Gern will auch ich von der Macht der unendlichen göttlichen Liebe erzählen, welche frei macht, und diese Freiheit schüttet unser himmlischer Vater fortwährend auf Seine Kinder aus, auf alle diejenigen, welche Ihn in Wahrheit suchen. Es war nicht körperliche Heilung, welche mich zur Christian Science führte, sondern eine Unzufriedenheit mit der alten orthodoxen Lehre, ein tiefes, aufrichtiges Verlangen nach etwas besserem, höherem, mehr logischem und begreiflichem. Es war ein Gebet um Licht und Verständnis, welches endlich beantwortet wurde, und als Resultat wurde ich aus der traurigen Tiefe der Sorgen, Unzufriedenheit, Zweifel und Finsternis in das herrliche Licht der Freiheit der Kinder Gottes emporgehoben, was bewies, wie es Mrs. Eddy so schön ausdrückt, daß „das Verlangen, welches nach Rechtschaffenheit dürstend ausgeht, von unserem Vater gesegnet wird und nicht leer zu uns zurückkehrt” (S, and H., S. 2).
Ich wurde in Deutschland im orthodoxen Glauben erzogen und empfing meinen Unterricht, was religiöse Sachen anbetrifft, in der öffentliche Schule, Von allen Unterrichtsfächern, Religion — das Studium der Bibel, des Katechismus, der Kirchengeschichte und Theologie umfassend — war dasjenige Studium, welches für mich die geringste Anziehungskraft hatte. Es war mir tatsächlich immer äußerst trocken und uninteressant. Es war deshalb kein Wunder, daß ich nach Verlassung der Schule jahrelang höchst selten einmal einem Gottesdienste beiwohnte. Jedoch im Laufe der Zeit fühlte ich mehr und mehr, daß mir etwas in meinem Leben fehlte, etwas, welches anscheinend andre Leute vom Lesen der Bibel oder vom zur Kirche gehen erreichten, etwas, was gefunden werden konnte, wenn man es aufrichtig und mit Ausdauer suchte.
So, nachdem ich nach Amerika gekommen war, fing ich an Kirchen der verschiedenen Konfessionen zu besuchen; ich hatte lange Unterredungen mit Mitgliedern dieser Gemeinden, aber niemand konnte mich erleuchten.
Jedoch nach verschiedenen Erfahrungen kam die Dämmerstunde des Lichtes. Im Sommer 1899 hörte ich zum ersten Mal von Christian Science durch einen Freund, den Gott in die Wahrheit geleitet hatte. Ich sah, daß er in kurzer Zeit von jahrelanger Krankheit geheilt, vom Operationstisch gerettet und auch moralisch, geistig und körperlich umgewandelt wurde. Man möchte denken, daß dies genügt hätte, um mir sofort die Augen zu öffnen, aber weit gefehlt. Während voller drei Monate widersetzte ich mich, kämpfte so zu sagen gegen Christian Science; es war mir ein richtiges Vergnügen dieselbe lächerlich zu machen und stundenlang dagegen zu disputieren, und ich glaube nicht, daß es möglich ist, daß irgend jemand heftiger dagegen sein konnte, als ich es war. Ich war in dieser Beziehung so kurzsichtig, so sehr von Vorurteil eingenommen, daß ich mich absolut weigerte, irgend etwas anderes über Science zu lesen als Zeitungsartikel, noch konnte mich jemand dazu bewegen, einem Christian-Science Gottesdienst beizuwohnen, oder eines der hiesigen Lesezimmer zu besuchen.
Schließlich jedoch, was hitzige Disputationen in Stunden und Wochen nicht fertig brachten, taten ein paar sanfte, liebevolle Worte in wenigen Minuten. Die Bekehrung des Saulus zum Paulus war in meinem Falle illustriert, denn jene süßen Worte von den Lippen meines Freundes, worin er mir in aller Ruhe erklärte, daß Gott Liebe und alles Gute, daß Er allmächtig, allwissend und allgegenwärtig ist, öffneten mir plötzlich die Augen. Ich konnte wahrhaftig sagen, daß wohingegen ich ehedem blind war, jetzt konnte ich sehen, denn ich erblickte zum ersten Male einen Schimmer von Gott. Ich war überzeugt, daß das, wogegen ich kaum fünf Minuten vorher disputierte, gerade dasjenige war, wonach ich während der langen Jahre gesucht hatte; daß es die Wahrheit war, welche frei macht. Oh, was für eine herrliche Offenbarung mir an jenem Tage zu teil wurde! Nie werde ich es vergessen können. An dem Abende bedurfte ich keiner Einladung mit zur Kirche zu gehen; ich war nur zu froh, daß ich gehen konnte, und sehr wenige Gottesdienste habe ich seitdem versäumt.
Von dem Tage an war mein ganzes Leben wie umgewandelt. Vor allen Dingen kaufte ich mir eine Bibel und das Christian Science Textbuch „Science and Health.“ Vordem hatte ich nie eine Bibel besessen, aus dem einfachen Grunde, weil sie für mich ein zweckloses, versiegeltes Buch war, welches zu lesen mir keine Genugtuung gab. Wie hat sich das jetzt geändert, wie erleuchtet sind jetzt ihre Seiten durch das geistige Verständnis, welches ich durch das Studium von „Science and Health“ gewonnen habe, und welch letzteres Buch für mich wahrhaftig ein Schlüssel zur heiligen Schrift gewesen ist. Diese geistige Aufklärung erkenne ich als den größten Segen an, der mir zu teil wurde. Auch körperlich habe ich sehr viel profitiert; ich bin im stande gewesen verschiedene Krankheitsanfälle zu überwinden, habe während der letzten vier Jahre nicht einen Tropfen Medizin eingenommen und fühle mich heute kräftiger und gesünder denn je zuvor. Ich habe wahrlich ausgefunden, daß der allmächtige Gott der beste Arzt ist. Auch sind Besserungen in moralischer Hinsicht nicht ausgeblieben. Das Rauchen, dessen Sklave ich circa zehn Jahre lang war, der Genuß geistiger Getränke, woran ich ja seit Kindheit gewöhnt war, ferner der Gebrauch lästernder Redensarten, welche mir besonders während der Militärzeit und späterhin auf See sehr geläufig geworden waren, verloren allen Reiz, und sie verließen mich einfach innerhalb zweier Monate. Aber am schönsten in dieser Beziehung ist die Liebe, welche ich gelernt habe, meinen Mitmenschen zu erzeigen. Das Gebot unseres Meisters: „Liebe deinen Nächsten als dich selbst,” kam mir früher gänzlich unausführbar, ja ich kann sagen, lächerlich vor, und mir war es lieber so zu handeln, wie es Moses ausdrückte, nämlich: „Auge um Auge, Zahn um Zahn”; aber wie klar zeigt uns jetzt unsere geliebte Führerin, Mrs. Eddy, die Notwendigkeit und Möglichkeit unsern Nächsten zu lieben und ihm zu helfen, und wie süß sind die Früchte, wenn es uns gelingt Leidenschaft, Eigensinn, Ärger oder Haß zu überwinden.
Können wir je dankbar genug sein? Es ist mir unmöglich in Worten meine aufrichtige und tiefgefühlte Dankbarkeit auszudrücken, erstens zu Gott, daß Er meine Augen zu dieser segensreichen Wahrheit geöffnet hat; ferner zu Mrs. Eddy, welche sie uns durch ihr wundervolles Buch „Science and Health with Key to the Scriptures“ so klar gemacht hat, und dann zu den lieben Freunden, welche in liebevollster Weise immer gerne bereit waren, mir im Wachstum des Verständnisses der Christian Science zu helfen.
New York. N.Y., U. S. A.
