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Die Rotkehlchen hatten die scharfe Kante der Fensterlade zu ihrem...

Aus der September 1905-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Rotkehlchen hatten die scharfe Kante der Fensterlade zu ihrem Fundament erwählt und obschon dies unsicher genug schien, war es doch durch das vorspringende Gesims gut geschützt, und als der achtsame Hausherr ihr freundnachbarliches Verhältnis und ihre vertrauensvollen Pläne bemerkte, band er die Lade fest und beobachtete mit höchstem Interesse das Bauen ihres Heims. Sie waren munter und beständig in ihrem Fleiß, und bevor viele Stunden vergangen waren, hatten sie von der Nachlese aus Winkeln und Hecken ein weich gefüttertes Nest gestaltet, das, obwohl zart und anspruchslos, doch diesem gefiederten Volk mehr Zufriedenheit brachte, als der Palast wohl jemals einem König.

In erstaunlich kurzer Zeit war das kleine Haus bevölkert und dann begann die geschäftige Jahreszeit. Hier, da und überall wurde Nahrung gesammelt, und wie oft die treuen Eltern auch nach Hause kamen, sie wurden doch immer von geräuschvollen offenen Schnäbeln erwartet, und die Käfer und Würmer wurden fast unaufhörlich in die hungrigen Schnäbel gesteckt. Dem elterlichen Rufe: „Thue deinen Mund weit auf,” waren die Nestlinge sehr gehorsam und sie wuchsen so schnell und so stark, daß sie in kurzer Zeit in den frohen Besitz der Freiheit des Sonnenlichts und des Himmels kamen.

Als der Beobachter diese einfachen Begebenheiten verfolgte, veranlaßte ihn dies an das wahrlich goldene Zeitalter zu denken, ein Zeitalter, das ihm und vielen andern durch Christian Science nahe gebracht ist, — wenn der Antrieb zu töten, durch Liebe vertrieben wird; wenn die Menschen so gütig werden, so harmlos und so gerecht, daß sie des Vertrauens wert sind, daß kleine Vögel und Tiere gern und schnell in sie setzen würden, wären sie nicht durch lange und grausame Erfahrung gelehrt, sie zu fürchten. Ferner mußte er auch daran denken, wie viel schneller diese kleinen Wesen Lektionen lernen als wir, und daß ihr Vorteil durch die Beschaffenheit ihres Vertrauens und Gehorsams errungen ist. Sie grämen sich nicht, und sie begrenzen keine flügge werdende Brut durch nutzloses Fragen. Wenn wir, wie sie, nur das Herz und Leben „weit” öffnen würden, — wenn wir uns der Gegenwart Gottes so sicher fühlten, so vertrauensvoll auf Ihn bauten, daß es unser Hauptinteresse wäre, ganz Seinem Rufe zu folgen, — bereit anzunehmen, was Er gibt, dann würden wir die ideale Stellung für die Wahrheit erlangen und erhalten, in der die einzige Mitwirkung besteht, an der wir zur Vollendung eines geistigen Lebens teilnehmen können.

Unsere „besten Gaben” sind nur erworben insofern die Begrenzungen entfernt werden, welche durch persönliche Vorliebe auferlegt sind, durch einen erweiterten Sinn der unendlichen Weisheit der Liebe, die über uns ist. Wir alle begehren Gesundheit, Wohlergehen und Glück weit mehr als Freiheit von Unvollkommenheiten des Charakters, — die kleinen Ausdrücke der Selbstsucht und Unidealität des Temperaments, die unsern christlichen Beruf entehren und unsern Einfluß für das Gute stören, — und manchmal beten wir mehr ernst als weise für Wohltaten, deren einzige Ursache für göttliche Verleihung die geistige Gesinnung, Demut und Treue für das Recht ist, woran wir kaum gedacht haben. Wir erflehen eine Folgerung, während wir den dazu nötigen Vorgang vergessen, und unser Motto ist: „Thue deinen Mund weit auf,” — lege keine Begrenzung weder auf die Ordnung noch auf die Fülle des heilenden Amtes der Liebe.

Die größte Entdeckung, die der durchschnittliche Mensch machen kann, ist folgende: daß die Liebe Gottes für ihn keine Fabel ist; daß Er in der Tat ein Vater ist, und Vater-Mutter-gleich, tätig ist, interessiert in unser Fortkommen, unser Heimkommen, unsere Gesundheit, Glück und Erfolg. Dies war des Meisters beharrliche Lehre, und sie ist wieder und wieder geschrieben und gesagt worden in all den Jahrhunderten; doch die Vögel — wie die kleinen Geschöpfe uns in deren praktischen Anwendung übertroffen haben! Und wie verdienen sie die zuversichtlichen Worte Jesu, als er sagte: „Euer himmlischer Vater nähret sie!”

Das Christentum hat niemals ernstlicher durch Untüchtigkeit gelitten, als durch Zufriedenheit mit dürftiger und unzulänglicher geistiger Demonstration von seiten derer Repräsentanten. Diese Zufriedenheit entehrt nicht nur Gott durch wirkliche Verleugnung der Vollständigkeit der göttlichen Versorgung und die Annehmlichkeit einer vollkommenen Heilung, sondern die bewußte oder unbewußte Zurückhaltung einiger Teile des sterblichen Sinnes, des Genusses einzelner Umstände, erhält und verlängert das Einssein mit dem Irrtum; dies ist die herabwürdigende Schwachheit der Menschheit. Wahrheit ist absolut; dies ist deren Größe und deren Gutes. Sie würde jeden Sinn erleuchten, jeden Impuls verbessern, jeden Wunsch erhöhen, jeden Beweggrund reinigen, jede Fassungskraft erlösen, bis zum äußersten retten; und kein ausrüstendes Wachstum, keine befriedigende Ruhe kann sich kundtun, bis wir uns unumschränkt der Allumfassenheit der umwandelnden Gegenwart ergeben.

Christian Science wiederholt mit vorzüglichem Beharren diese göttlichen Worte: „Ich bin der Herr dein Gott ... Thue deinen Mund weit auf, laß mich ihn füllen.” Sie verleiht die Verwirklichung, daß Gott allein unsere Weisheit ist, unsere Kraft und unser Arzt; und sie verlangt ein volles und unablässiges Einverständnis, daß die Vollständigkeit des Christenlebens in uns sichtbar werde, bis wir in allen Dingen — jeder Gedanke, Wort und Tat — Seinem Bilde gleich sind. Dann werden wir unser wahres Sakrament empfangen und mit dem Dichter singen:

... Deine unbekannte Liebe
Hat jedes Hindernis entfernt;
Jetzt Dein zu sein, ja Dein allein,
O Lamm Gottes, ich komme.

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