Folgender Auszug ist der Schlußparagraph aus einer Predigt, die ein bekannter Geistlicher in einer Stadt im Westen hielt und die in einem Lokalblatt veröffentlicht wurde:—
„Hieraus schließen wir, daß Wunder möglich, ja wahrscheinlich sind, und finden überwältigenden Beweis, daß der Wille Christi als Vermittler den Lauf des Naturgesetzes hemmte und Werke vollbrachte, die man solchem Naturgesetz unmöglich zuschreiben konnte. Diese Werke waren zur Beglaubigung seiner Mission in der Welt, und obwohl sie damals im materiellen Reich vollbracht wurden, wiederholen sie sich heute in dem geistigen. Jesus öffnet immer noch blinde Augen, reinigt aussätzige Herzen, gibt den Ohnmächtigen Kraft, läßt der Stummen Zunge Loblieder singen. Er ist jetzt der Arzt der Seelen, wie er damals der Arzt der Körper der Menschen war.”
Diese Predigt mag im ganzen als Darlegung der allgemeinen Ansicht in betreff des Heilungsamtes Jesu gelten, und da dieselbe die Äußerung einer Meinung zur Bekräftigung der Beglaubigung des Berichtes in der heiligen Schrift ist und ein Rechtfertigungsgrund der Möglichkeit und Wahrscheinlichkeit der „Wunder” im neuen Testament, so mag diese Predigt als Ausdruck von jemand gelten, der im Einverständnis mit unserem Meister und seinen Lehren ist. Angesichts solcher Absicht und mit Jesu Worten im Sinn: „Wer an mich glaubet, der wird die Werke auch thun, die Ich thue, und wird größere denn diese thun,” so vermutet man natürlich, daß dieser Prediger seine Zuhörer ermahnen würde, daß das Heilungswerk, welches das Predigen des Nazareners und seiner Jünger begleitete, ein wesentlicher Teil des jetzigen Christentums ist, und daß die Christen heute so vertraut damit sein sollten als damals; aber das sagt er nicht. Im Gegenteil, seine Auslegung gibt ihnen zu verstehen, daß Gott, der allmächtige und allwissende Schöpfer des Weltalls, einen Fehler gemacht habe, und daß Er ungewöhnliche Mittel anwenden mußte, um diesen Fehler zu verbessern, daß die Wunder des ersten christlichen Zeitalters lediglich bestimmt wären, um die Aufmerksamkeit der Menschheit auf den Boten zu richten, den Er gesandt, um die Sterblichen von Sünde zu erlösen und daß, nachdem dies vollbracht war, die Physische Heilung aufhörte. Wir halten dies für eine vernünftige Erklärung der Predigt, wenn wir die obige Anführung und die folgenden in Erwägung ziehen.
„In der unklaren Vergangenheit erklärte Gott alles, was Er gemacht hatte für gut und sehr gut, aber es blieb nicht ideal, sondern im grauen Zeitalter in der Geschichte des Menschen, wurde sein Fortschritt gewaltsam unterbrochen, seine Laufbahn gehemmt und der Endzweck, wofür er geschaffen war, wurde plötzlich vereitelt. Sein freier Wille, die beste Gabe seines Naturells, die ihn gottähnlich machte, wurde die Ursache seines größten Elends. Aus freier Wahl wich er von Gott ab und verfiel in einen Zustand der Gesetzlosigkeit und des Todes.
„Er hatte selber nicht die Macht sich aus diesem Zustand zu befreien. In seiner Natur war nichts — kein Keimchen Gutes — das je einen Zustand der Gerechtigkeit erzeugen könnte.
„Nichts im Naturgesetz könnte jemals auf seine Physische oder geistige Natur einwirken, um die gewünschte Wiederherstellung zu bewirken. Und wäre auch solch ein Heilmittel vorhanden gewesen, hätte er doch in sich selbst nicht die Fähigkeit besessen, es zur Erfüllung des Endzwecks anzuwenden.
„Was konnte unter solchen Umständen von Gott erwartet werden? Wenn der Mensch den Fall seiner Werke sieht und die Möglichkeiten zur Besserung und Wiederaufbau in seiner Macht hat, so geht er sogleich ans Werk und beschränkt sich nicht auf die Methoden, welche anfänglich angewandt wurden, wenn andere dem Zweck mehr entsprechen.
„Und ist es nicht wahrscheinlich, daß, wenn Gott das Werk, welches Er für gut erklärt hatte, durch die Willenskraft Seines Geschöpfes zu Grunde gerichtet sah, und hierdurch des Menschen ewiges Verderben und den Untergang eines Reiches voraussah, daß Er zur Wiederherstellung desselben einschreiten würde, und daß er, falls dies durch natürliche Methoden nicht möglich sei, zu übernatürlichen seine Zuflucht nehmen würde?
„Wenn Gott so ist, wie wir Ihn uns denken, so kann sicherlich kaum eine andere Schlußfolgerung gezogen werden.”
Da die Predigt dazu bestimmt war, die Menschheit von der Wahrheit der christlichen Religion zu überzeugen, hoffen wir, daß sie den Glauben der Zuhörer stärkte; doch möchten wir lieber, daß der Prediger den vollen Sinn des Amtes Jesu begriffen und seinen Zuhörern gesagt hätte, daß diese Wunderwerke unseres Herrn keineswegs übernatürlich waren, sondern genau im Einklang mit dem göttlichen Gesetz, und daß sie jetzt möglich sind; und in dem Maße in dem das Prinzip, daß Jesus belebte, verstanden und demonstriert wird, sind diese Werke vollbracht. Glücklicherweise hängt die Wahrheit des Christentums nicht von Theorien und Erörterungen ab; sie beruht auf dem Prinzip und hat eine Regel, die beweisbar demonstriert werden kann, wenn wir dem großen Wegweiser folgen. Alle Zweifel der Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit der Werke, welche die heilige Schrift Jesu zugeschrieben, sind beseitigt durch die Vollbringung ähnlicher Werke heute, indem seine Lehren befolgt werden, und indem wir seine Methode genügend verstehen lernen, um diese Werke zu vollbringen, werden wir davor bewahrt, Gott zu beschuldigen, einen Fehler gemacht zu haben, den Er dann durch übernatürliche Mittel verbessern wollte, nachdem Er durch Erfahrung größere Weisheit erlangt hatte.
Die Lehren der Christian Science sind im Einklang mit der Allwissenheit und Allmacht Gottes, und behaupten: „bei Ihm ist keine Veränderung noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.”
Mrs. Eddy sagt in „Science and Health,“ Pref., S. XI, in bezug auf die Heilung der Krankheit zu Jesu Zeit und jetzt: —
„Die physische Heilung ist jetzt wie zu Jesu Zeit das Resultat der Wirksamkeit des göttlichen Prinzips, vor welchem Sünde und Krankheit ihre Wirklichkeit im menschlichen Bewußtsein verlieren, und so natürlich und notgedrungen verschwinden wie die Finsternis vor dem Licht, und Sünde vor moralischer Besserung. Sie sind weder jetzt noch damals übernatürlich, sondern höchst natürlich. Sie sind die ‚großen Werke,’ welche das ‚Zeichen’ des Immanuel oder ‚Gott mit uns’ sind‚ — ein allgegenwärtiger Einfluß im menschlichen Bewußtsein‚ der jetzt wiederkommt wie es ehedem verheißen war, um den im Sinnenwahn Gefangenen die Freiheit zu verkündigen, den Blinden die Wiedererlangung des Gesichts, um die Geschlagenen in Freiheit zu setzen.”
Kürzlich lasen wir eine Kritik über Christian Science, oder besser gesagt, eine irrige Auffassung des Kritikers über dieses Thema, und unter anderen errata fanden wir die Angabe, daß Christian Science am Aussterben sei, daß die Bewegung ihr Maximum schon vor einiger Zeit erreicht und jetzt in Verfall sei. Die Unkenntnis, die dieser Kritiker bezeigt, ist unverantwortlich, wenn man bedenkt, wieviel schon über dieses Thema veröffentlicht worden ist, doch damit diese rücksichtslose Angabe niemand irreleiten möge, lassen wir folgende Tatsachen folgen.
Mrs. Eddy entdeckte Christian Science im Jahr 1866, ihr Buch “Science and Health, with Key to the Scriptures” erschien in 1875, die erste Kirche der Gemeinschaft wurde in 1879 organisiert, und die Mutterkirche wurde in 1894 erbaut und am 6. Januar 1895 eingeweiht. Damals zählte die Mutterkirche ungefähr 4000 Mitglieder und das Lehrbuch “Science and Health, with Key to the Scriptures” war in seiner 91. Auflage von je 1000 Exemplaren. Dies war sechzehn Jahre nach der Organisation der Kirche und zwanzig Jahre nach der ersten Herausgabe von “Science and Health.” Jetzt haben wir ungefähr achthundert organisierte Kirchen und Genossenschaften, die Mitgliedschaft der Mutterkirche ist genau siebenmal so groß als im Januar 1895, und die Zahl der Exemplare, die von dem Lehrbuch der Christian Science im Umlauf sind, hat sich in diesen sieben Jahren um über zweihunderttausend vermehrt. Auch ist die Tatsache nicht weniger bemerkenswert, daß das Gebäude der Mutterkirche, welches in 1895 eingeweiht wurde, gegenwärtig einen Anbau erhält, dessen Auditorium fünfmal so groß ist, als das im ursprünglichen Bau.
Der Fortschritt der Christian Science Gemeinschaft hat durch deren Berichte des äußerlichen Wachstums große Aufmerksamkeit erregt, aber der Bericht gewinnt nur Wert in Anbetracht des Guten, das denen verliehen ist, die Christian Science als ihre Religion erkannt haben. Durch die Erkenntnis Gottes und der heiligen Schrift, welche durch Mrs. Eddy in die Welt gebracht ist, sind die Kranken geheilt, die Sünder bekehrt und die Trauernden getröstet worden, und in diesen Werken ist die Geschichte der Christian Science verzeichnet. Auf diese Werke müssen die Christian Scientisten hinweisen zur Bestätigung des Glaubens, der in ihnen ist.
Denjenigen, die sich berufen fühlen Christian Science zu kritisieren, empfehlen wir Mrs, Eddys Worte in ihrem Buche “Pulpit and Press,” Seite 29, zu lesen:
„Die Christian Scientisten, ihre Kinder und Enkelkinder werden einander unbedingt bis in die spätesten Geschlechter lieben, mit der Liebe mit der Christus uns liebt. Eine Liebe, die uneigennützig, ohne Ehrgeiz, unparteiisch, allumfassend ist,— die nur liebt, weil sie die Liebe ist. Ferner lieben sie ihre Feinde, sogar die, von denen sie gehaßt werden. Dies müssen wir alle tun, um im Geiste und in der Wahrheit Christian Scientisten zu sein. Ich sehne mich danach und lebe um diese Liebe demonstriert zu sehen. Ich strebe und bete, daß diese Liebe mein eigenes Herz erfülle und sich in meinem Leben offenbare. Wer will sich mit mir in diesem reinen Vorhaben vereinigen und getreulich streben, daß es vollbracht werde?”