zeigte uns, wie auch wir geistige Visionäre sein können. Wir haben alle die natürliche Fähigkeit, Gottes liebevolle Anweisungen zu hören. Als Gottes Kinder sind wir geistig, sodass wir einen angeborenen geistigen Sinn haben – unsere „bewusste, beständige Fähigkeit Gott zu verstehen“ (ebd., S. 209). So wie Musikerinnen und Musiker ein Ohr für melodiöse und harmonische Töne entwickeln und diese zum Ausdruck bringen, so können wir alle unseren geistigen Sinn darauf trimmen, Gottes liebevolle Anweisungen wahrzunehmen.
Es hat den Anschein, als gebe es zwei Quellen des Denkens in unserem Bewusstsein: das, was die Christliche Wissenschaft sterbliches Gemüt nennt, und das göttliche Gemüt, Gott. Wir entwickeln unseren geistigen Sinn, indem wir lernen, zwischen dem irrigen und falschen Input des sterblichen Gemüts und der Inspiration des göttlichen Gemüts zu unterscheiden.
Das sterbliche Gemüt suggeriert uns begrenzte und unbrauchbare Ergebnisse. Das göttliche Gemüt hingegen führt uns mit sanfter Kraft voran zu einem Bewusstsein von Harmonie, das weder das sterbliche Gemüt noch dessen Prognosen als Wirklichkeit anerkennt. Wenn wir uns von Gemüt leiten lassen, erkennen wir, wie wir die falsche sterbliche Wahrnehmung der Wirklichkeit verlassen können.
Wenn wir die Auffassungen des sterblichen Gemüts akzeptieren, befällt uns Furcht, Hoffnungslosigkeit oder auch Wut, wenn wir vor Problemen stehen. Wenn wir uns dagegen unserem vollkommenen, liebevollen Vater-Mutter-Gott zuwenden, finden wir Trost und Frieden und können darauf vertrauen, dass Gott uns aus dieser ungesunden mentalen Atmosphäre herausführen wird, die dadurch geschaffen wird, dass wir die Konzepte des sterblichen Gemüts als wirklich akzeptiert haben.
Gottes Führung begleitet uns ständig in jedem Aspekt unseres Lebens, einschließlich unserer Berufstätigkeit. In dem Maße, wie wir lernen, auf die liebevolle „stille sanfte Stimme“ Gottes zu lauschen (siehe Wissenschaft und Gesundheit, S. 323), werden wir Seinen Plan des sich ständig entfaltenden Fortschritts für uns erkennen; dazu gehören Ausblicke, die wir uns vielleicht nicht einmal vorgestellt haben.
Zum Beispiel hörte ich vor Jahren in meinem Magisterstudium die liebevolle Anweisung: „Leiste gute Arbeit. Du wirst deinen Doktor machen.“ Ich hatte nie auch nur daran gedacht zu promovieren, aber ich hörte darauf, denn ich erkannte es als Gottes Stimme. Es ging nicht darum, dass Gott Kenntnis von meinem Studium hatte, sondern das war die Art, wie Seine Botschaft des Guten mich in diesem Augenblick konkret erreichte.
Eine Doktorarbeit zu schreiben, schien mir wahnsinnig schwer – ich stellte es mir ungefähr so vor wie die Aufgabe von Nehemia, die Mauer Jerusalems wiederaufzubauen. Doch ich leistete gute Arbeit in meinem Magisterstudium und erwarb in der Tat meinen Doktortitel, indem ich auf Gottes Führung vertraute. Ich wusste, dass Gott mich auf jedem Schritt begleiten würde.
Es war nicht einfach, doch jede Herausforderung wurde gemeistert, indem ich eine sterbliche Sichtweise losließ, um die jeweilige Situation aus Gottes allmächtiger, allwissender Perspektive zu betrachten.
Die Zuversicht, die ich dadurch erlangte, dass ich Gottes Anweisung folgte, hat mir in meinem Beruf enorm geholfen. Ich habe gelernt, konzentriert auf Gottes sprudelnde, liebliche und liebevolle Stimme zu lauschen, die Suggestionen von Begrenzung vertreibt. Gott liebt uns alle so sehr! Und Seine Liebe hilft uns, Visionäre zu werden, die fähig sind, über die begrenzte sterbliche Sicht der Dinge hinaus die wundervollen Gelegenheiten zu sehen, die Er allen bereitstellt.
Ursprünglich erschienen in der Kolumne „Christian Science Perspective“ [Aus Sicht der Christlichen Wissenschaft] im Christian Science Monitor.
