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Hier und Jenseits.

Aus der September 1905-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Mensch ist mehr als der physische Sinn ausdrücken oder beschreiben kann. Wir können alle Organe oder Teile des menschlichen Körpers aufzählen und schließen doch nichts ein, was zur Unsterblichkeit oder zur wirklichen Menschheit wesentlich ist. Wenn wir auf unsern höchsten Begriff vom Menschen Bezug nehmen, tun wir es beständig in geistigen Bezeichnungen. Alles was in der sterblichen, materiellen Auffassung des Menschen eingeschlossen liegt, ist in einem Zustand des fortwährenden Wechsels und des Verfalls, obgleich die individuelle Identität durch diese Vorgänge nicht verändert, noch vermindert wird. Die physische Form des Menschen stirbt in einem gewissen Grade täglich, und dennoch bleibt das wirkliche Leben des Menschen unverletzt. Wird das Leben irgendwie beeinflußt, wenn das materielle Gesetz den ganzen Körper für tot erklärt? Wir können von dem Menschen als tot nicht in geistigen, sondern nur in materiellen Bezeichnungen sprechen, deshalb muß der Mensch im Geiste beständig fortleben, unbeeinflußt durch materielle Zustände, weil er nicht in dieselben eingeschlossen ist.

Obgleich der Gründer des Christentums erklärte, daß diejenigen, welche seine Gebote hielten, den Tod nicht sehen sollten, ist die Möglichkeit des Fortlebens ohne zu sterben als geistig zu hoch erhaben für menschliches Erreichen erachtet worden. Der Glaube, daß das Leben in etwas anderem seinen Ursprung hat als in Gott, dem Guten, daß es keine Wahrheit in sich birgt, schlägt gelegentlich in den entgegengesetzten Glauben an den Tod um. Da diese Folge einer falschen Lebensanschauung so unvermeidlich ist, haben die Sterblichen den Tod für ein göttliches Gesetz erklärt, dem man nicht entrinnen kann, und haben so Gott die schreckliche und empörende Beschuldigung aufgebürdet, daß Er Seine eigenen Kinder vernichtet. Von dieser wenig anziehenden Auffassung Gottes, welcher allein Liebe und Leben und Wahrheit ist, möchte Christian Science den menschlichen Gedanken abwenden zu einer wahreren Vorstellung des Höchsten, der keine Gemeinschaft mit Sünde oder Tod noch Mitschuld an denselben hat.

Während die Logik der heiligen Schrift und die Demonstrationen Jesu die Lehre der Christian Science unterstützen, daß der Tod unwirklich ist, weil er nicht von Gott herrührt, so steht der gegenwärtige menschliche Begriff der Existenz auf einem zu niedrigen Standpunkte, um die unerschöpfliche Lebenskraft, welche in Gottes geistigem Menschen ausgedrückt ist, völlig zu verwirklichen. So werden die Sterblichen, wenn sie von den hohen Fluten anerzogenen Glaubens und der Furcht hinabgezogen worden sind, von der Erkenntnis der gegenwärtigen Umgebung fortgetragen in jenes Reich oder in jenen Zustand des menschlichen Bewußtseins, welcher das Jenseits, oder jenseits des Grabes genannt wird. Gerade was nach „der großen Trennung” kommt, ist das Geheimnis, welches von jeher die Hoffnung und die Furcht des müden und sündigen menschlichen Geschlechts angezogen hat.

Während Christian Scientisten das Phänomen des Todes als einen hartnäckigen aber vorübergehenden menschlichen Glauben als das Resultat der Unwissenheit der Sterblichen über das Leben als Gott nicht leugnen, so versuchen sie der Lehre ihrer Führerin zu folgen, dadurch daß sie lieber den Glauben an das Leben als an den Tod pflegen. Das, was an der Oberfläche erscheint, ist nicht immer die Tatsache, wie die tägliche Erfahrung beweist. Was der Tod zu sein oder zu tun scheint, wurde von Jesus nicht als Tatsache angenommen, sondern verworfen, und sein Beispiel sollte auf alle diejenigen, welche daran glauben, Eindruck machen. Was er in Betreff des Todes sagte oder tat, hat dieselbe Autorität und Macht, als das, was er in Betreff der Sünde und Krankheit sagte, oder tat. Wenn auch unser Wachstum in Güte und Vergeistigung noch zu schwach sein mag, um all das vollständig zu beweisen, was wir glauben, so sollten wir doch dankbar sein, daß Jesus es getan hat, und so seine Lehre für immer über bloße Spekulation stellen. Christian Scientisten nehmen nicht das, was man sieht, als wirklich an, sondern das, was für die materiellen Sinne unsichtbar ist, und dabei fühlen sie, daß sie nur das tun, was die heilige Schrift von ihnen fordert. Der ganze Sinn der inspirierten Lehre der heiligen Schrift ist, daß Gott allein das Leben der Menschheit ist; deshalb muß es für den Menschen ein Fehler sein zu sterben und Christian Scientisten versuchen, diese Lehre zu verstehen und sie anwendbar zu machen.

Das Problem, welches vor jedem Sterblichen liegt, ist, wie er vom Übel erlöst werden kann, eine Bezeichnung, welche alles einschließt, was als Sünde, Krankheit und Tod bekannt ist, mit all dem unsagbaren Elend, welches sie nach sich ziehen. Man entkommt den bösen Zuständen im menschlichen Denken, die den Tod zur Folge haben, nicht dadurch, daß man stirbt, ebensowenig wie man die Krankheiten des Fleisches vermeidet, dadurch, daß man krank wird. Die Periode, welche für die vollkommene Lösung des Problems des Seins, für unser Wachstum aus dem Fleisch und dem Übel zu der Größe des vollkommenen Menschen erforderlich ist, mag vielleicht nicht abgeschlossen sein, ehe der Schatten der Sterblichkeit auf unsern Pfad fällt; aber wir können wissen, daß individueller Charakter und Identität ebenso wenig dadurch beeinflußt werden, als durch die Dunkelheit, welche heute von gestern scheidet. Christian Science hat die Unwirklichkeit von Krankheitserscheinungen bewiesen, und durch dasselbe Verständis des Prinzips behauptet sie, daß die Unsterblichkeit des Menschen unverletzt bleibt, trotz des materiellen Beweises vom Gegenteil. Daß es keinen Tod gibt, das ist die freudige Kunde des Christentums, der wunderbare durchbrechende Sonnenstrahl der Wahrheit in Christian Science, welcher die Wolken des Kummers zerstreut und den Sterblichen einen Schimmer jener höheren Regionen des Seins gibt, zu welchen uns Jesus den Weg wies, und wo Gott allein Licht und Leben des Menschen ist.

Ist es Wahrheit oder ist es Irrtum, ein rechtes oder ein unrechtes Gesetz, welches der Menschheit solch eine schreckliche Bürde, wie das Todesurteil auferlegt, uns von unsern Lieben trennt und die Welt in fortwährende Trauer hüllt? Welch menschlicher Begriff von Mitleid und Liebe kann die Tiefe des sterblichen Kummers ermessen, die Angst der getroffenen Herzen, welche jämmerlich gegen die Stille des Grabes schlagen, welches ohne Antwort bleibt? Nur ein Herz von Stein könnte das Herzweh, das unermeßliche Elend, die bitteren Tränen, die den Blick verdunkeln und täglich den Lauf des menschlichen Daseins bezeichnen, mitansehen, ohne angesichts dessen erweicht zu werden, oder freudig zu befreien, wenn ihm die Macht dazu gegeben ist. Was anders als unbegreifliche Abscheulichkeit, jeder Liebe und jeden Mitleids bar könnte die Freude des Daseins mit solch einem grausamen, bitteren Fluch vergällen, und dennoch in Erwiderung die Darbietung unserer Liebe und Verehrung fordern? Gott und Christian Science sei Dank, daß dieser heidnische Gedanke über Gott aus dem Christentum verschwindet und hierdurch den Sterblichen die Freiheit gegeben wird, Ihn zu lieben, anstatt der Notwendigkeit, Ihn zu fürchten.

Wenn es wahr wäre, daß der Mensch wirklich stirbt, welch heilender Balsam würde übrig bleiben, um ihn den gebrochenen Herzen darzureichen, oder die Witwe und die Vaterlosen zu trösten? Als Jesus der Witwe zu Nain ihren Sohn zurückgab, strafte er den Tod Lügen. Seine innige, erbarmende Liebe, die göttliches Mitleid ausdrückte, war nicht dadurch hervorgerufen, daß er an die Notwendigkeit oder die Wirklichkeit des Leidens und des Kummers glaubte, sondern durch die Unwissenheit der Sterblichen in Betreff des wahren Wesens des Menschen, welches in Gott fortdauert. Unseres Herrn Mitgefühl für diesen größten irdischen Kummer fand einen rührenden Ausdruck am Grabe seines Freundes Lazarus, und er deckte dort die Falschheit der Ansprüche des Todes auf in seiner Demonstration der Unzerstörbarkeit des Lebens und seiner Offenbarungen. Dadurch zeigte er auch die Nutzlosigkeit menschlichen Kummers, denn war nicht der Geliebte am Leben und wohl, selbst als materielles Gesetz für Verfall und Vernichtung sprach? Unsere gegenwärtige Auffassung der Christus-Wahrheit mag zu materiell sein, um unsere Freunde aus dem Schatten zurückzurufen, welcher unsern Begriff von ihnen einzuhüllen scheint; aber wir können wissen, daß bei ihnen wie bei Lazarus das Leben unverletzt und unverdorben fortgeschritten ist.

Die Anmut und der Reiz der Männlichkeit und der Weiblichkeit bestehen nicht aus Fleisch und Blut und sind deshalb frei von dem materiellen Gesetz der Verheerung und des Verfalls. Das Vergnügen an wahrer Freundschaft und die Freude an gesellschaftlicher Verbindung schöpften niemals ihr Leben aus der Materie und sind nicht in den Ruin materieller Vorstellung miteingeschlossen. Eine Melodie verliert nicht ihren Reiz, weil die Ohren aufgehört haben, sie zu hören. Der Glaube materieller Wahrnehmung, Gesicht, Gehör, Gefühl entscheiden nicht, was ist, sondern was zu sein scheint und können deshalb nicht die Wahrheit deuten. Das, was Gott für den Menschen beschließt, ist alles, was er rechtmäßigerweise wissen und erfahren kann; und das, was der Mensch vom Guten widerspiegelt, muß für immer bei ihm bleiben.

Die freundlichen Eigenschaften unsrer abgeschiedenen Freunde, ihre edelmütigen Impulse, ihr gütiges Mitgefühl und ihre treue Liebe sind nicht erstickt, nein, nicht einmal durch den Tod berührt. Alles das, was den Menschen liebenswert und gut macht, gehört dem Geiste an, über welchen das Grab keine Macht hat. (Science and Health, S. 291.) Was immer wahr und gut war, bleibt so für immer. Schönheit und Freude, Beständigkeit, Zärtlichkeit und Liebe wurden niemals in ein Grab gelegt, noch ihres dauernden Ausdrucks beraubt. Sie sind der Ausfluß der göttlichen Natur und werden durch das angenommene Gesetz der Sterblichkeit nicht beeinflußt. Der Tod hat keinen Teil an Gott und hat deshalb keine Erkenntnis der Güte, keine Kunde der Liebe, kein Bewußtsein, weder hier noch künftig von Gottes idealem, sündlosem Menschen. Was kann er selbst in der Stunde seines anscheinenden Triumphes tun, als seine Falschheit verraten, da er das Gute im Menschen unverletzt läßt. Die Sterblichen mögen es schwer finden, daran zu zweifeln, daß ihre Freunde gestorben sind, mit all den Phänomenen jenes Glaubens vor ihren Augen; aber jenen, die durch das Tal des Todes gewandert sind, die von diesem Alpdruck des menschlichen Irrtums mit ungeschwächtem Bewußtsein und Leben in Handlung oder Verkörperung, erwacht sind, ist es offenbart worden, was Jesus in seiner Auferstehung bewies, nämlich die Wirklichkeit des Lebens, die Illusion des Todes. Die Christen müssen einmal die Macht der Wahrheit erkennen lernen, über diese ebenso gut wie über andere Formen des Irrtums. Keine süßere Versicherung des fortdauernden Daseins des Menschen hat jemals in menschlichen Ohren geklungen, als die, welche des Herrn Worte der Maria brachten: „Wer an mich glaubet, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben.”

Es ist nicht so wichtig zu wissen, welches die Lebensbedingungen und die Umgebung derer im Jenseits sein mögen, als, daß der Mensch immer im Bewußtsein Gottes ist, in dessen Gegenwart die Fülle der Freude ist. Für denjenigen, der seinem höchsten Ideal gefolgt ist, muß das Leben im Jenseits ebenso gut wie hier Fortschritte bringen. Die Regsamkeit einer mutigen und edlen Absicht faßt frische Kraft und frische Impulse bei jeder Lektion und jeder Erfahrung und trägt des Herzens reinen Wunsch vorwärts zur Erfüllung. Von heiliger Arbeit hier zu verscheiden, bedeutet nicht Trägheit im Jenseits, sondern fortgesetzte Arbeit in dem Pfade des Lichtes bis des Herrn Beispiel bis zum höchsten Punkte befolgt worden ist. Das Leben muß für einen solchen Menschen immer vollkommener und unbesiegbarer werden. Keine Anstrengung und keine Wirkung des Übels kann die Gelegenheiten oder die Vorrechte des hingebenden Christen beschränken. Wo der Irrtum auch immer seine Forderungen in den Vordergrund stellt, ob in dieser oder in einer anderen Region des Glaubens, dort werden die Verfechter der Wahrheit gebraucht werden. Menschliche Weisheit ist sehr begrenzt und reicht wenig weiter als sie sieht. Wir bedürfen eines weiteren Verständnisses des Seins, in welchem der Tod nicht das Ende des menschlichen Problems bezeichnet, sondern einer seiner Irrtümer ist, der durch ein Verständnis der Wahrheit korrigiert und überwunden werden muß. Bis dieses Verständnis erreicht worden ist, müssen die Sterblichen ihren Kampf mit den Täuschungen des Irrtums fortsetzen, immer arbeiten und immer wachsen, immer aufwärts klimmen, dem Gipfel des vollkommenen geistigen Bewußtseins des Menschen zu.

Unser Meister hat weise gesagt, daß es genug für uns ist, dem Übel der Gegenwart entgegenzutreten, ohne an das zu denken, was uns erwarten kann. Und obwohl Christian Scientisten keinen besonderen Anspruch für sich selbst machen, so wünschen sie doch so wenig wie möglich sowohl an den Tod als an Krankheit zu denken oder darüber zu sprechen und lieber ihre Gedanken und ihre Aufmerksamkeit der Gesundheit und dem Leben zu widmen. Nichtsdestoweniger wünschen sie, so weit sie es vermögen, denjenigen, die in Kummer sind, beizustehen, die Betrübten aufzurichten, den Menschen die Botschaft des Lebens anstatt des Todes zu bringen. Erfreuen wir uns all des Guten, welches offenbart worden ist und offenbart wird, der gesegneten Versicherung, daß der Mensch immer lebt und sein Wesen in Gott hat. Wenn auch eine Hand die andere jetzt nicht fassen kann, und die Stimmen sich nicht in freundlichem Gespräche vereinigen können, — des Vaters Sorgfalt jedoch beschützt uns noch, ob hier oder dort. In Gottes vollkommener Schöpfung hat ein jedes seinen bestimmten Platz und seine Arbeit, ungehindert durch die dem Zufall unterworfenen Schatten der falschen Glauben, welche keinen Eingang und keinen Ausgang in dem von der Liebe erhellten Weltall des Geistes haben. Einmal muß jedes Unrecht aufhören, jeder Irrtum der Wahrheit weichen, jeder Schatten im menschlichen Bewußtsein schwinden, dann wird der Mensch sich selbst als Gottes Ebenbild erblicken.

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